Designpreis Halle 2017 verliehen

von 24. Mai 2017

Die Gewinner des internationalen Designpreis Halle 2017 wurden im Rahmen der festlichen Eröffnung am 23. Mai vor 300 geladenen Gästen bekannt gegeben: Felix Vorreiter erhält für FLUX 1440 den mit 5.000 Euro dotierten ersten Preis. Der zweite Preis, dotiert mit 3.000 Euro, geht an Axel Schindlbeck für die Einreichung Albert Clock. Den mit 2.000 Euro dotierten dritten Preis erhält Charlotte Lengersdorf für ihren Entwurf agil.

Für den Designpreis Halle 2017 erhielten die Organisatoren insgesamt 375 Beiträge, so viele wie nie zuvor. Gestalterinnen und Gestalter aus 31 Ländern beteiligten sich, darunter aus Belgien, Frankreich, dem Iran, aus Israel, Kuba, Mexiko, den Niederlanden, aus Russland und den Vereinigten Staaten. Für die noch bis zum 11. Juni 2017 gezeigte Ausstellung nominierte eine Fachjury unter dem Vorsitz des Journalisten und Kritikers Thomas Edelmann im Vorfeld fünfzehn herausragende Werke, aus deren Mitte die Preisträgerarbeiten ausgezeichnet wurden.

Der alle drei Jahre vergebene und zum vierten Mal durchgeführte Wettbewerb wird durch den Designpreis Halle (Saale) e.V. ausgelobt. Ziel ist es, das Bewusstsein für exzellentes Design zu schärfen, jungen Designern einen Anreiz zu bieten, sich einem interessierten Publikum zu präsentieren und zudem zwischen Wirtschaft und Design zu vermitteln. Der Preis ist dabei auch ein Bekenntnis zur Stadt und macht diese als Standort einer vielfältigen innovativen Wirtschaft und Forschung sichtbar.

Preisträgerarbeiten

Die Jury des Designpreis Halle zeichnete in diesem Jahr drei Projekte aus, die sich dem Thema Zeit auf unterschiedliche Weise nähern: Ein künstlerisch-konzeptionelles Projekt der Zeitdarstellung, ein Produkt, das unsere Mitarbeit erfordert, um seine Funktion zu erfüllen und eine digitale Schrift, die auf Geschwindigkeit reagiert:

Erster Preis: FLUX 1440 von Felix Vorreiter

FLUX 1440 ist eine Uhr, deren Display die Uhrzeit durch Markierungen auf einem Band temporär sichtbar macht. Im Sekundentakt wird das laufende Band ein Stück weiter durch das Display gezogen. Einmal pro Minute sind die darauf platzierten Farbcodierungen für drei Sekunden so positioniert, dass aus dem Chaos der Markierungen die Uhrzeit ablesbar ist. Die Zeit wird physisch erfassbar durch die für einen Tag enorme Bandlänge von 1,2 Kilometern. Zugleich wird sie psychisch spürbar, weil eine Minute lang auf das Erscheinen der aktuellen Uhrzeit gewartet werden muss. Der Kommunikationsdesigner und Medienkünstler Felix Vorreiter (*1978) aus Karlsruhe beeindruckte die Jury mit seiner mechanisch-optischen Apparatur, die den Zeitverlauf in ein codiertes textiles Endlosband verwandelt. Vorreiter bindet handwerkliche Aspekte ebenso in sein Projekt ein, wie die filmische Darstellung. Schließlich spannt er sein über ein Kilometer langes Zeitband im Raum auf und schafft architektonische Bezüge. Sein Projekt spielt mit Präzision und Chaos und ironisiert unseren Blick auf die objektive Zeitdarstellung.

Zweiter Preis: Albert Clock von Axel Schindlbeck

Im Gegensatz zu normalen Uhren wird bei der Albert Clock von Axel Schindlbeck (*1981) die Uhrzeit nicht unmittelbar angezeigt. Es müssen kleine Rechenaufgaben gelöst werden, um die korrekten Stunden und Minuten zu ermitteln. Für die Berechnung der Uhrzeit kann der Nutzer zudem zwischen verschiedenen Schwierigkeitsstufen und Wechselfrequenzen wählen.

