Debatten um Halles Haushalt

von 14. Oktober 2010

Noch immer zeichnet sich kein klares Bild zum Umgang der halleschen Stadträte mit dem Nachtragshaushalt ab. Gleich drei Ausschüsse hatten sich am Donnerstag mit dem Papier beschäftigt. Während die Mitglieder des Ordnungs- und Umweltausschusses bei einigen Enthaltungen sowohl dem Nachtragshaushalt als auch dem Konsolidierungskonzept zustimmten, waren die Verhältnisse im Sozialausschuss sowie im Wirtschaftsausschuss nicht so deutlich.

So gab der Wirtschaftsausschuss zwar dem Nachtragshaushalt mit 5 Ja-Stimmen und drei Enthaltungen sei OK zum Nachtragshaushalt, ließ aber das Haushaltskonsolidierungskonzept mit 6 Neinstimmen (je 1 Ja und Enthaltung) durchfallen. “Ich habe Bauschmerzen mit dem Plan”, meinte CDU-Stadtrat Lothar Dieringer. “Hier wird an der falschen Stelle gespart.” Die Wirtschaftsförderung sei ohnehin schon unterfinanziert. Sein Fraktionskollege Andreas Scholtyssek mahnte an, man müsse die wirtschaftliche Entwicklung der Stadt im Blick haben. Während die Steuereinnahmekraft im Landesdurchschnitt bei 471,67 Euro liege, seien es in Halle nur 419,12 pro Kopf. “Damit liegen wir noch hinter Dessau.” Er forderte deshalb eine aktive Ansiedlungsförderung, um die Einnahmen zu steigern. Höhere Grundsteuern wie aktuell geplant oder höhere Kosten der Oberflächenentwässerung würden dem durch steigende Nebenkosten entgegen wirken. Denis Häder vergleich die Streichung der Stadtmarketing-Gelder mit der Entlassung von Politessen: man sehe erstmal nur die Kosten, denka aber nicht an die positiven Effekte für das Stadtsäckel.

So ganz zufrieden mit den Sparauflagen von Oberbürgermeisterin Dagmar Szabados ist man auch in der Stadtverwaltung nicht. “Wir sind mit dem Budget nicht zufrieden”, sagte Heinz Friedrich Franke, Chef der halleschen Wirtschaftsförderung. Er forderte stattdessen mehr Planungssicherheit für seinen Bereich. Er erläuterte die Auswirkungen der jetzigen Sparauflagen. So stünde die Kongressförderung auf der Kippe, fallen tausende Euro bei Projekten der Metropolregion und bei Wirtschaftskontakten weg.

Erheblich treffen werden die Kürzungen im Wirtschaftsdezernat das Stadtmarketing. 100.000 Euro sollen hier wegfallen. Gespart werden wird deshalb wohl bei Messeauftritten, aber auch bei Veranstaltungen im der Stadt wie zum Beispiel bei den Händelfestspielen. Und das Loch etwas auszugleichen, will das Stadtmarketing künftig als Reiseveranstalter auftreten und konkrete Pakete für Halle-Besucher schnüren, zum Beispiel Übernachtung mit Restaurantbesuch und Theaterkarte zu dann günstigeren Konditionen. Mehreinnahmen von 30.000 Euro erhofft sich das SMG so durch Provisionen. Doch ansonsten ist klar, was die Kürzungen bedeuten: “Die Schlagzahl muss nach unten gesenkt werden”, so Tristan Preuk vom Stadtmarketing.

Erneut sinken soll der Zuschuss an den Bergzoo, um ganze 50.000 Euro. Das wunderte einige Ausschussmitglieder, hat doch der Zoo im letzten Jahr deutlich rote Zahlen geschrieben. Die Stadt hofft auf mehr Zuweisungen durch Dritte wie die Saalesparkasse, die schon in diesem Jahr mit 350.000 Euro unter die Arme griff. Der neue Gastronomie-Betreiber und das erneuerte Totenkopfäffchen-Haus sollen die Attraktivität des Zoos steigern. Des Ziel seien 350.000 bis 400.000 Gäste, sagte Wirtschaftsdezernent Wolfram Neumann. Er hoffe zudem weiterhin auf ein Restaurant in der Reil-Villa. Möglicherweise muss dazu aber noch einmal Geld in die Hand genommen werden.

