„Trump ist das Produkt einer Entwicklung“

von 9. November 2016

Der kommende US-Präsident möchte Strafzölle für ausländischen Unternehmen erheben, die ihre Waren in die USA exportieren wollen. Für Deutschland als Exportexperte bedeutet das massive wirtschaftliche Fesseln. Deutschland spricht über den Ausgang der Wahlen und dabei stellt sich die Frage, wie wirkt sich das auf unsere Politik aus?

Dr. Michael Kolkmann, Politikwissenschaftler an der Martin-Luther-Universität Halle-Wittenberg

Dr. Michael Kolkmann, Politikwissenschaftler an der Martin-Luther-Universität Halle-Wittenberg

Im Interview mit Dr. Michael Kolkmann, Politikwissenschaftler an der Martin-Luther-Universität Halle-Wittenberg sprechen wir über die zukünftigen Beziehungen zwischen Deutschland und den USA, außerdem ob der Trump-Sieg eine Stärkung für die populistischen Parteien in Deutschland bedeutet.

Keven Nau: Ist der Wahlsieg von Trump eine Stärkung für die populistischen Parteien in Deutschland?

Kolkmann: Trump ist nicht der Kandidat, der plötzlich aus dem Nichts aufgetaucht ist. Er ist gleichsam das Produkt einer Entwicklung, die wir seit gut 25 Jahren beobachten können: eine sich verstärkende parteipolitische Polarisierung zwischen Demokraten und Republikanern in Washington, aber auch im ganzen Land. Diese kann man im Kongress, in der Gesellschaft, in den Medien – und nun auch im Präsidentschaftswahlkampf beobachten. Auch bislang gab es in diesen Wahlkämpfen ungewöhnliche Kandidaten, doch in der Regel hat sich am Ende der Vorwahlsaison ein Kandidat des Parteiestablishments bzw. der Parteiführung durchgesetzt. Das sollte in diesem Jahr Jeb Bush werden, doch der hat sich bereits in den ersten Vorwahlen von der politischen Bühne verabschiedet. Deshalb muss man den Wahlsieg von Donald Trump in die richtige Perspektive setzen – und ähnliche Entwicklungen beobachten wir derzeit ja auch in Europa. Die AfD in Deutschland hat Trump bereits gratuliert. Mit Trump scheint man jenseits des Atlantiks einen Partner gefunden zu haben. Ob diese Verbindung auch nach Amtsantritt des neuen Präsidenten trägt, wird sich erst noch zeigen müssen.

Keven Nau: Wie werden sich Ihrer Meinung nach die politischen Beziehungen von Deutschland mit den USA entwickeln?

Kolkmann: Diese Beziehungen werden sicherlich ein Stück weit unberechenbarer werden. Trump dürfte zwischen uni-, bi- und multilateralen Aktionen hin und herschwenken. Aber auch mit Hillary Clinton hätte es Konflikte gegeben, die ja bereits als Außenministerin in der Obama-Administration deutlich Falken-hafter agiert hat – etwa was den Gebrauch von militärischer Macht angeht.

Keven Nau: Trump wurde von den Amerikanern zum US-Präsidenten gewählt, inwieweit wird sich seine Außenpolitik auf den deutschen Arbeitsmarkt auswirken?

Kolkmann: Was konkrete inhaltliche Prioritäten der neuen US-Administration angeht, so wird abzuwarten sein, ob und inwieweit im Wahlkampf thematisierte Themen tatsächlich in das konkrete Arbeitsprogramm der neuen Regierung einfließen werden. Dazu wird auch ein Präsident Trump mit den Bestimmungsfaktoren des politischen Systems („checks and balances“) klarkommen müssen, d.h. gerade in wirtschafts- und finanzpolitischen Fragen wird kein Weg am Kongress vorbei führen. Zwar haben die Republikaner auch dort die Mehrheit, allerdings sind die Auffassungen zu einer ganzen Reihe von Themen zwischen Trump und den Republikanern auf Capitol Hill im Wahlkampf teilweise deutlich auseinander gegangen. Ein wichtiges Indiz für seine künftige Politik wird sein, welche Berater und Kabinettsmitglieder Trump in Kürze ernennen wird. Auch wird Trump nicht komplett an der öffentlichen Meinung vorbeiregieren können.