Azubi-Zahl in Halle sinkt dramatisch

von 18. Mai 2011

Landesweit waren am Mittwoch weit über einhundert Arbeitsvermittler unterwegs, um in rund 330 Unternehmen in Sachsen-Anhalt Bewerber für freie Lehrstellen vorzustellen. Weitere Firmen werden in den kommenden Tagen aufgesucht. Vor Kurzem war noch jeder Ausbildungsplatz heiß umkämpft – heute sind es die potentiellen Auszubildenden. Demografischer Wandel und eine gute Konjunktur führen dazu, dass der Wirtschaft der Nachwuchs ausgeht. Lutz Mania, Geschäftsführer der Regionaldirektion Sachsen-Anhalt-Thüringen der Bundesagentur für Arbeit appellierte bei seinen Besuchen in Unternehmen in Halle und Magdeburg auch schwächeren Bewerbern eine Chance zu geben und so dem Nachwuchsmangel vorzubeugen.

Auf dem Ausbildungsmarkt in Sachsen-Anhalt halten sich Angebot und Nachfrage mittlerweile fast die Waage. Der Grund: Die Zahl der Schulabgänger sinkt dramatisch. Im Jahr 2006 verließen in Sachsen-Anhalt noch 31.400 junge Menschen die Schulen, in diesem Jahr wird mit nur 15.400 gerechnet. Im Agenturbezirk Halle (Saale) sank die Zahl im gleichen Zeitraum von 7.047 auf nur noch 2.386. Ein Einbruch um mehr als 50 Prozent. Und so sinkt auch die Zahl derjenigen, die bei der Bundesagentur für Arbeit ihr Interesse für eine Lehrstelle angemeldet haben, während das Lehrstellenangebot ungefähr auf dem gleichen Niveau bleibt. Aktuell haben in Sachsen-Anhalt 6.100 Bewerber noch keinen Ausbildungsplatz. Unbesetzt sind 6.500 Lehrstellen. Von den unversorgten Bewerbern haben rund drei Prozent keinen Hauptschulabschluss, 24 Prozent einen Hauptschulabschluss und 56 Prozent einen Realschulabschluss.

„Bei den Betrieben ist ein Umdenken angesagt. Sie müssen sich frühzeitig und intensiv um ihren beruflichen Nachwuchs kümmern. Zudem sollten Personalchefs nicht nur auf das Zeugnis schauen und auch leistungsschwächeren Jugendlichen eine Chance geben. Im Unternehmen zeigen sie was in ihnen steckt: Begeisterung, Ehrgeiz, Zuverlässigkeit“, so Lutz Mania.

Die Mission der Arbeitsvermittler und Berufsberater am „Tag des Ausbildungsplatzes“ ist es auch, die Unternehmen zu informieren über Fördermöglichkeiten für Jugendliche mit Nachholbedarf. „Es gibt die ausbildungsbegleitenden Hilfen, mit denen leistungsschwächere Jugendliche z. B. in Mathe oder Deutsch fit gemacht werden, sich fehlendes theoretisches Grundwissen für die Lehre aneignen oder bei Bedarf durch Sozialpädagogen betreut werden können. Auch kann eine Einstiegsqualifizierung gefördert werden, um Jugendliche direkt im Unternehmen auf eine Ausbildung vorzubereiten“, erklärte Lutz Mania.

„Bei vielen Betrieben hat ein Umdenken bereits begonnen. Sie kümmern sich frühzeitig und intensiv um ihren beruflichen Nachwuchs. Zudem schauen immer mehr Handwerksmeister und Personalchefs nicht mehr nur auf das Zeugnis, sondern versuchen Potentiale wie Begeisterung, Ehrgeiz, Zuverlässigkeit zu entdecken“, so Frau Dr. Petra Bratzke, Vorsitzende der Geschäftsführung der Agentur für Arbeit Halle.