Der plötzliche Run aufs Bildungspaket

von 20. April 2011

Seit drei Wochen können Hartz IV-Empfänger für ihre Kinder Leistungen aus dem Bildungs- und Teilhabepaket beantragen, so unter anderem Kosten für Vereinsmitgliedschaften, Zuschüsse für Klassenfahrten und Schulmaterial oder das Mittagessen in der Schule. Bislang hatten die Bearbeiter in Jobcenter und Sozialamt wenig zu tun. Erst 700 Anträge waren bis Montag eingegangen, bei insgesamt 11.800 Berechtigten.

Doch die Medienberichterstattung über die schleppende Inanspruchnahme des Bildungspakets hat nun offenbar die Betroffenen doch aktiviert. Wie Sozialdezernent Tobias Kogge sagte, hätten sich die Zahlen verdoppelt. “Wir haben jetzt schon 1.500 Anträge”, so der Beigeordnete. Ursprünglich wäre die Antragsfrist für rückwirkende Zahlungen zum Monatsende ausgelaufen, nun soll die Frist offenbar um einen Monat verlängert werden. Dazu findet am Donnerstag ein Spitzengespräch mit der Bundesregierung statt. Wer seinen Antrag nicht rechtzeitig stellt, bekommt nachträglich kein Geld.

Einige Änderungen gehen nun mit der Gesetzgebung einher. So müssen Betroffene für ihre Kinder bei der Mittagsversorgung in der Schule nur einen Euro selbst bezahlen, die restlichen Kosten pro Mahlzeit übernimmt das Amt. Bislang hatte Halle einen freiwilligen Zuschuss von 85 Cent über den Halle-Pass bezahlt. Diese Leistungen wurden zum 1. April gestrichen, jetzt müssen entsprechende Anträge bei den zuständigen Behörden auf Übernahme der Kosten gestellt werden. Für Januar, Februar und März hatte Halle noch freiwillig den eigenen Zuschuss gezahlt. Chancen diese Ausgaben wiederzubekommen, weil ja das Bildungspaket rückwirkend zum 1. Januar gilt, hat die Stadt aber laut Kogge nicht. Die Eltern hingegen haben die Chance, auch für diese drei Monate rückwirkend Geld zu bekommen.

Erstaunlicherweise gilt die Übernahme der Mittagsversorgung nur für Schultage. Wenn Kinder also in den Ferien in den Hort gehen, müssen die Eltern hier das Mittagessen voll bezahlen. Auch über einige andere Regelungen herrscht noch Unklarheit. So will die Stadtverwaltung prüfen lassen, ob auch kostenpflichtige Freizeitaktivitäten im Hort über das Bildungspaket bezahlt werden können.