Mein Name ist Goja

Mein Name ist Goja
von 20. Februar 2019

Im Moment kommt immer nach dem Wochenende die Freundeskugel mit Namen Micha, um mit mir spazieren zu gehen. Er freut sich, dass ich bei seinem Anblick nicht vor Freude hochspringe und belle, sondern ganz ruhig bin. Er ist ganz stolz darauf und nennt das Erziehung. Das ist hundemäßig gesehen, etwas dümmlich, weil er ja nicht zu meiner Hausausstattung gehört und mich noch nie gefüttert hat. Nun ja, ich lecke ihm auch mal das Gesicht und er verzieht das Seinige, als ob er die schönste Art der Begrüßung nicht mag. Menschen, auch kugelrunde, sind komisch. Er quatscht mich erst ein wenig voll und ich warte darauf, dass er die Leine schnappt. Keine Ahnung, was er will, aber wir gehen spazieren. Endlich wieder schnüffeln, wer wo sich wälzte oder seine Spur hinterließ. Da gibt es gute Rüdenspuren und -marken, aber eine Genießerin genießt halt schweigsam. Meine kugelrunde Ausgehhilfe bleibt meist geduldig stehen. Er hat keinen Geruch und kann diese feine Erotik nicht mal annähernd kennen lernen. Menschen sind schon mal arm dran. Micha ist aber lieb, labert mich voll und will weiter gehen. Ich erlaube es ihm meistens.

Heute geht es aber zu seinem Auto. Ich kenne es schon, hab es schon oft dreckig gemacht, wenn er mich nach einem Spaziergang mit meinem Lieblingsminimenschen, die auch meine Anführerin ist, nach Hause fährt. Er brummelt dann etwas von Drecksspatz, was in Hundesprache eine große Ehre ist. Wir fahren los und sind schon bald da. Gott sei Dank. Spaziergänge im Auto machen sich für meine Größe nicht gut. Da muss man schon die kleinen Selbstgestrickten mitnehmen. Ob das Hunde sind, weiß ich nicht so genau, sie riechen zwar so, machen unheimlich Krach, aber sind sonst so, wie die Evolution es sich nie hätte einfallen lassen. Menschen sind schon komische Gestaltenwandler.

Egal, endlich geht es raus. Kugelrundmicha lässt mich schon bald allein gehen und jammert nach einem winzigen Wegstück über seine Knie und auch sonst ist sein Körper immer ein wenig lädiert. Er brummelt etwas von 2km und ich bin noch nicht mal warm geworden. Wenn er wüsste, was ich alles errieche, hier ein Rüde, der hinter jeder hinterherjagt, dort der Haufen gehört einem Winzling, sie war schon mal trächtig. Interessante Spuren, ich könnte stundenlang weiterlaufen. Micha geht zum Wasser, er nennt es Saale, und schaut minutenlang in das dahin-rauschende Wasser. Ob er auch von schönen großen Rüden träumt? Ist er eigentlich auch ein Rüde? Wie mein Menschlein riecht er nicht, eher wie ihr Freund, der auch bei uns wohnt. Ist ja auch egal. Ich mag das Wasser, es fließt schön um die Beine und da sind auch silbrige Dinger drin, die man schnell schnappen kann. Außerdem lässt es sich nach den Wassertröpfchen so gut jagen. Micha scheint aber sehr darüber erschrocken zu sein und denkt vielleicht, ich ertrinke oder schlimmeres. Er fordert mich zu sich und da ich eine gute Hündin bin, tu ich ihm den Gefallen. Dafür lobt er mich. „Das hast du fein gemacht.“, sagt er und ich meine, er hat das auch fein gemacht.

Wir gehen noch zu einem Felsen, da geht die Post ab. Er versucht ein Stöckchen wegzuwerfen und denkt, er kann es mir abjagen. Ha, ich renne auf ihn zu, er macht sich noch breiter, als er schon ist, gibt grauenhafte Geräusche von sich, will gefährlich aussehen, was natürlich aus Schäferhundsicht lächerlich ist, aber Spaß macht. Doch zack, bin ich schon an ihm vorbei, er rennt hinter mir her und japst. Das Stöckchen hab ich sicher. Das macht er noch dreimal und jammert jetzt etwas von seinem Herzen. Das Ding dröhnt in meinen Ohren ganz schön laut und ich lass ihn erst mal in Ruhe ausjapsen. Derweil kann ich ja weiter nach den wunderbaren Gerüchen suchen.

Komisch finde ich immer, dass Menschen meine große Hinterlassenschaften mitnehmen. Ich kann das ja nicht brauchen, auch wenn es schön riecht. Er guckt es sich zwar an, schnüffelt aber nicht mal daran, was ja hündisch gesehen, völlig doof ist. Irgendwann hat er von meinem Spielzeug genug und wirft es in irgendwelche Behälter. Vielleicht sammeln Menschen so etwas, um einen Garten der Gerüche aufzubauen. Das wäre vernünftig und sehr sinnvoll. Ein Hundeparadies. Na, wie auch immer, das kleine Geschäft scheint Menschen gar nicht zu interessieren, dabei ist das die reinste Hundewelt. Da hinterlasse ich schließlich meinen Namen. Goja, weiß dann jeder Hund, der hier vorbeikommt und ich erkenne mich auch das nächste Mal wieder.

Micha schaut auf so ein Gerät und murmelt etwas von Orientierung. Sag mir, wo der nächste Haufen ist und ich sag dir wer hier war und wo ich bin. So einfach ist die Welt.

Wir sind wieder beim Auto. Ich springe in den Kofferraum und weiß, dass Micha beim Aussteigen mich ganz doll lobt und Dreckspatz zu mir sagt. Gern geschehen, kugelrunder Micha.