CDU, SPD, Linke … Arbeitsmarkt und Wahlkampf

von 17. Januar 2011

Der Wahlkampf in Sachsen-Anhalt läuft an. Und nun streiten sich auch die derzeitigen Koalitionspartner CDU und SPD.

Denn die Sozialdemokraten haben von Wirtschaftsminister Dr. Rainer Haseloff (CDU) mehr Ehrlichkeit bei der Bewertung der arbeitsmarktpolitischen Situation gefordert. Der Arbeitsmarktexperte der Landes-SPD, Andreas Steppuhn, warnte vor Beschönigungen und warf Haseloff vor, die Entwicklung am Arbeitsmarkt immer öfter besser darzustellen, als es die eigentliche Situation hergebt. Als Beispiel nannte Steppuhn den Rückgang der Arbeitslosigkeit. „Er ist im Wesentlichen auf den Rückgang des Erwerbspersonenpotentials aufgrund des demografischen Wandels zurückzuführen“. So ist die Arbeitslosigkeit in den Jahren 2009 und 2010 in Sachsen Anhalt zwar um 12 Prozent gesunken, die sozialversicherungspflichtige Beschäftigung aber nur um 1,2 Prozent gestiegen. Auch der Anteil der Langzeitarbeitslosen mit ca. 37 Prozent (ca. 43.000 Langzeitarbeitslose) ist in den letzten drei Jahren nahezu konstant geblieben. „Besonders kritisch ist, dass die Anzahl der prekären Arbeitsverhältnisse weiter stark ansteige", so Steppuhn. „Immer mehr Menschen arbeiteten zu Niedriglöhnen von den man nicht leben kann.“ Die Quote der sogenannten Aufstocker liegt in Sachsen-Anhalt gemessen an der Zahl der AlG II-Empfänger bei mittlerweile 28 Prozent, gemessen an der Zahl der Gesamtbeschäftigten-Anzahl bei 5,5 Prozent. Hinter Berlin ist das die zweithöchste Quote aller Bundesländer. „In dieser Situation ist die Einführung eines gesetzlichen Mindestlohnes Grundvoraussetzung dafür, die reale Einkommenssituation im unteren Bereich tatsächlich zu verbessern“, so Steppuhn. „Es ist an der Zeit, dass auch Haseloff und die CDU das anerkennen.“ Der SPD gehe es bei ihrer Kritik nicht darum, die Erfolge auf dem Arbeitsmarkt kleinzureden, sondern um eine ehrliche Analyse, so Steppuhn weiter. „Es ist wichtig, die Situation auf dem Arbeitsmarkt so zu beschreiben, wie sie sich wirklich darstellt und auch von den Menschen subjektiv wahrgenommen wird.“

Die arbeitsmarktpolitische Sprecherin der CDU-Landtagsfraktion, Brigitte Take, hat die Entwicklung am Arbeitsmarkt des Landes als „Jobwunder“ bezeichnet. Gleichzeitig wies sie Kritik von Teilen der SPD als „unsachlich und unverhältnismäßig“ zurück. „In Sachsen-Anhalt sind in den zurückliegenden Jahren nicht 80.000 Jobs durch Klassenkampfparolen neu entstanden. Vielmehr haben die positive wirtschaftliche Entwicklung und neue zukunftsfähige Investitionen dazu geführt, dass heute so viel Menschen in Lohn und Brot stehen, wie seit 1991 nicht mehr“, sagte Take. Sachsen-Anhalt sei es gelungen, in den zurückliegenden Jahren Spitzentechnologie anzusiedeln. „Wer mit offenen Augen durch das Land fährt, stößt überall auf moderne Produktionsanlagen. Diese Unternehmen brauchen hochqualifizierte Fachkräfte, die sie auch gut bezahlen. Wer immer nur von minderbezahlter Arbeit spricht, redet bewusst die Situation am Arbeitsmarkt in unserem Land schlecht. Das Gegenteil ist der Fall. Sachsen-Anhalt bietet moderne, zukunftsfähige und sichere Arbeit. Darüber hinaus hat sich seit Jahren die Einkommenssituation im Land ständig verbessert“, betonte Take. Der Forderung nach der Einführung von Mindestlöhnen erteilte Take eine Absage. Dem Arbeitsmarkt in Sachsen-Anhalt helfe es wenig, wenn man immer nur die Parolen der Bundesebene wiedergebe, so die CDU-Arbeitsmarktexpertin.

Zur Aufforderung des Arbeitsmarktpolitikers Andreas Steppuhn (SPD) an die Adresse von Minister Haseloff, die Situation auf dem Arbeitsmarkt nicht zu beschönigen, bemerkt die gewerkschaftspolitische Sprecherin der Fraktion Edeltraud Rogée: „Es mutet schon seltsam an – da ergeht sich Herr Stepphuhn am Wochenende in geharnischter Kritik an Minister Haseloff, und einen Tag später ist in einem Interview von Jens Bullerjahn in der Mitteldeutschen Zeitung nur zu vernehmen, wie klasse das alles in den letzten Jahren doch im Großen und Ganzen gelaufen sei. Das provoziert schon die Frage, ob die Herren Stepphuhn und Bullerjahn die gleiche Partei vertreten und sich auf die gleichen Analysen stützen. Im Übrigen ist darauf zu verweisen, dass die Linke immer wieder sehr beharrlich darauf hingewiesen hat, dass namentlich Herr Haseloff bei dieser Thematik viele Fakten unterschlägt: So hat der Chef der Arbeitsagentur Senius bereits im vergangenen Jahr sehr deutlich darauf verwiesen, die Entwicklung im Land gehe in erster Linie auf die demografische Entwicklung zurück, Arbeitslosigkeit nehme stärker ab, als Beschäftigung wachse. Herr Haseloff sagt auch nichts zu Einkommen in Sachsen-Anhalt, zum Spitzenplatz im Niedriglohnbereich, zu Armutsrisiken gerade bei Erwerbslosen, zu so genannten Aufstockern. All das findet bei Herrn Haseloff nicht statt, das ist eben weder „erfreulich“ noch „positiv“. Es gibt viele Wege und viele Vorschläge, den Arbeitsmarkt in Sachsen-Anhalt nachhaltig zu beleben. Allein – für den selbsternannten „Kümmerer“ Haseloff“ und die selbsternannte „Sachsen-Anhalt-Partei“ CDU sind ein gesetzlicher Mindestlohn, eine höhere Tarifanbindung oder öffentlich geförderte existenzsichernde Beschäftigung offenbar völlig uninteressant. Sollte das nicht irgendwann selbst der SPD und ganz besonders dem Kollegen Stepphuhn zu denken geben und endlich einmal über halbherzige Kritik hinausführen?“