Ausschuss lässt Haushaltsbeschluss platzen

von 17. Februar 2009

(ens) In seiner abschließenden Beratung hat am Dienstag der Finanzausschuss der Stadt Halle (Saale) dem Haushaltsentwurf für 2009 eine Abfuhr erteilt. Mit zwei Ja-Stimmen der SPD, drei Nein-Stimmen von Tom Wolter (MitBürger), Mathias Weiland (Grüne) und Rudenz Schramm (Linke) sowie sechs Enthaltungen von CDU, Linke und FDP, lehnte der Ausschuss das rund 1000 Seiten starke Papier ab. Einahmen von 650 Mio. Euro stehen Ausgaben von 674 Mio. Euro in dem Entwurf gegenüber. Enthalten ist zudem die Fortschreibung der Haushaltskonsolidierung. Bis 2012 soll die Stadt schuldenfrei sei.

Finanzdezernent Egbert Geier war um Fassung bemüht. “Der Beschluss ist das vollkommen falsche Signal“, kommentierte der Kämmerer nach der Abstimmung. „Jetzt geht es nur noch mit angezogener Handbremse voran.” Vergaben seien gebremst, Freie Träger bekämen kein Geld. „Wir sollten alle daran arbeiten, dass der Haushalt in die Spur kommt“, sagte Geier. Der Finanzdezernent will nun die Diskussion im Hauptausschuss abwarten, wie er gegenüber HalleForum.de sagte. Schützenhilfe hatte Geier im Ausschuss von Bürgermeister Thomas Pohlack bekommen. “Was erwarten Sie, welche Fragen sind offen”, fragte er in die Runde. Und Sozialdezernent Tobias Kogge appellierte an die Räte, den Haushalt gemeinsam mit der Verwaltung zum Erfolg zu bringen.

Der CDU-Fraktionsvorsitzende Bernhard Bönisch und der Fraktionsvorsitzende der Linken, Bodo Meerheim, erklärten nach der Sitzung, dass man sich zunächst noch in den Fraktionen verständigen wolle. Es hätten sich in der Sitzung neue Fragen ergeben. Bönisch sagte, grundsätzlich gebe es in seiner Fraktion den Trend zur Zustimmung. Offene Fragen sieht Bönisch unter anderem darin, dass durch Oberbürgermeisterin Dagmar Szabados noch nicht dargelegt wurde, in welcher Form die 90,8 Mio. Euro aus dem Verkauf der VNG-Aktien in den halleschen Haushalt fließen. Meerheim hingegen sieht im Abbau des Altdefizits noch offene Punkte. “Wir werden alle Argumente auf die Waage legen”, sagte der Linken-Fraktionsvorsitzende auf Nachfrage von HalleForum.de. Skeptisch sei er beispielsweise bei den geplanten Einsparungen bei den Kosten der Unterkunft (KdU). Die Ausgaben könnten durch die Wirtschaftskrise schnell wieder ansteigen. Auch die Einberechnung von Personalstellen in die Haushaltskonsolidierung sei ein nicht zu Ende gedachter Schritt, weil die schwangeren Mitarbeiter in einem Jahr wieder an ihrem Arbeitsplatz sitzen und damit auch wieder Kosten verursachen. Ungewöhnlich findet Meerheim die Ablehnung nicht. “Wir hatten schon beschlossene Haushalte, bei denen nur die zwei Wasserträger zugestimmt haben und sich der Rest enthalten hat”, richtete Meerheim seine Worte in Richtung SPD.

Für “nicht genehmigungsfähig” hält Tom Wolter (MitBürger) die aktuelle Haushaltskonsolidierung. “Das wir eine Genehmigung bekommen ist unwahrscheinlich.“ Er sei “verwundert über die extreme Vernachlässigung bei den Personaleinsparungen.” Finanzdezernent Geier begründete dies mit den gestiegenen Kosten durch die Tariferhöhungen im öffentlichen Dienst. Doch Wolter vermisste vor allem “engagierte Punkte” im Konsolidierungskonzept. “Die Stadt verfolgt kein Konzept.” Vorwürfe, die auch Andreas Schmidt (SPD) nachvollziehen kann. Die aktuelle Haushaltskonsolidierung sei eine Sammlung von Einzelmaßnahmen. Allerdings weiß er daraufhin, dass es nicht mehr viele Punkte zum sparen gebe. Nun würde es an die Substanz gehen. In Berlin beispielsweise warte man anderthalb Stunden auf einen freien Platz beim Einwohnermeldeamt, weil es zu wenig Personal gibt. Verhältnisse, die auch in Halle drohen könnten. Auch ein Verzicht auf die Seniorenberatungsstelle tue nicht weh. Beides sind Maßnahmen, die auch Schmidt nicht infrage stellt – jedoch wollte der SPD-Politiker auf die im Vergleich mit manch anderen Städten noch komfortable Situation hinweisen. Doch für Schmidt gibt es nur einen richtig großen Weg, um aus der Finanzmisere herauszukommen. “Wir brauchen Eingemeindungen, um die Einnahmen zu erhöhen”, sagte er im Finanzausschuss.

