26 Jahre danach: geteiltes Land, geteilte Stadt

von 11. Oktober 2016

Nach 25 Jahren westlicher Demütigungen und Bevormundungen ist der Frust inzwischen auf den ostdeutschen Straßen und Plätzen sichtbar. Es ist die Spitze des Eisbergs, denn in der komplizierten Gemengelage aus zivilem Ungehorsam, Instrumentalisierungen und Propaganda von allen Seiten hält sich der Großteil der Enttäuschten und Frustrierten desillusioniert und wartend im trauten Heim zurück: Der Tag der Abrechnung, das denken auch zahlreiche „Zaungäste“, wird kommen. Zur Bundestagswahl im September 2017 ist Generalprobe. Wie perfide die Lage inzwischen ist, zeigt sich an der bundesweit wohl bald mehrheitsfähigen Unzufriedenheit über eine „Ostdeutsche“, die in Wahrheit ein Kind westdeutscher, kirchlicher Eltern in der ostprovinziellen Diaspora ist und damit ebenso wenig repräsentativ wie der scheinheilige Pfaffe, der gerade – endlich und Gott sei Dank – Schloss Bellevue im Berliner Tiergarten zu verlassen gedenkt. Dass ausgerechnet zwei Kirchenleute für den Osten repräsentieren sollen, ist ein Anachronismus. Wenn insbesondere die Kanzlerin gedankenlos den Islam hofiert und importiert, trifft nicht eben zufällig ein tatsächlich repräsentativer Ostdeutscher, der Psychoanalytiker Hans-Joachim Maaz aus Halle (Saale) den Nagel auf den Kopf, wenn er Gaucks Reden von „Dunkeldeutschland“ als vereinfachend und fahrlässig kritisiert und der Kanzlerin beim Umgang mit dem Flüchtlingsthema bescheinigt, von allen guten Geistern verlassen zu sein.

Interessant wäre in Hinblick auf den Zustand der „Deutschen Einheit“, die nach der Umgehung einer gemeinsamen Verfassung de facto eine westdeutsche Einheit ist, zu welchem Urteil Maaz über den Zotenbär der ZDF-Heute-Show käme, der im Zwangsbezahlfernsehen ungestraft seine primitive Hetze gegen Ostdeutsche ausbreiten darf, weil ja Kunst und Satire einfach alles darf. Wenn doch nur nicht – auch dort – mit zweierlei Maß gemessen würde. Zu der jüngst von der Heute-Show zelebrierten Erschießung der Mutter Günther Schabowskis und der angeblich nur witzig gemeinten Idee, die Mauer wieder zu errichten, passt Oliver Welkes private Rochade von 2011, als er von der deutschen Hauptstadt Berlin im Osten nach der Westprovinzstadt Bonn verzog, der ehemaligen Hauptstadt der BRD.

Oben und unten werden seit der so genannten Bankenkrise 2008 mit wachsendem Tempo sichtbar. Auch in Halle an der Saale. Während die einen mit ihren Zivilpanzern durch die Stadt walzen und ihr Haben immer schamloser zur Schau stellen, schleicht eine beachtliche Zahl trauriger, kranker und degenerierter Gestalten durch die Straßen; einige betteln, andere durchsuchen den Müll (nach Pfandflaschen) oder übernachten auf diversen Parkbänken. Dass immer mehr Menschen das als Warnsignal für den Verfall des Landes und den sozialen Abstieg werten, kann kaum verwundern. So ist es letztlich auch kein Zufall, dass die Grünen zuletzt in den Wohlfühlvierteln und im Wohlfühlländle viele Wählerstimmen abräumten, während die AfD da punktete, wo Sorgen und Ängste regieren. Dass an dieser innerdeutschen Demarkationslinie „Menschen mit Migrationshintergrund“ instrumentalisiert und zerrieben werden, überrascht ebenso wenig. Leider!