Bahn will Milliarden in Mitteldeutschland investieren

von 30. September 2011

Rund 5,5 Milliarden Euro will die Deutsche Bahn AG im Zeitraum von 2012 bis 2016 in die Hand nehmen, um den Ausbau der Schienenwege in Mitteldeutschland voranzubringen. Um zu sagen, um welche Dimensionen es sich handelt, lud sie in dieser Woche Journalisten zur Rundreise ein. Ich war dabei, als der Hubschrauber abhob. Nur wer in die Luft geht, sieht, in welchen Dimensionen gebaut wird.

Das Projekt der ICE-Neu- und Ausbaustrecke von Berlin über Leipzig/Halle – Erfurt und Nürnberg ragt natürlich als Vorzeigeobjekt heraus. Doch auch abseits superschneller Prestigestrecken profitieren verschiedene regionale Eisenbahnknoten von den Investitionsanstrengungen. Und sie haben es wirklich nötig.

Ein gewisser Stolz war nicht zu übersehen, als Lutz Winkler, Produktionschef der DB Netz AG in Sachsen, Sachsen-Anhalt und Thüringen, die Projekte am Dienstag vorstellte. Immerhin will man in den Jahren 2012 bis 2016 EU-, Bundes-, Landes- und Eigenmitteln in die Schienenwege der drei Länder pumpen, um die wirklich mehr als überholungsbedürftige Infrastruktur wieder einigermaßen auf Vordermann zu bringen. Dabei soll Mitteldeutschland weiterhin im Fokus bedeutender Investitionen in den Schienenverkehr stehen, so der Bahnmanager. Mit diesen Maßnahmen will man die Leistungsfähigkeit des Schienennetzes sowie der Eisenbahnknotenpunkte weiter erhöhen.

Bisher hat die Deutsche Bahn in den Jahren 2007 bis 2011 mehr als vier Milliarden Euro in die Modernisierung zahlreicher Eisenbahnknoten, Schienenwege und in die Ausstattung mit moderner elektronischer Stellwerkstechnik investiert. Das soll auch weiter so sein, wie Lutz Winkler bei einem Vortrag vor zahlreichen Medienvertretern betonte: „Wir setzen unsere Investitionsoffensive in Sachsen, Sachsen-Anhalt sowie in Thüringen auch in den nächsten Jahren unvermindert fort. Neben den Neubauprojekten läuft auch die Erneuerung des bestehenden Netzes, also die Modernisierung von Gleisen, Weichen, Oberleitungs-, Stellwerks- und Signaltechnik auf Hochtouren weiter.“

Weiter bezeichnete Winkler die Modernisierung des Netzes als „eine historische Chance“ für die gesamte Region, die die Bedeutung der künftigen, umweltfreundlichen Personen- und Güterverkehre auf der Schiene unterstreiche. Hinter der Abkürzung „VDE“ verbirgt sich laut Lutz Winkler eine große Chance für die Verkehrsinfrastruktur der neuen Länder. Vor allem die „Verkehrsprojekte Deutsche Einheit“ seien es, die einen erheblichen Modernisierungsschub für das komplexe Streckennetz in den drei Bundesländern mit sich gebracht hätten.

Lutz Winkler weiter: „Die Arbeiten an den zentralen VDE-Strecken sind Investitionsimpulse für die gesamte Region, denn sie gehen Hand in Hand mit der Modernisierung der umliegenden Knoten und Strecken.“ Und was wäre eine große Investitionskampagne ohne ein Leuchtturmprojekt, das beispielhaft für das ganze Unterfangen steht. So nannte Winkler als ein solches Vorzeigeobjekt die Neu- und Ausbaustrecke Berlin – Leipzig/Halle – Erfurt – Nürnberg („Codename“ VDE-8).

Der Manager: „Die Strecke wächst momentan Schritt für Schritt in das vorhandene Schienennetz und erfordert umfassende Modernisierungs- und Anpassungsarbeiten. Dazu gehören auch die benachbarten Eisenbahnknoten sowie die jeweiligen Zulaufstrecken.“

Große Investitionsanstrengungen werden zum Beispiel in den Aus- und Neubau der Eisenbahnknoten wie Erfurt, Leipzig, Dresden, Chemnitz, Magdeburg, Roßlau/Dessau oder Merseburg unternommen. Diese werden zum Beispiel vollständig erneuert. Eine große Anzahl an Nah- und Fernverkehrsstrecken wird schrittweise modernisiert und mit moderner Leit- und Sicherungstechnik ausgerüstet. Dazu gehören neben den Fernverkehrsstrecken Dresden – Leipzig, Dresden – Berlin oder der Saalebahn beispielsweise auch die Mitte-Deutschland-Verbindung mit den komplexen Bauarbeiten im Bereich Erfurt – Weimar oder Gößnitz – Glauchau-Schönbörnchen.

Auch auf der Sachsen-Franken-Magistrale wird in zahlreichen Abschnitten gebaut. Dazu gehört die Elektrifizierung zwischen Reichenbach und Hof, der Streckenausbau zwischen Hohenstein-Ernstthal und St. Egidien sowie die Modernisierung zwischen Altenburg und Paditz. Darüber hinaus sind zahlreiche Infrastrukturvorhaben derzeit in der Planung beziehungsweise in der konkreten Vorbereitung. Bei diesen Infrastrukturplanungen richtet sich die DB nach eigenem Bekunden auch an den prognostizierten Verkehrsströmen im Schienengüterverkehr aus.

Ein noch zu planender Güterverkehrskorridor soll mittel- und langfristig die Güterverkehrsstrecken aus den norddeutschen Seehäfen in Richtung Süden entlasten. Diese, so Winkler, seien in puncto Kapazität an ihrer Leistungsgrenze angelangt. Somit richtet sich der Blick der DB-Projektplaner noch weiter Richtung Osten. Lutz Winkler: „Genau vor diesem Hintergrund besteht auch in Zukunft weiterer Modernisierungsbedarf der Schienenwege in der gesamten Region Südost in Richtung Polen, Tschechien und Südosteuropa.“

Die DB räumt dem weiteren Aus- und Neubau von Eisenbahnknoten, Strecken und Stellwerken nicht nur eine enorme Bedeutung hinsichtlich des Verkehrs für die gesamte Region ein, sondern misst der Maßnahme auch in wirtschaftlicher Hinsicht einen hohen Stellenwert bei. So seien aktuell mehrere tausend Menschen direkt und indirekt auf den Baustellen der DB in den drei Bundesländern beschäftigt.

Lutz Winkler: „Wir haben dabei Wert darauf gelegt, dass viele regionale, mittelständische Unternehmen dabei als Subunternehmer in die Projekte eingebunden wurden.“ Einen Wermutstropfen musste Winker bei aller Euphorie in den Wein des voranschreitenden Netzausbaus gießen: „Ich weise aber auch darauf hin, dass die demografischen Veränderungen in der Region auch bei unseren strategischen Planungen Berücksichtigung finden müssen. Wir werden vor diesem Hintergrund jede Strecke, in die EU, Bundes-, Landes- und Eigenmittel investiert werden sollen, im Vorfeld genauestens auf das voraussichtlich zu erwartende Aufkommen an Personen und Gütern prüfen.“

(Matthias Weidemann / l-iz.de)