Wegen zahlreicher veränderter äußerer Faktoren will die Stadtverwaltung in diesem Jahr eine Überarbeitung der Haushaltskonsolidierung vorlegen. “Haushaltskonsolidierung 4” nennt Geier das Paket, bei dem neben der Produktbildung für die Doppik, elektronisch unterstützten Prozessen und der Einwohnerentwicklung auch ein Benchmarking der Fachkonzepte eine Rolle spielen soll. Ziel sei eine neue Fortschreibung der Fachkonzepte für die Jahre 2010 bis 2012. Derzeit stammen die Papiere aus den Jahren 2002 und 2003.

Während der Ausschuss die Gesamtvorlage ablehnte, wurde einigen Beschlüssen von Stadträten zugestimmt. So folgten die Ausschussmitglieder einem Antrag von Mathias Weiland (Bündnis 90 / Grüne), wonach die für die Sanierung der Glaucha-Schule vorgesehenen Mittel von 2,259 Mio Euro für die Sanierung der Auenschule umgewidmet werden sollen. Mit 9 Ja-Stimmen und 2 Enthaltungen stimmte der Ausschuss einer Streckung der von der HWG zu erbringenden Konsolidierungssumme zu. Wegen der Finanzkrise sind derzeit nicht die Einnahmen zu erzielen, die erwartet worden waren. 15 Mio. Euro soll die Hallesche Wohnungsgesellschaft in diesem Jahr beisteuern, im nächsten Jahr sind es 7,6 Mio. Euro. Laut Frank Sänger, Aufsichtsratsvorsitzender der HWG und CDU-Stadtrat, können die Gelder steuerfrei an die Stadt fließen. Finanzdezernent Egbert Geier

Durchgefallen ist hingegen ein Antrag von MitBürger-Rat Tom Wolter. Er stellte die Sinnhaftigkeit des Schnittstellenprogramms Nietleben infrage und wollte das Vorhaben aus dem Haushalt streichen. Planungsdezernent Thomas Pohlack wies darauf hin, dass das Projekt zu 100 Prozent durch Fördermittel realisiert wird. 80 Prozent der Gesamtkosten von 1 Mio. Euro kämen demnach aus dem Schnittstellenprogramm der Nasa (Nahverkehrsservice Sachsen-Anhalt). Weitere 20 Prozent werden über Landeszuweisungen von ÖPNV-Mitteln aufgebracht. Der Bahnhof in Nietleben soll zu einer Schnittstelle von Bus und S-Bahn werden. Ziel von Pohlack ist es, dass Pendler aus dem Kreis Mansfeld-Südharz und dem Saalekreis ihr Auto künftig hier abstellen und mit der S-Bahn weiterfahren. Derzeit wird der Nietlebener Bahnhof von täglich 600 Menschen genutzt. Bei 2 Ja, 2 Enthaltungen und 5 Nein ging der Antrag auf Streichung des Projekts nichts durch.

Einstimmig angenommen wurde hingegen der SPD-Antrag, wonach Studenten, die ihren Hauptwohnsitz in Halle anmelden, einmalig die Semestergebühren und das Semesterticket erstattet bekommen. Die Stadt erhofft sich davon höhere Landeszuweisungen durch steigende Einwohner zahlen. Finanzdezernent Egbert Geier geht davon aus, dass etwas 1.500 Studenten von dem Angebot Gebrauch machen. Rund 250.000 Euro müsste die Stadt zunächst einmal investieren. Ab 2011 wirke sich das aber in finanziellen Zuwendungen vom Bund aus, so Geier.