Bald Coffeeshops in Berlin?
Immer mehr Bezirke stellen Anträge auf Verkaufsstellen für Cannabis
Nachdem Friedrichshain-Kreuzberg letztes Jahr den ersten Vorstoß wagte, wollen nun auch zwei weitere Berliner Bezirke einen Antrag auf Cannabis-Verkaufsstellen einbringen.
Im November 2013 machte die Verwaltung des Berliner Bezirks Friedrichshain-Kreuzberg unter Führung von Bürgermeisterin Monika Herrmann von der Partei Die Grünen mit einem Antrag auf die Errichtung eines Coffeeshops im Görlitzer Park von sich reden. Der Görlitzer Park ist auch über die Grenzen Berlins hinaus als Drogenumschlagplatz bekannt, der nicht nur Junkies, sondern auch viele Touristen anzieht. Anwohner und Spaziergänger beklagen, dass keine drei Schritte gegangen werden können, ohne von den illegalen Straßenhändlern angesprochen zu werden. Zur Eindämmung dieser Problematik möchte die Kreuzberger Bezirksverwaltung nun unkonventionelle Wege gehen und durch die kontrollierte Abgabe den illegalen Drogenhandel unterlaufen. Nach der Verabschiedung des Antrags im November wäre der nächste Schritt, einen Antrag beim Bundesinstitut für Arzneimittel und Medizinprodukte zu stellen, das eine Sondergenehmigung zur Errichtung einer Abgabestelle erteilen müsste.
Der für seine alternative Szene bekannte Bezirk Friedrichshain-Kreuzberg steht nicht allein mit seinem Begehren. Kürzlich brachten die Fraktionen von Linke und Piraten auch in den eher als gutbürgerlich eingestuften Bezirken Charlottenburg-Wilmersdorf und Steglitz-Zehlendorf einen ähnlichen Antrag[nbsp]ein. In letzterem kündigten CDU und SPD jedoch sofort an, den Antrag ablehnen zu wollen, nachdem er im Gesundheitsausschuss diskutiert wurde. Im rot-grün regierten Charlottenburg-Wilmersdorf haben sich die Spitzen der Parteien bisher noch nicht öffentlich zum weiteren Vorgehen geäußert.
Das Konzept der Grünen in Kreuzberg sieht jedoch keine Coffeshops vor, wie sie in Amsterdam gang und gäbe sind. Die Verkaufsstellen dienen wissenschaftlichen Zwecken und sollen von geschultem Personal betreut werden. Verkauft wird nur hochwertiges Gras aus biologischer Landwirtschaft, das nicht durch Streckungsmittel verunreinigt ist. Der Zugang für Jugendliche und Kinder ist nicht erlaubt, die Abgabemenge beträgt maximal 10 Gramm pro Person zu Preisen, die sich etwas unter dem Schwarzmarktniveau bewegen.
Doch auch wenn Amsterdam kein Vorbild in Bezug auf die Gestaltung der angestrebten Coffeeshops sein soll, könnte Deutschland im Umgang mit Cannabis und auch bei der Aufklärung über Marihuana etwas von den westlichen Nachbarn lernen. Denn viele Anbieter in den Niederlanden sind nicht nur Händler, sondern gleichzeitig auch Informationsquelle für die verschiedenen Arten von Marihuana. Zu den bekanntesten Anbietern, die sowohl in Shops vor Ort als auch im Internet präsent sind, zählt Sensi Seeds. Das Unternehmen kann auf mehr als 30 Jahre Erfahrung im Sammeln und Veredeln von Cannabissorten zurückblicken und hat sich mit seinem ausgesuchten Saatgut einen Namen gemacht. Unter anderem arbeitet Sensi Seeds mit dem niederländischen Büro für Medizinischen Cannabis zusammen, das die medizinischen Sensi-Seeds-Samen verwendet und daraus die Pflanzenblüten zieht, die später in Apotheken verkauft werden.
Ein ähnliches Netzwerk wäre auch in Berlin und anderen Städten Deutschlands denkbar. So könnte eine hohe Qualität des Marihuanas gewährleistet werden und vor allem eine Aufklärung über die Wirkung bestimmter Sorten stattfinden. Denn nicht jede Sorte erzeugt unbedingt einen Rauschzustand. Gerade im Bereich der medizinischen Anwendung werden andere Wirkungsweisen angestrebt, die von Schmerzlinderung über Muskelentspannung bis zur Anregung des Appetits und Konzentrationsförderung reichen.
Die Erfolgsaussichten der Berliner Anträge sind aktuell jedoch recht gering. Im Zuge der weltweiten Liberalisierung könnte aber auch Deutschland, vielleicht schon mit der nächsten Regierung, andere Wege gehen.