1.722 Stasi-Leute bei der Polizei

von 9. Juli 2009

“Stasi in die Produktion” hieß es in den Wendetagen vom Volk. Doch viele ehemalige Mitarbeiter des früheren Ministeriums für Staatssicherheit sind auch heute noch in verantwortungsvollen Stellen beschäftigt. In den letzten Jahren wurden im öffentlichen Dienst die Mitarbeiter auf eine frühere Stasi-Tätigkeit hin untersuchat. Im Ergebnis der von den Personalausschüssen vorgenommenen Einzelfallüberprüfungen, in denen die Betroffenen unter anderem auch persönlich angehört worden sind, wurde in 793 Fällen das Arbeitsverhältnis beendet, teilte jetzt Innenminister Holger Hövelmann mit. In 1.722 Fällen fiel die Entscheidung für eine Weiterbeschäftigung des Betroffenen aus. Kriterien für eine Nichtweiterbeschäftigung waren unter anderem der Erhalt von Zuwendungen durch das MfS oder die Fertigung personenbezogener Berichte über Dritte an das MfS. Weiterbeschäftigt wurden auch 236 ehemalige hauptamtliche Mitarbeiter des MfS. Hierbei handelte es sich insbesondere um Spezialisten, die zuvor in den Bereichen des Personen- und Objektschutzes und der Terrorabwehr tätig waren. Von diesen Personen sind noch etwa 100 im Bereich der Polizei beschäftigt.

BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN setzen sich für eine vollständige Aufarbeitung der Stasi-Tätigkeiten von Landesbediensteten ein. Sie unterstützen damit die Kritik des Landesbeauftragten für die Stasi-Unterlagen, Gerhard Ruden, dass die Überprüfung in den 90er Jahre nur auf einen kleinen Teil der Akten zugreifen konnte. "Wir können unter die DDR-Vergangenheit nicht einfach einen Strich ziehen. Die Aufarbeitung ist ein bleibende Aufgabe", so der Landesvorsitzende Christoph Erdmenger. "Es ist ja nicht so, dass es keine Probleme bei der Polizei in Sachsen-Anhalt gegeben hätte. Ob dies mit der DDR-Vergangenheit mancher Akteure zusammenhängt, können wir nur erfahren, wenn die nun aufgearbeiteten Akten in die Prüfung einbezogen werden", stellt Erdmenger fest.

Die Fraktion DIE LINKE im Landtag Sachsen-Anhalt fordert mehr Sachlichkeit im Umgang mit öffentlich Bediensteten und ihrer Vergangenheit. Der Fraktionsvorsitzende Wulf Gallert sagte dazu, niemandem sei geholfen, wenn 20 Jahre nach dem Ende der DDR solche Überprüfungen permanent wiederholt werden. “Die Eignung für den öffentlichen Dienst haben die öffentlich Bediensteten des Landes Sachsen-Anhalt und der Kommunen in den letzten 20 Jahren ausreichend unter Beweis gestellt. Zu einem rechtsstaatlichen Verfahren gehört auch die Anerkennung von Abwägungen und Einzelfallentscheidungen, Skandalisierungen oder Pauschalurteile helfen niemandem.”