Die Jury des Designpreis Halle 2017würdigt die Albert Clock, da sie ein ebenso humorvolles wie intelligentes Objekt ist, welches unserer Aufmerksamkeit bedarf. Der selbständige Produktdesigner aus Marseille Schindlbeck schuf eine digitale Wand- oder Tischuhr, die dazu anregt, sich die aktuelle Uhrzeit selbst zu errechnen. Die Albert Clock fordert uns heraus, stellt uns vor Aufgaben. So gesehen nimmt sich die Uhr selbst Zeit, den aktuellen Zeitpunkt preiszugeben, was angesichts unserer immer „schnelleren Zeit” der Entschleunigung dienen kann. Dabei ist die Uhr nicht einfach eine simple Rechenkiste, sondern ein bis in die typografischen Details der Zifferndarstellung durchdachtes Objekt, das von einem Start-up unter Beteiligung des Designers produziert wird.

Dritter Preis: agil – entwurf einer interaktiven schrift von Charlotte Lengersdorf

Die Schrift agil von Charlotte Lengersdorf (*1992) zeigt die Entwicklung von statischen Buchstaben zu agilen, dynamischen Formen. Inspiriert von analoger Schrift, reagiert die agil interaktiv und wirkt mit zunehmender Schreibgeschwindigkeit abstrakter. Sie basiert auf der Analyse der Veränderungen einer Handschrift, die in verschiedenen Geschwindigkeitsphasen des Schreibvorgangs zu beobachten sind. Der mechanische Prozess des Tippens wird individualisiert – der Mensch als ein sich durch die Zeit bewegendes Individuum erkennbar.

Die Master-Studentin für Visual Communication und Graphic Design am Londoner Royal College of Art überzeugte die Jury mit ihrer digitalen Schrift, bei der Geschwindigkeit Differenz erzeugt. Auch bei Lengersdorfs Projekt spielt Interaktion eine wesentliche Rolle. Die seit den Zeiten der beweglichen Letter von Johannes Gutenberg statische Schrift kommt in Bewegung – schreibt man schnell genug, scheint sie in einen handschriftlichen Fluss zu geraten. agil beleuchtet eine bislang vernachlässigte Dimension der Schriftgestaltung.

Nominierte

Neben den Arbeiten der Preisträger sind in der Ausstellung auch die Arbeiten folgender Designerinnen und Designer vertreten:

  • María Marín de Buen aus Mexico City – Alternative Temporalities, Exploring the Visualization of Time

  • Kuesti Fraun aus Düsseldorf – BEN

  • Moritz Jähde aus Karlsruhe – Kalender mit speziellem Mechanismus

  • Isabel Cristina Gutierrez Jimenez aus Camagüey, Kuba – Void

  • Clemens Lauer und Max Guderian aus Karlsruhe – Zeitanzeige

  • Patrick Pal?i? aus Berlin – Es liegt was in der Luft

  • Martin Pless aus Halle (Saale) – LONDON BERLIN TOKYO

  • Lisa Marie Quester aus Halle (Saale) – 1059

  • Klemens Schillinger aus Wien – Element 79 – Aurum charts

  • Stefan Troendle aus München – RaumZeit

  • Bernhard Wilke aus Reutlingen – 30758400

  • Jan-Dirk Wolken aus Hamm – Gedenkschale aus Naturstein

Die Werke haben unter anderem Veränderungen in der Art und Qualität von Zeitmessung und -darstellung zum Thema. Doch auch das Aufhalten, Bewahren, Erinnern und Überformen der Gegenwart spielt vielfach eine Rolle. Wichtige Impulse stammen von künstlerischen Herangehensweisen, ebenso sind gestalterische Ideen aus dem Handwerk oder Film unter den Finalisten vertreten. Bei den höchst gegensätzlichen Entwürfen entstanden sowohl pragmatische Lösungen spezifischer Fragestellungen wie weitreichende poetische Vorschläge – oder gar die Mischung aus beidem.

