Alte Salzstraßen e.V.

Alte Salzstraßen e.V.
von 20. Februar 2019

Salzstraßen an sich gibt es in Deutschland reichlich, für Halle war die Böhmische oder Hohe Straße die wohl bedeutendste.

Der Transport zu damaliger Zeit, und wir sprechen vom Mittelalter, war beschwerlich und nicht selten auch dazu abenteuerlich. Das wird uns im bequemen Auto heute gar nicht mehr bewusst. In Zschopau steht ein Denkmal der Hohen Straße. Es wurde von den Fuhrleuten aus Dankbarkeit das Erzgebirge überwunden zu haben errichtet und hat die Inschrift „Zschap mei Geeߓ (Zschopau mein Jesus). Teilweise waren die Wege zum Beispiel im Erzgebirge so steil, dass nur die leeren Fuhrwerke sie überwinden konnten und die Ladung mit Menschenkraft hinterhergetragen wurde, wie z. B. im heutigen Lesna diese Tradition nachvollzogen wird. Auch davon wissen die meisten kaum etwas, wenn sie ihr Sonntagsei gemütlich salzen.

Um diese Geschichten in den Blickpunkt der Öffentlichkeit zu rücken und auch zu pflegen, wurde 2010 der Verein „Alte Salzstraße Halle – Prag“ e.V. gegründet. Der Präsident des Vereins Hartmut Machts formuliert die Ziele des Vereins so: „Ziel ist es, so viel Städte wie möglich entlang der alten Salzstraße Halle-Prag zu bewegen, ihrer alten Traditionen zu gedenken. Gleichzeitig ist es unser Anliegen, die bereits vorhandenen Forschungen der einzelnen Regionen dieser Salzstraße zusammen zu tragen, neue Erkenntnisse über den Salzhandel zwischen dem deutschen und tschechischen Volk zu gewinnen und ein Gesamtbild mit den kulturellen, ökonomischen und zollrechtlichen Besonderheiten in den verschiedenen Jahrhunderten aufzuzeigen. Unser Verein richtet sich gleichermaßen an historisch Interessierte, die sich mit der Thematik der alten Handelswege beschäftigen, möchten aber auch Jugendliche in diese Geschichtserkundung mit einbeziehen. Unser Projekt ist über Ländergrenzen angelegt; es wendet sich an deutsche und tschechische Bürger und Touristen, die heute den europaweiten Freiverkehr genießen, welcher auf ausgebauten Verkehrswegen floriert, der aber für damalige Händler auf Pfaden, die den Naturgegebenheiten angepasst waren, reine Utopie war.“ Immerhin verdanken so einige Städte dem Salz ihren Reichtum und ihre Entwicklung, allen voran natürlich Halle. So ist es auch kein Wunder, dass der Präsident, sein Stellvertreter und weitere Vereinsmitglieder nicht nur im Verein „Alte Salzstraße Halle-Prag“ wirken, sondern auch Halloren sind. Das liegt wohl daran, dass die Halle oder das Thal, wo einst die Halloren und damals noch die Salzwirker im wahrsten Sinne des Wortes wirkten, alles seinen Ursprung hat.

Unter dem Schutz der Hansegilde brachen damals die Transporte zum fernen Prag auf, um ihre wertvolle Ware bei Wind und Wetter, unabhängig der Jahreszeit, über schlammige Wege, Furten und reißenden Wassern zu ihrem Bestimmungsort zu bringen. 30 oder 40 Stück Salz passten auf ein Fuhrwerk und ein Stück Salz wog 54 Pfund. Eine beachtliche Leistung unserer Vorfahren. Wer den Weg von Halle über Leipzig verfolgt, kommt, biegt er rechterhand ab, nach Lößnitz. Eine alte Stadt, die die Tradition des Salztransportes sehr ernst nimmt. Selbst Mitglied im Verein „Alte Salzstraße Halle – Prag“ aktivieren die Lößnitzer seit über 20 Jahren immer im Juni einen historischen Salzmarkt. Dies ist keineswegs eine Tradition der Neuzeit, sondern wurde über 600 Jahre seit dem 14. Jahrhundert, gepflegt. In Lößnitz kamen im Mittelalter die Salzfuhrleute mit ihren Geleitzügen aus 30 Wagen, Vier- oder auch Sechsspänner an, erholten sich in den Ausspannen und tätigten gleich noch ihre Geschäfte. Da Lößnitz seit 1388 das Salzstapelrecht besitzt, entstand so der Salzmarkt und das gleichnamige Fest.

