30. July Ao. 1474

von 30. Juli 2014

Die weltliche Gerichtsbarkeit für Halle lag beim Erzbischof, der dieses Amt auf seinen Burggrafen übertrug. Der Schultheiß wirkte als Stellvertreter für den Burggrafen und schlichtete regelmäßig die kleineren Händel in der Stadt. In späterer Zeit belieh der Burggraf den Schultheiß häufig mit dem Blutbann zu Afterlehen, so dass der Schultheiß nun auch berechtigt war, peinliches Gericht zu halten.
Ein Afterlehen war ein Lehen, dass weiter gegeben wurde. In diesem Falle hatte der Erzbischof seinen Stellvertreter mit dem Amt des Burggrafen belehnt und der Burggraf belehnte den Schultheiß mit dem Amt des Richters.
Erst im 13. Jh. setzte sich die Praxis durch, dass der Erzbischof das Amt eines Schultheißen als erbliches Mannlehen vergab.

Auch hier versuchte der Rat der Stadt Halle sein eigenes Recht gegen die Gerechtsame des Erzbischofs durchzusetzen, wonach der Rat wenigstens Mitspracherecht bei der Einsetzung eines Schultheißen haben wollte. Am liebsten war es dem Rat jedoch, selbst einen Schultheißen benennen zu können. Während der Streitigkeiten und Fehden mit Erzbischof Günther II. (1403 – 1445 im Amt) hatte der Rat der Stadt das Privileg erstritten, den Schultheiß einsetzen zu dürfen.

Nun war Hermann Maschwitz seit 1456 Schultheiß gewesen und im Jahre 1473 verstorben. Sein Sohn hielt sich nicht zu Hause auf, kehrte aber im Folgejahr nach Halle zurück und erfuhr dann erst vom Tod seines Vaters. Er hätte nun das erbliche Amt des Schultheißen antreten sollen. Doch der Rat der Stadt Halle gab vor, der Vater hätte noch zu Lebzeiten sein Amt an Hans Poplitz verkauft und forderte den Sohn auf, sich an diese Vereinbarung zu halten. Dieser fühlte sich ungerecht behandelt und ging zu Erzbischof Johannes (1464 – 1475 im Amt), um diesem das Mannlehen zu verkaufen. Er erhielt auch 200 Gulden und Erzbischof Johannes belieh seinen Vogt zu Giebichenstein, Kersten von Rehungen, mit dem Amt des Schultheißen.
Hier erhob der Rat der Stadt Einspruch, weil Kersten von Rehungen kein Bürger der Stadt Halle war. Nach vielem Hin und Her einigte man sich endlich darauf, je zwei Schiedsleute zu bestimmen, die die Angelegenheit vergleichen sollten.

Diese vier Schiedsleute entschieden nun, dass der Rat der Stadt Halle dem Erzbischof seine 200 Gulden ersetzen sollte und dann eine Person für das Amt des Schultheißen benennen möge. Der Erzbischof sollte die Wahl des Rates bestätigen und die erwählte Person mit dem Amt beleihen. Die Wahl des Rates fiel auf den schon vorerwähnten Hans Poplitz.

Am 30. Juli Ao. 1474 bestätigt Erzbischof Johannes den hallischen Bürger Hans Poplitz als Schultheiß. Darüber hinaus verpflichtet sich der Erzbischof, künftig nur noch einen Bürger der Stadt Halle mit dem Amt des Schultheißen zu beleihen.

Außerdem werden die Grenzen der städtischen Gerichtsbarkeit in dem Dokument festgelegt, die größtenteils den Stadtgrenzen – also dem Verlauf der Stadtmauer – entsprechen, aber auch das Judendorf beinhalten. Von der Vorstadt Petersberg (heute Opernhaus und Umgebung) an erstreckt sich die städtische Jurisdiktion auch auf die Vorstadt am Steintor (bis zum heutigen Platz “Am Steintor”), die Vorstadt am Galgtor (bis zum heutigen Riebeckplatz) und bis in die Amtsstadt Glaucha. Glaucha wird jedoch nur teilweise der städtischen Jurisdiktion unterworfen, und zwar von der Moritzpforte in der Stadtmauer bis zum Radewellischen Tor (heute Rannischer Platz). Auch der Strohhof unterliegt noch der städtischen Gerichtsbarkeit.