Ausstellungsort 2017

Ehemaliges Gebäude der Physikalischen Chemie der Martin-Luther-Universität Halle-Wittenberg

Der Designpreis Halle wird in diesem Jahr im ehemaligen Gebäude der Physikalischen Chemie der Martin-Luther-Universität Halle-Wittenberg (Mühlpforte 1, Halle (Saale)) noch bis zum 11. Juni 2017 präsentiert.
Der Haupttrakt des Gebäudes wurde 1862/63 unter der Leitung von Bauinspektor Rudolf Steinbeck erbaut und 1893 durch einen L-förmigen Anbau am Nordgiebel erweitert. Das diesmalig ausgewählte Areal ist eng mit den naturwissenschaftlichen Sammlungen der Universität am Domplatz 4 verbunden.

Fachjury

In nahezu unveränderter Zusammensetzung begleitete eine Jury aus bekannten Designfachleuten den Wettbewerb: Tulga Beyerle ist Direktorin des Kunstgewerbemuseums Dresden. Der Unternehmer Nils Holger Moormann führt das bekannte, gleichnamige Möbelunternehmen. Ein besonderes Schwergewicht bilden Hochschullehrer: Prof. Volker Albus lehrt an der Hochschule für Gestaltung Karlsruhe, Prof. Axel Kufus an der Universität der Künste in Berlin. An der Burg Giebichenstein Kunsthochschule Halle lehren Prof. Axel Müller-Schöll und Kurator Prof. Vincenz Warnke. Den Kritiker und freien Journalisten Thomas Edelmann aus Hamburg wählte die Jury wie bereits 2014 zu ihrem Vorsitzenden.

Designpreis Halle

Der seit 2007 ausgelobte Wettbewerb wird durch den Verein Designpreis Halle (Saale) e.V. getragen, in dem sich Vertreter der regionalen Wirtschaft, der Stadt und der Burg Giebichenstein Kunsthochschule Halle engagieren.

Kurator Vincenz Warnke, Professor für Industriedesign an der Burg Giebichenstein Kunsthochschule Halle, wählt die Jury sowie das Thema aus und sucht in Halle (Saale) den Ort der Präsentation, die er mit seinem Team gestaltet.

Die Ausrichtung des Designwettbewerbs ist einzigartig und hat sich bewährt: Studierende und junge Profis aus verschiedenen gestalterischen Berufen sind aufgefordert, ihre Entwürfe zu einem Thema einzusenden, dessen inhaltlicher Rahmen bewusst weit gefasst wird. Themenkomplexe in den vorherigen Ausgaben waren „Strom“, „Reisen“ und „Wasser“.

Designpreis Halle 2017

Ort: Ehemaliges Gebäude der Physikalischen Chemie der Martin-Luther-Universität Halle-Wittenberg, Mühlpforte 1, 06108 Halle (Saale)

Ausstellungszeitraum: 24. Mai bis 11. Juni 2017

Öffnungszeiten: Mo bis Fr 14–19 Uhr, Sa und So 10–19 Uhr

Eintritt: Der Eintritt ist frei.

Veranstalter und Vorstand

Designpreis Halle (Saale) e.V. unter dem Vorsitz von Friedrich Weiss (Präsident), Wolfgang Stockert (Vizepräsident) undDr. Gerald Lange (Schatzmeister) Ernst-König-Str. 1,06108 Halle (Saale)

Förderer: Land Sachsen-Anhalt, Stadt Halle (Saale), Burg Giebichenstein Kunsthochschule Halle, Industrie- und Marketingclub Halle, Volksbank Halle (Saale) eG, Techniker Krankenkasse, Industrie- und Handelskammer Halle-Dessau, Handwerkskammer Halle (Saale), Innung der Gebäudedienstleister Sachsen-Anhalt Süd, Landesbetrieb „Bau- und Liegenschaftsmanagement Sachsen-Anhalt (BLSA)“, Zentralmagazin Naturwissenschaftlicher Sammlungen

Kurator:

Prof. Vincenz Warnke (Burg Giebichenstein Kunsthochschule Halle)

Jury 2017:

Prof. Volker Albus (Hochschule für Gestaltung Karlsruhe), Tulga Beyerle (Direktorin, Kunstgewerbemuseum Dresden), Juryvorsitz Thomas Edelmann (Kritiker und freier Journalist, Hamburg), Prof. Axel Kufus (Universität der Künste Berlin), Nils Holger Moormann (Unternehmer), Prof. Axel Müller-Schöll (Burg Giebichenstein Kunsthochschule Halle), Prof. Vincenz Warnke (Burg Giebichenstein Kunsthochschule Halle)

     
PP