Seit 1998 gibt es diesen Salztag nun wieder und es fanden sich auch zwei Fuhrleute, die einen 160 Jahre alten Leiterwagen aufbrachten und einfach mal flugs gegen Halle eilten, wie Hartmut Machts schmunzelnd formulierte. Das Eilen dauerte aber auch unter heutigen Bedingungen eine Weile, weil mit zwei PS erst einmal die 170 km lange Strecke nach Halle überwunden werden musste. Nach fünf Tagen war dies geschafft und in der Saline wurde 2012 der alte Salzhandel erstmalig wieder nach alter Tradition belebt. Die Lößnitzer tauschten (oder vielmehr feilschten) ihre mitgebrachte Holzkohle gegen das Salz zur Freude der Zuschauer und nach dem traditionellen Fahnenschwenken der Halloren. Übrigens haben dieselben Fuhrleute auch den Weg nach Prag inzwischen geschafft.

Doch die Überquerung des Erzgebirges bis nach Louny erfolgte auf verschiedenen Wegen. Schuld daran waren unter anderem jahreszeitliche Veränderungen, aber auch politische Bedingungen. So gab es einen Weg weiter östlich über Zschopau. Diese alte Siedlungsstätte, genau wie Lößnitz im 13. Jahrhundert erstmals erwähnt, liegt an einem der dreizehn Erzgebirgsübergangspässe, in diesem Fall unsere Salzstraße. Der alte Bergfried aus dem 12. Jahrhundert zeugt immer noch davon und wurde zum Schutz des Steiges angelegt. Noch weiter östlich, ebenfalls an der Zschopau gelegen, führte ein weiterer Abzweig der Alten Salzstraße über Waldheim nach Prag. Alle drei genannten Abzweige trafen sich aber irgendwann auf der tschechischen Seite in Louny. So wirken im Verein „Alte Salzstraße“ Halle-Prag“ auch tschechische Mitglieder im Vorstand mit. Noch heute zeugt die prächtige Schutzmauer in Louny vom einstigen Reichtum der Stadt, der nicht von ungefähr auch durch den Transport des Salzes kam. Die Stadt lebte vom halleschen Salzhandel, dazu kamen noch Getreide-, Hopfen- und Weinanbau, traditionelle Brauerei und Holzflößerei dazu. Wein, Bier und Geld flossen somit reichlich.

Ein Höhepunkt des Vereins war dann auch der historische Salzhandel in Prag, vollzogen durch die Bürgermeister von Prag 1 und Lößnitz unter den wachsamen Augen der Halloren, an einem historischen Ort, der heute noch den eigentümlichen Namen „Ungelt“ hat. Die Bürger fanden schon damals die Zölle wohl als Ungeld(t) und gaben so diesem Ort seine historische Bedeutung.

So hat der Verein Dia-Vorträge zusammengestellt, in denen die Geschichte und die Orte der „Alten Salzstraße Halle – Prag“ dargestellt werden. Schön wäre es, wie der Präsident zu bedenken gibt, wenn mehr Feedback aus den Orten an der Salzstraße kommen würde und es die Möglichkeit gäbe, die Geschichte des Salzes und seines Transportes den Menschen näher zu bringen. So hat der Verein auch gewichtige Partner an seiner Seite, allen voran die Halloren und seit einigen Jahren auch den Hallischen Hanseverein, der sich mit der Geschichte der Hanse in der Zeit von 1281 – 1479 auseinandersetzt. Das war genau die Zeit, wo der Salzhandel seine Blüte hatte und riesige Dimensionen annahm. Immerhin hätte es Halle ohne Salz in seiner heutigen Bedeutung wohl schwerlich gegeben.

So ist es doch eigentlich von großem Wert, wenn Vereine nicht die Vergangenheit vergessen, alte Traditionen wiederbeleben und nicht alles einer schnelllebigen, technisierten Zukunft überlassen wollen. Denn seiner Kindheit sich zu erinnern, ist mitunter eine wohltuende Erinnerung.