Bäderprivatisierung: Vereine vor Existenzsorgen

von 3. Februar 2010

Die Stadt Halle muss sparen. Über 50 Millionen Euro beträgt das Defizit allein in diesem Jahr. Sogenannte Freiwillige Leistungen abbauen, darin sieht die Verwaltung einen Weg. Deshalb sollen Schwimmhallen und Freibäder privatisiert werden, seit zwei Jahren steht das fest. Nur die konkreten Plänen gibt es erst seit kurzem. Als einziger Bewerber in der Ausschreibung sind die Stadtwerke übrig geblieben. Ohnehin sehen Kritiker hierin einfach nur ein Verschieben der Leistungen auf die städtischen Tochterunternehmen. Im städtischen Haushalt sind die Ausgaben dann raus. Zumindest bis zur Einführung der Doppik.

Schon in der vergangenen Woche hat HalleForum.de über die Kritik der Vereine an den Privatisierungsplänen berichtet. Schwimmtrainer Frank Embacher kritisierte, dass die Vereine nicht einbezogen worden seien. Einen Vorwurf, den auch einige Personen aus der Stadtverwaltung teilen. “Die OB will das durchdrücken”, war gar zu vernehmen. Doch ganz so einfach wie zunächst gedacht geht es wohl doch nicht.

Am Dienstag sollten die Stadträte im Sportausschuss über die Privatisierung beraten und eine Entscheidung fällen. Letztlich blieb es nur bei der Beratung. Die Vorlage sei nicht untersetzt genug, so die Vorwürfe der Räte. In zwei Wochen soll es nun in einer Sondersitzung um die Zukunft von Nordbad, Saline, Angersdorfer Teichen, Stadtbad, und den Schwimmhallen Neustadt und Saline gehen. Alle Einrichtungen sollen auf die Stadtwerke übertragen werden. Die Stadt wird jährliche Betriebskosten von 2,8 Millionen Euro in den kommenden zehn Jahren übernehmen, so die Pläne. Hinzu kommen noch Investitionszuschüsse. Denn: die Bäder bedürfen teils einer dringenden Sanierung. So stand das Nordbad bereits vor der Schließung. 10 Millionen Euro sollen die Stadtwerke in die Hand nehmen, um die Einrichtungen instand zu setzen.

Und das macht auch deutlich, was die Vereine bereits befürchteten. Sie müssen wieder zahlen. Seit einem Jahr war die Nutzung der städtischen Sporteinrichtungen – und dazu zählen eben auch die Bäder – kostenlos für Vereine möglich. Jetzt sollen die Vereine wieder zahlen. Rund drei Euro pro Stunde und Bahn sollen es werden. Doch offiziell wissen das die Vereine noch nicht. Denn: mit ihnen redet ja niemand … Klar ist auch, dass diese Kosten die Vereine weiter belasten werden. Sie befürchten dadurch einen Mitgliederexodus.

Lesen Sie dazu auch einen Kommentar auf Seite 2:
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Alle Plätze im Wappensaal waren besetz – Eine so hohe Teilnahme von Stadträten und Zuschauern gab es lange nicht mehr. Eine erste Lesung des Haushaltes ( Mehr wurde es nicht, denn die Vorlage war mal wieder unvollständig) konnte nicht der Anlass sein. Irgendwie beherrschte das Thema "Privatisierung der Bäder" die Szenerie, obwohl es gar nicht auf der Tagesordnung des öffentlichen Teils der Beratung stand. Wie so oft verschwand auch diese Thematik im Tresor der "Nichtöffentlichkeit", um nicht Rechte Dritter zu verletzen. Hallo, welche Rechte Dritter ? Es gibt doch nur einen Bewerber. Die Verfahrensweise mag über die Kommunalordnung abgesichert sein, stößt aber dennoch bitter auf. Es geht hier um das Vermögen der Stadt Halle, und das gehört alle Bürgern und nicht dem Stadtrat. – Es geht um bürgerschaftliche Grundinteressen. Kein Wunder, dass die Schwimmvereine Fragen zu den zukünftigen Regelungen hatten, die sie dann mit eingeräumten Rederecht im öffentlichen Teil der Tagung des Sportausschuss in Person von Holger Friedrich und Frank Embacher auch äußern durften. Es ist die Geheimdiplomatie des Beigeordneten Neumann, der sich per order mufti um elementare Kernbereiche der Sportpolitik (Bäder und Eissporthalle) zu kümmern hat, die bei den 180 Vereinen mit ca. 36.000 Mitgliedern wohl nicht mehr lange akzeptiert wird. Der Haushaltsentwurf im öffentlichen Teil, und da wird es zur Provinzposse, zeigte den Zuschuss für den zukünftigen Betreiber, den es per fehlenden Beschluss des Stadtrates noch gar nicht gibt, bereits auf : 350.000 ? . Psst, bitte nicht weitersagen- Das ist streng geheim. Wie hoch der künstlich gepflegte Verwaltungsdschungel schon gewachsen ist, zeigte eine Anfrage des Ausschussvorsitzenden Hajek, der vermisste, dass die Veranstaltungsförderung 2010 noch nicht Thema im Sportausschuss war. Offensichtlich soll dem Sportausschuss, der ja ( mit Fachkompetenz) nur Empfehlen kann, auch noch dieses Recht genommen werden, denn die Förderanträge für Sportveranstaltungen schmoren unter dem dünnen Mäntelchen der Haushaltsführung unter Vorbehalt in Finanzdezernat bei Herrn Geier. Die betroffenen Stadträte des Sportausschuss kennen sie nicht einmal. Genauso stellt man sich mangelnde Transparenz und Klarheit der Kommunalpolitik vor, indirekt proportional zur Politikmüdigkeit des Wahlvolkes.
Wenn man mit Stadträten so umgeht, muß man auch mit den Konsequenzen rechnen. Im nichtöffentlichen Teil war der Ausschuss nur bereit die Privatisierungsvorlage des Beigeordneten Neumann in erster Lesung zu behandeln, denn man machte noch Klärungsbedarf aus ( u. a. bei den von Embacher und Friedrich artikulierten Problemkreisen). Nur zum Abnicken wollten die Stadträte dann doch nicht erschienen sein.

(Günter Hebner)