Bildung im Vorübergehen: Fritz Reuter

von 20. Januar 2016

Am Dienstag, 26. Januar 2016, um 15:30 Uhr, wird an der Fritz-Reuter-Straße / Ecke Schleiermacherstraße das Zusatzschild angebracht.

Fritz Reuter (1810-1874)

Am 7. November 1810 wurde Heinrich Ludwig Christian Friedrich Reuter in Stavenhagen (Mecklenburg-Schwerin) geboren als Sohn des Stavenhagener Bürgermeisters Georg Johann Reuter und seiner Frau Johanna,geb. Ölpke. Fritz Reuter erhielt zunächst Privatunterricht und begleitete seinen Vater auf dessenGeschäftsreisen. Mit 14 schickte ihn der Vater auf die „Gelehrtenschule“ nach Friedland, ab 1827 auf dasGymnasium in Parchim. Drei Jahre später begann er auf Wunsch des Vaters das Studium der Rechte in Rostock,das er im Jahr darauf in Jena fortsetzte. Hier schloss er sich wohl eher aus gesellschaftlichen als aus politischenGründen der Burschenschaft „Germania“ an, trat dann auch wieder aus, als diese von ihren Mitgliedern eineaktive politische Teilnahme forderte. Nach den Kämpfen zwischen den Burschenschaften und der Polizei inJena 1832/33 versuchte Reuter, sein Studium in Berlin, Halle oder Leipzig fortzusetzen. Überall wurde er jedochwegen seiner burschenschaftlichen Verbindung abgelehnt. Auf der Rückreise in seine Vaterstadt wurde FritzReuter am 31. Oktober 1833 in Berlin verhaftet. Im Jahr darauf erhielt er allein aufgrund seiner früherenMitgliedschaft in der „Germania“ sein Todesurteil und zugleich mit diesem das Begnadigungsschreiben desKönigs auf 30 Jahre Festungshaft. Die Haftzeit, welche später auf 8 Jahre reduziert wurde, verbrachte er inverschiedenen Gefängnissen u.a. in der Festung Magdeburg, welche während seines Aufenthalts dort wegengesundheitsgefährdender Verhältnisse geschlossen wurde. In der Festung Dömitz in Mecklenburg wurde FritzReuter schließlich 1840 aufgrund einer Amnestie freigelassen.

Nachdem ein weiterer Versuch, sein Studium in Heidelberg fortzusetzen erneut misslang, arbeitete Fritz Reuter
wieder auf Wunsch des Vaters auf einem mecklenburgischen Gut. Bereits in seiner Studentenzeit und während
der Festungshaft hat Reuter Gelegenheitsgedichte verfasst. Jetzt veröffentlichte er erste literarische Arbeiten,
darunter einen Entwurf für ein Drama, eine landwirtschaftliche Studie, drei politische Aufsätze. 1848 wurde
Fritz Reuter zum Deputierten des „Mecklenburgischen Städtetages“, später zum Landtagsabgeordneten inSchwerin gewählt. Der Versuch, ein eigenes landwirtschaftliches Gut zu pachten, blieb erfolglos, so dass er sich
1850 als Privatlehrer in Treptow niederließ und Turnen und Zeichnen unterrichtete.

Seinen Erfolg als plattdeutscher Dichter begründete Reuter 1853 mit der Veröffentlichung vonSchwankgedichten „Läuschen und Rimels“ im Eigenverlag. Von April 1855 bis März 1856 gab er das wöchentlicherscheinende „Unterhaltungsblatt für beide Mecklenburg und Pommern“ heraus. Im selben Jahr zog Reuternach Neubrandenburg, wo zunächst dramatische Werke entstanden, die aber keinen großen Erfolg hatten.
Seine Romane (u.a.) „Ut de Franzosentid“, „Ut mine Festungstid“, „Ut mine Stromtid“ und die Erzählung
„Hanne Nüte un de lütte Pudel“ brachten Reuter jedoch Ruhm über die Grenzen Mecklenburgs hinaus und
viele Ehrungen. Die Universität Rostock verlieh ihm die Ehrendoktorwürde.

1851 hatte Fritz Reuter die Pfarrerstochter Luise Kuntze geheiratet, 1863 zog das Ehepaar nach Eisenach. Im
Jahr darauf unternahmen sie eine längere Reise nach Konstantinopel, die später den Rahmen der Erzählung
„De meckelnbörgschen Montecchi und Capuletti oder De Reis‘ nah Konstantinopel“ bildete. An den politischen
Ereignissen im Entstehen des deutschen Nationalstaats nach 1866 nahm Reuter regen Anteil, auch wenn er ab
den frühen 70er Jahren von Krankheit geplagt war. Am 12. Juli 1874 starb Fritz Reuter infolge eines früher
erlittenen Schlaganfalls.

Fritz Reuters Ehe blieb kinderlos. Nach dem Tod des Schriftstellers verwaltete seine Witwe den Nachlass. Das
Stavenhagener Rathaus und seine Villa in Eisenach sind heute Fritz-Reuter-Museen. Mit seinen Werken hat er
die niederdeutsche Sprache einem breiten Publikum zugänglich gemacht und noch heute werden sie gelesen.

Quellen:
Heinz C. Christiansen: Fritz Reuter. Stuttgart, 1975.
Arnold Hückstädt: Wenn einer Augen hat zu sehen… Fritz Reuter. Sein Leben in Bildern und Texten. Rostock
1986.

Hintergrund zum Projekt „Bildung im Vorübergehen“:

Viele hallesche Straßen sind nach historischen Persönlichkeiten aus der Stadtgeschichte benannt,doch häufig wissen die Bürgerinnen und Bürger gar nicht, wer hier eigentlich geehrt wird. Deshalbstattet die Bürgerstiftung Halle im Rahmen des Projektes „Bildung im Vorübergehen“ seit Juli 2008monatlich eine Straße mit zusätzlichen Informationsschildern aus, die Auskunft über dieNamensgeberInnen der Straße geben. Die Initiatorin und „Anstifterin“ des Projektes, Dr. Ingeborgvon Lips, verbindet damit die Idee, Einwohnern und Besuchern der Stadt diese historischenPersönlichkeiten und ein Stück hallescher Stadtgeschichte näher zu bringen.

Das Vorhaben fand von Anfang an eine breite Resonanz in der halleschen Bevölkerung und weitdarüber hinaus. Alle ursprünglich von der BÜRGER.STIFTUNG.HALLE vorgeschlagenen Straßen undetliche weitere fanden innerhalb kurzer Zeit ihre „Schilderpaten“. Dabei melden sich nicht nurHallenserinnen und Hallenser, sondern auch Nachfahren, die z. T. selbst noch nie in Halle waren.Das Projekt wird durch die Bürgerstiftung Halle koordiniert und unterstützt durch den Grafiker BerndSchmidt, den Fachbereich Kultur der Stadt Halle, das Straßen- und Tiefbauamt Halle, das hallescheStadtarchiv sowie die Firma Horn Verkehrstechnik Halle.

Eine aktuelle Liste der bereits in Vorbereitung befindlichen Straßen ist unter
http://www.buergerstiftung-halle.de/bildung-im-voruebergehen/ abrufbar.