Arbeitsagentur-Chef für Mindestlohn

von 9. August 2010

In einem Interview mit der MZ hatte sich Kay Senius, Direktor der Agentur für Arbeit Sachsen-Anhalt-Thüringen, für einen „moderaten Mindestlohn“ ausgesprochen. Die Reaktionen darauf in der Politik des Landes sind unterschiedlich.

Wirtschafts- und Arbeitsminister Dr. Reiner Haseloff (CDU) spricht sich gegen einen staatlich festgelegten und nach Ost- und Westdeutschland differenzierten Mindestlohn aus. „Wir müssen endlich aufhören, die Lohnpolitik nach Ost und West zu unterscheiden. Im 20. Jahr der Deutschen Einheit sollte dies überholt sein und eine weitere Spaltung bei der Lohnfindung überwunden werden. Ich plädiere vielmehr für tariflich festgelegte Lohnuntergrenzen. Die Tarifpartner wissen am besten, welche Löhne in welcher Region und Branche gezahlt werden können. Und die können in bestimmten Branchen in Sachsen-Anhalt und Schleswig-Holstein auf einem ähnlicheren Niveau liegen als in Hamburg und Oberbayern." Vielmehr setzt der Arbeitsminister auf eine höhere Tarifbindung der hiesigen Arbeitgeber und Arbeitnehmer. Ein gesetzlicher Mindestlohn von sechs bzw. 6,50 Euro würde Haseloffs Worten zufolge beispielsweise für einen Alleinerziehenden mit zwei Kindern nicht ausreichen, um diesen aus der Hilfebedürftigkeit zu befreien. Dafür müsste der Mindestlohn bei rund 10,30 Euro liegen. „Es ist unrealistisch zu glauben, dass die Mehrheit der Geringverdiener durch einen gesetzlichen Mindestlohn unabhängig von staatlichen Unterstützungsleistungen wird. Dies wäre auf Grund unterschiedlichster Familien- und Haushaltsgrößen nur mit einem unrealistisch hohen Mindestlohn möglich, der jedoch viele Arbeitsplätze auf dem ersten Arbeitsmarkt kosten würde. Das hilft weder den Geringverdienern noch den Steuerzahlern."

Die gewerkschaftspolitische Sprecherin der Links-Fraktion im Landtag von Sachsen-Anhalt Edeltraud Rogée begrüßt die Forderung des Arbeitsagentur-Chefs. „Was ist eigentlich noch erforderlich, um die Regierenden dazu zu bewegen, eine gesetzliche Grundlage zu schaffen? Es gibt ausreichend Erfahrungen anderer europäischer Länder, dass Mindestlöhne keine Arbeitsplätze vernichten.“ Ein gesetzlicher Mindestlohn würde ihren Worten zufolge die Sozialkassen entlasten und die Binnenkonjunktur beleben. „Anstatt über diverse Streichungen und Kürzungen auf Kosten gerade der sozial Schwachen, der Arbeitslosen, der Rentnerinnen und Rentner zu schwadronieren, sollten die schwarz-gelbe Bundesregierung und die sie tragende Koalition endlich das Heft des Handelns in die Hand nehmen und den gesetzlichen Mindestlohn in Höhe von 8,50 Euro durchsetzen, in Ost wie in West.“

Auch die Vorsitzende der SPD-Landtagsfraktion, Katrin Budde, unterstützt die Äußerungen von Senius. „Ich begrüße ausdrücklich die Einschätzung von Herrn Senius. Niedriglöhne sind kein Zukunftsmodell für Sachsen-Anhalt. Im Gegenteil, sie haben sich eher als Standortnachteil erwiesen, wie wir auch an den Pendlerzahlen sehen können. Im Kampf um die guten Köpfe kann nicht der gewinnen, der Niedriglöhne zahlt. Das sieht glücklicherweise auch zunehmend die Wirtschaft so. Wir brauchen in Zukunft eine angemessene Bezahlung. Auch das ist ein wichtiger Grund für die Menschen zum ‚Hierbleiben’.“