„Schloss von Halle“ feiert 120. Geburtstag mit Ausstellung und Picknick

von 11. August 2016

Es war vor allem eine Altersversorgungsanstalt, in der begüterte Personen Wohnrecht erhielten. Das Aufnahmegeld von 600 Mark, so belegen es Dokumente aus der Gründungszeit, zeugen davon. Allerdings gab es damals auch zwölf „Freistellen“, die mittellosen Personen Platz boten – vergeben wurden diese von der Stiftsverwaltung und der Familie Riebeck. Nur zwei von vielen spannenden Fakten um das 120jährige Haus.

Im Jubiläumsjahr des Stammhauses hat sich die Paul-Riebeck-Stiftung zu einer Zeitreise „in eigener Sache“ aufgemacht. Eine Ausstellung lässt sowohl die Baugeschichte als auch das wechselvolle Leben im Stift Revue passieren – und lädt alle Hallenser ein, hinter die Kulissen des heute denkmalgeschützten Hauses zu blicken. Eröffnet wird die Ausstellung im Foyer des Altenpflegeheims Riebeckpark, Kantstraße 1 am 11. September 2016, um 14.00 Uhr.

Vorher können Interessierte – passend zum Tag des offenen Denkmals – um 10.00 Uhr und um 13.30 Uhr während einer Führung durch das Haus erfahren, wie es sich heute im Denkmal leben lässt. Im Anschluss an die Ausstellungseröffnung feiert die Stiftung das Jubiläum im historischen Riebeckpark mit einem zünftigen Familienpicknick im Stile der Jahrhundertwende. Wer darauf Lust hat, packt einfach ein eigenes Picknickkörbchen, schnappt Kind und Kegel und genießt einige beschwingte Stunden im Grünen. Alle Hallenserinnen und Hallenser sind herzlich willkommen.

Hintergrund:

Leben im Denkmal

Paul Riebeck, Sohn des Industriellen und Stadtverordneten Carl Adolf Riebeck, erbte bei dessen Tod 1883 ein beträchtliches Vermögen. Als er nur sechs Jahre nach seinem Vater starb, schrieb er mit seinem Testament die wohltätige Familientradition fort. Er hinterließ der Stadt Halle mehr als zwei Millionen Mark für die Finanzierung eines Altenheims. 1893 beschloss der Stadtrat ein Statut für die Paul-Riebeck-Stiftung zum Zwecke: „in einem zu erbauenden Pfründnerhause alten unbescholtenen und unbemittelten Leuten Wohnung und Unterhalt zu gewähren.“ Ein Bauplatz in Halles Süden wurde gefunden, ein Wettbewerb ausgelobt. Von den insgesamt 79 eingereichten Entwürfen prämierte der Stadtrat drei und kaufte zwei weitere für je 600 Mark an. Unter letzteren befand sich auch der Entwurf der Architekten Alfred Grenander und Otto Wilhelm Spalding aus Berlin.

Dieser wurde – nach einigen von der Stadt geforderten Nachbesserungen wie z.B. einem repräsentativeren Außenbild – von 1894 bis 1896 umgesetzt. Bei der Einweihung des Stifts zeigen sich die Räte überzeugt: „dass den Insassen ein dem Sinne des Erblassers entsprechendes von Prunk ebenso weit wie von Armut entferntes Heim entstanden ist.“ Der mehrgeschossige, malerisch-asymmetrisch gruppierte Putzbau besticht durch seine für einen Bau dieser Funktion außergewöhnlich aufwendige Gestaltung in Formen der Spätgotik und der deutschen Renaissance. Inmitten der großzügigen Parkanlage, die ebenfalls 1896 eingeweiht wurde, steht das Stift inzwischen unter Denkmalschutz und erfüllt damals wie heute die Bestimmung seines Stifters.

Dafür war nach 1990 eine immense Kraftanstrengung nötig, weil das Haus bis dahin zunehmend verfiel. Seit der Wende wurden hier rund 13 Millionen Euro in Sanierung, Modernisierung und Umbauten investiert. Meilensteine dabei waren die Grundsanierung des Gebäudes einschließlich Außenanlagen, die pünktlich zum 100-jährigen Jubiläum 1996 abgeschlossen wurden. Dem folgte 1998 der Ausbau des Dachgeschosses in altengerechte Wohnungen und von 2010-2012 der Bau einer Kindertagesstätte im Erdgeschoss sowie die Sanierung aller Wohnbereiche im Altenpflegeheim. Insgesamt bietet das Haus heute sechs Wohnbereiche mit 147 Pflegeplätzen und 22 seniorengerechten Wohnungen.