Corona-Maßnahmen: Verhältnismäßigkeit einzelner Maßnahmen muss hinterfragt werden

von 29. Oktober 2020

„Angesichts der massiv steigenden Infektionszahlen sind verschärfte Maßnahmen zur Eindämmung der Pandemie unverzichtbar. Trotzdem darf die Konferenz der Ministerpräsident*innen ihre Kompetenzen gegenüber den gewählten Parlamenten nicht überschreiten. So, wie Bundeskanzlerin Angela Merkel eine Regierungserklärung im Bundestag zu der neuen Verordnung angekündigt hat, muss auch Ministerpräsident Haseloff den Dialog mit dem Landtag suchen. Wir bleiben bei unserer Forderung nach einer Sondersitzung des Landtages.

Die Landesregierung ist in der Pflicht, genauestens zu erklären, welche Maßnahme, warum und wann ergriffen wird. Andernfalls wird die Akzeptanz bei den Bürger*innen für die Maßnahmen schwinden.

Für uns ist klar: Die strenge Einhaltung der AHA-Regeln ist und bleibt das oberste Gebot. Allerdings muss die Verhältnismäßigkeit einzelner Maßnahmen hinterfragt werden. In einem gestern veröffentlichten Papier der Kassenärztlichen Bundesvereinigung mit Beteiligung zahlreicher Fachverbände werden die geplanten Verbote ausdrücklich kritisiert und darauf hingewiesen, dass die Maßnahmen für den Einzelnen nachvollziehbar sein müssen. Insbesondere die Kultureinrichtungen, das Gast- und Beherbergungsgewerbe, Sportvereine – die für Kinder und Jugendliche wichtig sind – und kleine sowie mittelständischen Unternehmen trifft der bevorstehende Lockdown hart. Sie brauchen unverzüglich Hilfszahlungen – vor allem dann, wenn die laufende Überbrückungshilfe zu einem Papiertiger verkommt. Das Land muss eine Bestandsgarantie für Gewerbetreibenden auflegen. Deshalb fordern wir ein bindungsloses Grundeinkommen für Soloselbständige und das Veranstaltungsgewerbe.

Ebenfalls problematisch an der Eindämmungsverordnung ist die totale Isolation bestimmter Personengruppen. Es ist höchste Zeit, Alternativen zu entwickeln, etwa Schleusensysteme für Altersheime und flächendeckende Tests und Nachbarschaftshilfen gegen die Vereinzelung. Auch hier sehen wir den Ministerpräsidenten in der Pflicht zu handeln und sich nicht auf der Eindämmungsverordnung auszuruhen.“