Bericht über Opferhilfe nach Anschlag in Halle – Netzwerk sicherte viele Hilfsangebote ab

von 21. April 2020

Justizministerin Anne-Marie Keding: „Sachsen-Anhalt wurde am 9. Oktober 2019 mit einem Terroranschlag konfrontiert, der so vorher kaum in unserem Land vorstellbar war. Zwei Menschen starben, es gab Verletzte, viele wurden traumatisiert. Der jetzt vorliegende Bericht zeigt, dass den Opfern anschließend Hilfe aus vielen Bereichen der Gesellschaft zuteilwurde. Mein Dank gilt den vielen Helfern seitens der Polizei, der Behörden und von privaten Einrichtungen, die hier Hand in Hand zusammengearbeitet haben, um den Betroffenen zur Seite zu stehen. Der Bericht zeigt aber auch eine damalige Schwachstelle der Opferhilfe auf, es fehlte an einer zentralen Anlaufstelle im Land. Das hat sich seitdem geändert.“

Seit dem 1. Januar dieses Jahres hat das Ministerium für Justiz und Gleichstellung die zentrale Anlaufstelle für Opferberatung (ZALOB) eingerichtet. Die Besetzung der Stelle eines Landesopferbeauftragten wird gerade vorbereitet. Damit soll der reibungslose Ablauf einer Opferbetreuung in den Fällen abgesichert sein, die in die Zuständigkeit des Landes fallen.

Parallel dazu hat seit dem 1. Januar 2020 die bei der Generalstaatsanwaltschaft Naumburg errichtete zentrale Staatsschutzkontakt- und Staatsschutzkoordinierungsstelle für das Land Sachsen-Anhalt die Koordinierung und Zuweisung der Strafverfolgung bei Delikten aus dem Bereich der Hasskriminalität übernommen. In bedeutsamen Fällen werden die Ermittlungen dort direkt geführt.

Sozialministerin Grimm-Benne: „Der Anschlag in Halle hat gezeigt: Antisemitismus, Rassismus und Rechtsextremismus bedeuten eine reelle Gefahr für Menschen. Unsere Demokratie braucht mehr politische Bildung und mehr Präventionsarbeit, die frühzeitig ansetzt. Staat und Zivilgesellschaft müssen alles dafür tun, Rechtsextremismus, Rassismus und Antisemitismus den Boden zu entziehen.“

Zur Stärkung der Präventionsarbeit gegen Rechtsextremismus und Demokratiefeindlichkeit setzt das Ministerium für Arbeit, Soziales und Integration das Bundesprogramm „Demokratie leben“ sowie das Landesprogramm für Demokratie, Vielfalt und Weltoffenheit um. Der für das Landesprogramm eingerichtete zivilgesellschaftlich besetzte Beirat hat Empfehlungen zur Präventionsarbeit und Demokratiebildung gegen Rassismus, Antisemitismus und andere Formen gruppenbezogener Menschenfeindlichkeit erarbeitet, um zukünftige Anschläge zu vermeiden. Der Landtag hat auf dieser Grundlage für das Haushaltsjahr 2021 bereits mehr Haushaltsmittel zur Verfügung gestellt.

Die Betreuung der Opfer begann schon am Tag des Anschlags durch die Polizei (Land und Bund), die dafür besondere Strukturen einrichtete. Die Opferberatung des Sozialen Dienstes der Justiz war ebenfalls ab diesem Tag im Einsatz. Unmittelbar darauf wurde auch die Geschäftsstelle des Bundesopferschutzbeauftragten aktiv; in Zusammenarbeit mit dem Zentrum für Trauma- und Konfliktmanagement in Köln wurde durch psychosoziale Fachkräfte eine 24-Stunden-Hotline bereitgestellt.

Am 10. Oktober legte das Landesverwaltungsamt erste Maßnahmen zur Betreuung von Opfern und Hinterbliebenen im Rahmen des Opferentschädigungsgesetzes (OEG) fest und wurde dann Teil des Netzwerkes zur Opferbetreuung. Vier Opfer stellten Anträge auf Leistungen nach dem OEG.

Auch regional arbeitende Opferschutzverbände (Weißer Ring, Mobile Beratung für Opfer rechter Gewalt) beteiligten sich an den Maßnahmen.

Vordringliche Aufgabe war von Anfang an, mit allen bekannten zu betreuenden Personen in Kontakt zu treten und Hilfs- und Betreuungsangebote zu unterbreiten. Das war bis zum 23.Oktober 2019 gelungen.

Wichtig war die Vernetzung aller wesentlichen Akteure: Generalbundesanwalt, Polizei, Landesregierung, die Städte Halle und Landsberg, die Psychosoziale Notfallversorgung, Opferhilfeeinrichtungen, Bundesamt für Justiz, Spendenverwalter, Landesversorgungsamt, Sozialer Dienst der Justiz und die Unfallkasse. Nach Auskunft der Unfallkasse befanden sich bis zum 10.Dezember 2019 zehn Personen in einer Traumabehandlung.

Intensiv eingebracht hat sich auch der jüdische Wohlfahrtsverband ZWST bei der Betreuung und Begleitung der betroffenen Mitglieder der jüdischen Gemeinde.

Alle Betroffenen – Hinterbliebene, Verletzte, Augenzeugen – wurden vom Bundesopferschutzbeauftragten angeschrieben und über Hilfsangebote und die Möglichkeit eines persönlichen Gesprächs informiert.