Berufsschulfusion rückt näher

von 11. Mai 2010

In Halle wird es künftig wohl eine Berufsschule weniger geben. Zwar hat der Bildungsausschuss am Dienstagabend einem entsprechenden Vorschlag der Verwaltung noch nicht zugestimmt und die Vorlage zunächst als erste Lesung behandelt. Doch grundsätzlich deutete sich eine Zustimmung an. Schließlich sehen auch die Vertreter der beiden betroffenen Schulen die Fusion als eine Chance. Im Juni soll der Stadtrat nun den Fusionsbeschluss fassen, zuvor wird der Ausschuss noch einmal beraten. Und löst damit Zeitdruck aus. Denn schon zum Schuljahr 2010 / 2011 soll die Zusammenlegung erfolgen. Die Berufsbildende Schule II in der Gutjahrstraße soll aufgelöst und der BBS I "Max Eyth" in Neustadt zugeordnet werden. Der Standort in der Innenstadt bleibt aber als Zweigstelle erhalten. Hingegen will die Stadt die Schulstandorte Lettin und Heide-Nord dicht machen.

Hintergrund ist, dass aufgrund der sinkenden Berufsschülerzahlen an der Berufsbildenden "Gutjahr-Schule" (BbS II; Bautechnik und Handwerksberufe) die Grenze von 600 "fiktiven" Schülern im kommenden Berufsbildungsjahr erstmals unterschritten wird. Laut Planung wird sich die Zahlauf ca. 400 einpegeln. Zwar sind an der "Gutjahr-Schule" zurzeit 1.300 Berufsschüler angemeldet, jedoch werden die so genannten Teilzeitschüler nur mit 40% angerechnet.

Da zugleich der bisherige Schulleiter zum 31. Januar 2010 die "Gutjahr-Schule" verließ, wurde angesichts der sich abzeichnenden Bestandsgefährdung keine Neubesetzung dieser Position vorgenommen, der zurzeit amtierende stellv. Schulleiter, Rüdiger Bauch, wird die Berufsschule ebenfalls zum Ende des laufenden Berufsschuljahres am 31. Juli verlassen.

Die Verwaltung beabsichtigte bisher eine Fusion beider Berufsschulen unter dem Dach der BbS I "Max Eyth", wobei für das kommende Berufsschuljahr 2010/11 noch beide Standorte mit ihren Außenstellen im Grasnelkenweg und in der Kirchstraße weiter betrieben werden sollten. Bis zum Berufsschuljahr 2011/12 sollte dann eine mittel- und langfristige Standortentscheidung getroffen werden, mit dem Ziel der Reduzierung der Standorte durch Konzentration der Berufsfelder.

Die LINKE monierte als erstes, dass die Vorlage zur Fusion beider BbS erst vier Tage vor Sitzung des Ausschusses vorlag und beantragte, diese Sitzung als "erste Lesung" zu betrachten, was auch so beschlossen wurde. Ein Beschluss in der Stadtratssitzung am 26. Mai ist unmöglich. Dennoch machten die Vertreter aller sechs Fraktionen des Ausschusses deutlich, dass man die Fusion prinzipiell unterstütze. Durch die erst später mögliche Beschlussfassung in der Stadtratssitzung am 23. Juni ergeben sich allerdings Probleme. Der 23. Juni 2010 ist nämlich zugleich der letzte Berufsschultag. Das heißt, die Lehrer und Berufsschüler der "Gutjahr-Schule" erfahren erst zu Ferienbeginn, wie es im kommenden Berufsschuljahr weitergeht. Und das Landesverwaltungsamt kann die von Rat beschlossene Fusion immer noch ablehnen. Das birgt unter anderem das Risiko, dass die Genehmigung zur Berufsausbildung entzogen wird. Zwar könnte dann, wie gehabt, unterrichtet werden, aber ohne Genehmigung zur Berufsausbildung gibt es keine Zeugnisse, worauf Herr Kogge hinwies.

Gert Hildebrandt, Leiter des Schulverwaltungsamtes, führte aus, dass das Landesverwaltungsamt die Formulierung "Auflösung der Berufsbildenden Schulen II "Gutjahr" bemängelte und eine "Aufhebung und Schließung der Berufsbildenden Schulen II "Gutjahr" verlangte. Parallel hierzu sollen die bisher für die BbS II genehmigten Ausbildungsberufe und Bildungsgänge auf die BbS I "Max Eyth" erweitert werden. Begründet wurde dies durch das Landesverwaltungsamt damit, dass bei einer Fusion die Stelle des Schulleiters neu ausgeschrieben werden müsste, während die Stadtverwaltung die Beibehaltung der Leitung durch den derzeitigen Schulleiter der BbS I "Max Eyth", Herrn Schmidt, vorsieht. Im Falle einer Neuausschreibung würde die fusionierte BbS zunächst ohne Schulleiter dastehen, was angesichts der zu bewältigenden Aufgaben einer solchen Fusion nicht hinnehmbar sei.

