Bauhof: Abgesang auf eine anerkannte Einrichtung

von 18. April 2012

Noch herrscht Leben im Haus 33 der Franckeschen Stiftungen. Und das trotz Insolvenz der Jugendwerkstatt Bauhof. Seit 20 Jahren gibt es die soziale Einrichtung. „Das wäre eigentlich ein schöner Pressetermin“, sagte Frieder Weigmann von der Diakonie Mitteldeutschland. „Heute nun folgt der Abgesang auf eine anerkannte Einrichtung, die eine sehr erfolgreiche und preiswürdige Arbeit gemacht hat.“Doch das war einmal. Am 6. März ist die Jugendwerkstatt in die Insolvenz geschlittert. Es begann ein Hoffen und Bangen für die 56 Mitarbeiter und etwa 1.500 Klienten in den unterschiedlichen Projekten. Heute nun konnte trotz der Insolvenz die positive Nachricht überbracht werden, dass alle Projekte und 50 der 56 Mitarbeiter von anderen Trägern übernommen werden. Den Großteil der Integrations-, Nachhilfe- und Betreuungsprojekte übernehmen die Volkssolidarität Querfurt-Merseburg, die St. Johannis GmbH Bernburg und der Evangelische Kirchenkreis. „Sie bieten Gewähr für ein Nachhaltiges Weiterführen“, sagte Bauhof-Geschäftsführer Horst Koth.  Auch die Selbsthilfewerkstatt „Rat und Tat“ im Norden der Stadt wird es weiter geben, der bisherige Leiter macht sich mit der Einrichtung selbstständig. Daneben wird die Möbelbörse durch das Berufsbildungswerk übernommen, das die kostenlosen Angebote für Bedürftige weiterführt, allerdings am neuen Standort neben dem Salinemuseum. Wie lange es den Standort in den Franckeschen Stiftungen noch in der Form geben wird, ist unklar und hängt von der Etablierung der neuen Träger ab. Ein Teil der Projekte wird zumindest die kommenden zwei Jahre am jetzigen Standort fortgeführt, andere wanderen zu den Standorten der Träger.Insolvenzverwalter Prof. Dr. Lucas Flöther macht für den unumgänglichen Schritt der Insolvenz vor allem die verspätete Fördermittel-Zahlung verantwortlich. Auf 340.000 Euro belaufen sich die Forderungen an Stadt, Land und Europäische Union. Die werde er eintreiben, so Flöther, dazu sei er als Insolvenzverwalter auch verpflichtet. Flöther vergleicht die Situation mit einem Bauunternehmen, das auf Zahlungen für Bauprojekte warten muss und die Zeit mit Eigenmitteln überbrücken muss. Irgendwann seien die Eigenmittel aufgebraucht.Geschäftsführer Koth erklärte, teilweise warte man noch auf vertraglich garantierte Mittel aus dem Jahr 2008. Zu Zahlungsverzögerungen hat unter anderem der beanstandete Haushalt der Stadt geführt. Laut Koth habe das zuständige Dezernat zwar die Mittel freigegeben, nicht aber die Kämmerei. Durch die mit immer größerer Verspätung fließenden städtischen Mittel reichten auch die anderen Fördermittelgeber ihre Gelder immer später aus. Doch die größten Probleme hatte man mit dem Europäischen Flüchtlingsfond. „Wir mussten einfach handeln“, so Koth, „sonst hätte ich mich der Insolvenzverschleppung schuldig gemacht.“Für die jetzige Situation macht Frieder Weigmann von der Diakonie vor allem die Politik verantwortlich, die das Angebot von Jugendwerkstätten kaum noch unterstützt. „Das Problem ist, dass die Politik soziale Betriebe genauso ansieht wie wirtschaftliche“, ergänzte Bauhof-Chef Koth. „Das führt auf Dauer zum Niedergang der Sozialarbeit.“ Bei der Regelungswut der deutschen Behörden hätte Francke heute keine Chance mehr, meinte Koth abschließend.