Bilanz im Vorjahr: 19.500 Anträge, 2500 Abschiebungen

von 11. Januar 2017

Vor die Presse traten LVwA-Präsident Thomas Pleye und die Leiterin des für Asylfragen zuständigen Referats, Christine von Wagner. Grundlage für alle Entscheidungen im Asylverfahren sind die Aussagen des Bundesamtes für Migration und Flüchtlinge (BAMF). Ist der Antrag eines Asylbewerbers abgelehnt, ist die Vollziehung der Ausreise möglich. Dann ist viel zu organisieren: Pässe, medizinische Versorgung Polizeibegleitung und Transport. Oft werden die Abzuschiebenden jedoch nicht angetroffen. Weitere Abschiebehinderungsgründe sind möglich. Abschiebungen nach dem Dublin-Abkommen werden angekündigt. Die Herkunft des Asylsuchenden muss nicht geklärt werden, da das Land zuständig ist, in dem er zuerst registriert wurde. Der genaue Zeitpunkt aller anderen Abschiebungen wird nicht angekündigt, damit die Abzuschiebenden nicht abtauchen. Allerdings ahnen die Betroffenen in der Regel durch den Verlauf ihres Asylverfahrens, wann die Abschiebung droht.

Zentraler Punkt bei der Ausweisung aus Deutschland ist die Beschaffung entsprechender Pässe. Die Kooperationsbereitschaft der Herkunftsländer ist sehr unterschiedlich. Gut funktionierte die Zusammenarbeit zuletzt unter anderem mit dem afrikanischen Staat Benin. Auf diplomatischer Ebene wurde erreicht, dass sich Benin aktiv um seine Bürger kümmert. So soll nun auch mit Fingerabdrücken gearbeitet werden. Soll die Herkunft eines Asylbewerbers festgestellt werden, finden Sammelanhörungen statt. Dabei werden mehrere vermeintliche Bürger eines Staates eingeladen und von Fachleuten überprüft. 2016 gab es solche Anhörungen im ehemaligen Hotel „Maritim“ in Halle im Juni für Mali und Ende des Jahres für Benin. Am Beispiel von Benin erläuterte Pleye exemplarisch, wie solche Identitätsfindungen oft ablaufe: 54 Menschen waren eingeladen, 20 kamen, von denen 16 dem Benin zugeordnet werden konnten.

Die meisten Asylbewerber kamen in den letzten beiden Jahren aus Syrien, das durch den Einfluss radikaler Kräfte und einem Stellvertreterkrieg zahlreicher Großmächte in totales Chaos versunken ist. Die meisten Ausreisepflichtigen kamen aus Indien, wobei sich der Vollzug dort besonders schwierig gestaltete. Am 30. November 2016 waren 892 ausreisepflichtige Inder erfasst, davon 634 geduldet. Auf Rang 2 folgten Kosovaren: 397 ausreisepflichtig, 316 geduldet. Von Duldung ist die Rede, wenn die Abschiebung ausgesetzt ist. Gründe dafür gibt es viele. Oft geht es um fehlende Pässe, hinzu kommen gesundheitliche Gründe und so weiter und so fort. Mitunter sind es auch bundespolitische Erwägungen oder bestimmte Zeiten, zu denen etwa witterungsbedingt eine Abschiebung nicht möglich ist.

In der Gesamtschau der Asylsuchenden nach Herkunftsländern haben sich nach den beiden Spitzenplatzierungen Syrien und Afghanistan teilweise deutliche Veränderungen ergeben. So sind Albanien und der Kosovo 2016 aus den Top Ten der prozentual größten Gruppen verschwunden, während die Türkei und Russland dazugekommen sind. Indien ist auf Platz drei, der Iran auf Platz vier. Vom BAMF lagen 2016 folgende Entscheidungen für Sachsen-Anhalt vor: 38 politisch Verfolgte, 8880 Flüchtlinge gemäß der Genfer Flüchtlingskonvention (vorübergehender Schutz bis zum Ende der Schutzgründe wie zum Beispiel Krieg), 6383 Bewerber mit subsidiären Schutz, 1074 mit Abschiebehindernissen, 3967 mit Ablehnung, 2028 sonstige Verfahrenserledigungen und 6730 anhängige Verfahren. 2497 Abschiebungen wurden 2016 vollzogen. 1655 abgelehnte Asylbewerber gingen freiwillig, 842 Abschiebungen wurden zwangsweise vollzogen, davon 290 nach den Dublin-Kriterien.

Das BAMF hat seine Bearbeitungskapazitäten deutlich erhöht. Seit 3. März 2016 gibt es in Halberstadt ein Ankunftszentrum. Nach den Massenankünften um die Jahreswende 2015/2016 waren es Ende 2016 zwischen 400 und 450 Neuankömmlinge. Die Verfahren sind beschleunigt wurden. Nach offiziellen Angaben wird teilweise innerhalb von zwei Wochen entschieden. Gegen alle Entscheidungen können Flüchtlinge jedoch auch Rechtsmittel einlegen. Darauf hatte Sachsen-Anhalts Ministerpräsident Reiner Haseloff auch in der Hochzeit des Ansturms hingewiesen, als er indirekt für ein besseres Grenzregime plädierte, indem er sinngemäß sagte: Wenn sie erst einmal da sind, kann man sie schwer wieder aus dem Land bekommen.

Frank-Jürgen Weise, seit Herbst 2015 Präsident des BAMF und damit auf Bundesebene zuständig für die Einwanderungsverwaltung, zog, ebenfalls am Mittwoch, Bilanz und verabschiedete sich aus dem Amt. Das Fazit für die Zugänge aus dem nicht-europäischen Ausland: 51 Prozent sind arbeitslos, 42 Prozent im Hartz IV-Bezug, 16 Prozent haben Arbeit. „Das Fachkräftewunder ist ausgeblieben“, kommentierte Spiegel online die Zahlen. Auf etwa ein Drittel aller Fälle deutlich zugenommen haben auf Bundesebene die BAMF-Zahlen des „subsidiären Schutzes“, also eine Kategorie unter dem Flüchtlingstitel, mit der eine Aufenthaltserlaubnis für zunächst ein Jahr verbunden ist.