Im Sozialausschuss fiel der Nachtragshaushalt mit fünf Ja- und fünf Nein-Stimmen durch. Gegen die Konsolidierung stimmten 8 Räte, es gab je eine Ja-Stimme und eine Enthaltung. Zuvor hatten sich einige Knackpunkte gezeigt. Ute Haupt (Linke) kritisierte die Kürzung im Bereich der Suchthilfe. 50.000 Euro will die Stadt 2011 weniger ausgeben als in diesem Jahr. Die Stadt verteidigte hingegen diesen Schritt. So drohen wegen geringerer Landeszuweisungen ab 2012 ohnehin Kürzungen. Nun wolle man die Träger darauf einstimmen. “Das kann ich überhaupt nicht verstehen”, meinte Gesine Haerting. Die Suchthilfe schütze vor späteren Kosten.

Kritik wurde auch an im Konsolidierungskonzept eingeplanten Mehreinnahmen von 1,3 Millionen Euro bei den Kosten der Unterkunft. Die werden möglicherweise so nicht kommen, Sozialreferent Norbert Böhnke sprach auch von einer Risiko-Position. Die Bundesregierung hat am Mittwoch eine geringere Beteiligung des Bundes bei Unterkunfts- und Heizkosten in ihrem Gesetzentwurf beschlossen, als die Stadt in ihrem Sparpaket erhofft. CDU-Rat Andreas Schachtschneider sprach von einem Wunschdenken der Verwaltung in Richtung Bundesrat. Das könne man nicht ernst nehmen. Das komplette Konsolidierung Konsolidierungskonzept kritisierte Sabine Wolff (Neues Forum). Die enthaltenen Summen seien nicht einhaltbar, die geplante Fördermittelkürzung von 25 Prozent in zwei Jahren “zu fett.”

Eine Kürzung von 25.000 Euro bei der SPI zur Betreibung der Pusteblume sorgte ebenfalls für Diskussionen. Mehrere Räte wollten wissen, ob denn dadurch Projekte gefährdet seien. Das Geld soll durch geringere Mietausgaben für das Nachbarschaftszentrum aufgebracht werden. Das ist eigentlich linke Tasche, rechte Tasche – ist doch die Stadt in Form des ZGM Eigentümer. Derzeit laufen Verhandlungen zwischen SPI und ZGM zur Mietsenkung. Sind diese von Erfolg gekrönt, können die Projekte fortgesetzt werden. Andernfalls droht eine Gefährdung, erläuterte SPI-Chef Michael Scherschel. Er kritisierte die Stadtverwaltung für ihre mangelhafte Informationspolitik, sprach von einem Kommunikationsproblem. Den ursprünglichen Vertrag zur Betreibung habe man mit dem Kulturbüro geschlossen, nun sei plötzlich das Sozialamt zuständig. Unklar ist noch, wie es ab 2011 weitergeht. Denn der Vertrag mit SPI läuft zum Jahresende aus. Im Dezember soll laut Norbert Böhnke eine neue Vorlage kommen. SPI soll das Nachbarschaftszentrum weiterhin betreuen, die Arbeit sei erfolgreich gewesen. Doch es läuft wohl auf eine weitere Zuschusssenkung hinaus.

In den vergangenen Tagen haben bereits mehrere weitere Ausschüsse den Haushalt behandelt. Der Sportausschuss stimmte dem Nachtrag zu, lehnte die Konsolidierung ab. Bildungs- und Planungsausschuss stimmten zu, der Kultur- und der Jugendhilfeausschuss versagten sowohl dem Nachtragshaushalt als auch der Konsolidierung ihre Zustimmung.