Die "Aufhebung und Schließung" wäre der Untergang der mehr als 150 Jahre alten "Gutjahr"-Schule, aus der unter anderem 1870 die Malschule am Hansering hervorging, einem Vorläufer der Kunstgewerbeschule für Burg Giebichenstein, die 1922 von der Gutjahrschule abgetrennt wurde. Pikant: Erst im November 1996 wurde die Generalsanierung der "Gutjahr"-Schule nach fünf Jahren abgeschlossen.

Zugleich bedeutet dies, so auch die Auffassung der Personalvertretung und auch der Stadträte, dass mit "Aufhebung und Schließung" der Schule sämtliche Lehrer der "Gutjahr"-Schule an neue Einrichtungen versetzt werden müssten, was unter Umständen dazu führt, dass nicht alle Lehrer im kommenden Berufsschuljahr an der BbS I "Max Eyth" tätig sein könnten. Es bestehen Befürchtungen, dass einzelne Lehrer bis in den Raum Wittenberg pendeln müssten.

Herr Kogge betonte, dass in den bisherigen Verhandlungen mit dem Landesverwaltungsamt dies bislang kein Thema war, jedoch fragten sich die Stadträte, wieso das Landesverwaltungsamt die "Aufhebung und Schließung" der Schule verlange, ob hier nicht eventuell anderes dahinter stecke.

Die Stadträte wollen, dass beide Schulen gleichberechtigt verschmolzen werden. Deshalb wurde die Verwaltung beauftragt zu prüfen, ob der Stadtrat nicht doch einen Fusions-Beschluss fällen kann, ohne dass ihn das Land ablehnt. Zudem soll durch eine Umformulierung im Beschlusstext abgesichert werden, dass alle Bildungsgänge und das Personal erhalten bleiben.

In die Beschlussvorlage soll eine Klarstellung des Willens der Stadträte:
– Übernahme des Personals der aufzuhebenden und zu schließenden "Gutjahr-Schule" durch die BbS I "Max Eyth"
– Findung eines neuen Namens im Laufe des Berufsschuljahres 2011/12 durch die Gesamtkonferenz
aufgenommen werden.

Nun obliegt die Entscheidung über die Übernahme des Personals nicht dem Stadtrat sondern dem Landesverwaltungsamt, jedoch will man von der Behörde eine entsprechende Aussage oder Regelung.

Sowohl die Grünen als auch die LINKE und die FDP monierten, dass der Betreff "Schulentwicklungsplanung der Stadt Halle (Saale) für die Berufsbildenden Schulen im Zeitraum 2010/11 bis 2013/14" heißt, obwohl in den vergangenen Jahren diese noch nicht behandelt wurde. Herr Kogge führte aus, dass es sich um die derzeit mit dem Landesverwaltungsamt in Verhandlung befindliche mittelfristige Schulentwicklungsplanung handelt, die daher dem Stadtrat noch nicht vorgelegt wurde.

Seitens der Fraktionen wurde darauf hingewiesen, dass es nicht sein kann, dass erneut ad-hoc-Grundsatzentscheidungen über das Wohl-und-Wehe von Berufs- und allgemeinbildenden Schulen getroffen werden sollen, ohne dass es ein mittelfrsitiges Konzept gebe, auf das man sich stützen könne.

Herr Kogge sagte zu, da vor der nächsten Bildungsausschusssitzung das Gespräch mit dem Landesverwaltungsamt sei, dass den Stadträten der Entwurf der mittelfristigen Schulentwicklungsplanung für die Berufsbildenden Schulen mit vorgelegt wird.

Auch die Stadträte wollen, dass beide Schulen gleichberechtigt verschmolzen werden. Bei einer Schließung ist das Risiko größer, dass betroffene Lehrer versetzt werden können. Deshalb wurde die Verwaltung beauftragt zu prüfen, ob der Rat nicht doch einen Fusions-Beschluss fällen kann, ohne dass ihn das Land ablehnt. Zudem soll durch eine Umformulierung im Beschlusstext abgesichert werden, dass alle Bildungsgänge und das Personal erhalten bleiben.