Anschläge in Paris und in Brüssel, jetzt in Berlin

von 21. Dezember 2016

Aufgrund der aktuellen Ereignisse in Berlin wird durch das Innenministerium Sachsen-Anhalt die Sicherheit bei Veranstaltungen mit zahlreichen Besuchern, insbesondere Weihnachtsmärkte, und auf stark frequentierten öffentlichen Plätzen durch sichtbare Polizeipräsenz erhöht. Die Polizeibehörden in Sachsen-Anhalt wurden per Ministeriumserlass aufgefordert, entsprechende Maßnahmen sicherzustellen.

„Die Einschätzung der Sicherheitslage hat sich nicht verändert. Die Einschätzung ging und geht weiterhin von der höchst möglichen abstrakten Gefährdungslage aus. Diese Gefährdungslage hat sich durch das Ereignis in Berlin in bedauerlicher Weise realisiert. Durch die ab sofort zusätzlich angeschobenen Maßnahmen soll nicht zuletzt auch dem Sicherheitsbedürfnis der Bevölkerung Rechnung getragen werden“, so Innenminister Holger Stahlknecht.

Im Einzelnen umfassen die Maßnahmen:

  • Erhöhung der sichtbaren polizeilichen Präsenz inkl. Unterstützung durch Kräfte der Landesbereitschaftspolizei,

  • Robuste Ausstattung der Einsatzkräfte an bekannten Schwerpunkten mittels Mitführen von Maschinenpistolen und entsprechender Schutzausstattung,

  • Intensivierung der Aufklärungstätigkeit, um potentielle Gefahren möglichst frühzeitig zu erkennen und ihnen angemessen begegnen zu können,

  • Gespräche mit Veranstaltern und deren Sicherheitsdiensten undSensibilisierung der kommunalen Sicherheitsbehörden,

  • Prüfungen, ob und wie unter Beachtung der örtlichen Bedingungen durch mobile und feste technische Sperren die Sicherheit der Veranstaltungen verbessert werden sowie ob durch den Erlass von Beschränkungen die Zufahrt für bestimmte Fahrzeugklassen reduziert werden kann,

  • Anregung von Geschwindigkeitsreduzierungen im Umfeld der Veranstaltungen

Bereits bestehende Sicherheitskooperationen für Veranstaltungen über den Jahreswechsel hinaus werden im Rahmen weiterer Gespräche mit den örtlich zuständigen Polizeibehörden gegebenenfalls neu bewertet.

In Umsetzung dieses Erlasses erfolgte am heutigen Dienstag eine gemeinsame Besprechung von Vertretern der Landeshauptstadt Magdeburg, der Magdeburger Weihnachtsmarkt GmBH und der Polizeidirektion Sachsen-Anhalt Nord.

Hier wurde ein entsprechendes Maßnahmekonzept abgesprochen, um auch in den folgenden Tagen ein größtmögliches Maß an Sicherheit auf dem hiesigen Weihnachtsmarkt zu gewährleisten. Dazu wird die polizeiliche Präsenz auf dem Weihnachtsmarkt sichtlich erhöht. Neben Streifen von Beamten des Polizeireviers Magdeburg werden ab sofort zusätzlich Beamte des Zentralen Einsatzdienstes der PD Nord und der Landesbereitschaftspolizei auf und an den Zugängen zum Weihnachtsmarkt präsent sein. Insbesondere an den Zugängen werden Augenscheinskontrollen vorgenommen. Darüber hinaus werden sowohl durch die Polizei als auch durch die Landeshauptstadt Magdeburg an entsprechend sensiblen Stellen mobile und feste technische Sperren eingerichtet, die ein Befahren der Veranstaltungsfläche – wie in Berlin geschehen – verhindern bzw. wesentlich erschweren sollen. Dazu sollen sowohl Einsatzfahrzeuge als auch Betonsperren genutzt werden.

Dazu Abteilungsleiter Polizei Tom-Oliver Langhans: „Wir haben mit den Verantwortlichen der Landeshauptstadt Magdeburg und dem Weihnachtsmarktbetreiber eine ausführliche Sicherheitsbewertung vorgenommen. Mit den aufgeführten Maßnahmen werden wir die Sicherheit auf dem Weihnachtsmarkt erhöhen.“

Analoge Besprechungen gab es zwischen Vertretern der Polizeireviere Harz und Salzlandkreis mit den Kommunen und Weihnachtsmarktbetreibern der Weihnachtsmärkte in Halberstadt, Quedlinburg und Wernigerode sowie Aschersleben und Bernburg. Auch dort wurden entsprechende Maßnahmen zur Erhöhung der Sicherheit der Märkte getroffen.

Auch die Präsenz auf den Weihnachtsmärkten in Halle (Saale), Naumburg und Weißenfels wird erhöht

Die Polizeidirektion Sachsen-Anhalt Süd hat zusätzliche Maßnahmen ergreifen, damit die Besucher der Weihnachtsmärkte sich sicher fühlen können und die öffentliche Sicherheit und Ordnung gewährleistet ist. Auf den Weihnachtsmärkten wo größere Menschenmengen zusammenkommen werden, wird die Polizei ihre Präsenz merklich durch uniformierte Einsatzbeamte erhöhen. In begründeten Fällen wird die Polizei auch Personen- und Fahrzeugkontrollen durchführen. Dort wo es erforderlich erscheint, werden Polizeibeamte sichtbar ihre Maschinenpistole mitführen. Sofern Jemand Auffälligkeiten feststellt, welche Anlass dafür geben, dass eine Gefahr für andere bestehen könnte, bittet die Polizei um sofortige Information. Sowohl die Polizeibeamten vor Ort als auch über die 110 können entsprechende Informationen weitergegeben werden.

Anschläge in Paris und in Brüssel, jetzt in Berlin. Die Sicherheitskräfte sind seit dieser Zeit in Sachsen-Anhalt angespannt. Nach Paris wurde personelle und technische Verbesserung in Sachsen-Anhalt versprochen – was hat sich bisher getan? Interview mit Uwe Petermann, Landeschef der Gewerkschaft der Polizei in Sachsen-Anhalt.

Uwe Petermann 2013

Uwe Petermann, Landeschef der Gewerkschaft der Polizei in Sachsen-Anhalt

Keven Nau: Anschläge in Paris und in Brüssel, jetzt in Berlin. Die Sicherheitskräfte sind seit dieser Zeit in Sachsen-Anhalt angespannt. Nach Paris wurde personelle und technische Verbesserung in Sachsen-Anhalt versprochen – was hat sich bisher getan?

Uwe Petermann: Die Diskussion um die Verbesserung der personellen und technischen Ausstattung wird derzeit durch die GdP mit den Vertretern des Ministeriums und den politischen Parteien nach wie vor geführt. Leider ist es bisher nicht zu tatsächlichen Lösungen gekommen. Hier ist den Verantwortlichen offensichtlich immer noch nicht die Brisanz der Lage bewusst. Die Einstellung von 20 Hilfspolizisten und die Beschaffung von ballistischen Schutzpaketen ist derzeit realisiert worden. Allerdings sind die finanziellen Mittel aus dem Polizeihaushalt geflossen und nicht zusätzlich bereitgestellt. Hier wartet die Polizei immer noch auf das versprochene „Antiterror-Paket“.

Keven Nau: Ständige und Stundenlange Einsätze von Landes- und Bereitschaftspolizei. Folge: Berge von Mehrarbeitsstunden sind gesammelt worden. Auf Dauer eine Gefährdung der inneren Sicherheit in Sachsen-Anhalt?

Uwe Petermann: Im Zusammenhang mit der Terror- und Flüchtlingssituation ist ein deutlicher Anstieg der Mehrarbeit zu verzeichnen. Hier ist besonders der Dienst an den Wochenenden kritisch. Wir müssen zur Kenntnis nehmen, dass die geschlossenen Einheiten hier faktisch im Dauereinsatz sind.

Da die Polizeien des Bundes und der Länder die gleichen Belastungen zu bewältigen haben, ist es nur noch im Ausnahmefall möglich, dass diese das Land Sachsen-Anhalt bei der Bewältigung von herausragenden Einsatzlagen, wie z. B. besonderen Demonstrationen oder Fußballspielen mit besonderem Gefährdungspotenzial unterstützen, was letztendlich wieder zu Lasten des eigenen Personalkörpers geht. Unter den Belastungen leidet die kontinuierliche Aus- und Fortbildung, der Dienstsport, die Prävention und leider, wenn Regionalbereichsbeamte in die Lagebewältigung einbezogen werden müssen, die gemeindebezogene Polizeiarbeit und das Engagement der Polizei bei repräsentativen Anlässen. Im Rahmen der Verkehrskontrollen ist ein deutlicher Rückgang zu verzeichnen.

Keven Nau:: Was fordern Sie von Sachsen-Anhalts Innenminister Holger Stahlknecht?

Uwe Petermann: Die GdP erwartet von der Landesregierung, die sofortige Freigabe der im Haushalt 2017 eingestellten Mittel für das Antiterror-Paket. Des Weiteren erwarten wir eine Motivations- und Investitionsinitiative in der Polizei, baulich und in der Sachausstattung. Genauso wichtig ist eine unabhängige Überprüfung der Wirtschaftlichkeit des Outsourcings von IT-Fachanwendungen der Polizei.