Die Entscheidung des Landesverwaltungsamtes lässt die Hoffnung auf einen vernünftigen Hochwasserschutz in Halle schwinden

von 1. Oktober 2014

Die Mitglieder der IG Hochwasserschutz Altstadt Halle (Saale) bedauern diese Entscheidung außerordentlich, steht die Vorverlegung des Deiches doch im Widerspruch zu allen behördlichen Empfehlungen und EU-Richtlinien zum Hochwasserschutz. Obwohl umfangreiche Bedenken und Willensbekundungen von betroffenen Anwohnern, Hausbesitzern und Unternehmen, gleichfalls klare Positionierungen und Bedenken im Stadtrat gegen den neuen Deichverlauf vorlagen, werden mit dieser Entscheidung die Weichen zur Legitimierung einer fachlich fragwürdigen Entscheidung sowie des in 2013 überstürzten Baubeginns durch OB Dr. Wiegand gestellt.

Viele der 5000 Betroffenen in Altstadtlagen und weitere Anwohner umliegender Gemeinden fühlen sich durch die erteilte Genehmigung zum vorzeitigen Maßnahmebeginn brüskiert. In der Mitteilung des Landesverwaltungsamtes spricht man ” …von hohem öffentlichen Interesse. Ziel der Maßnahme ist der Schutz von Leben und Gesundheit des Menschen sowie die Unversehrtheit von öffentlichen und privaten Sachgütern.”. Der angeschobene Deichbau wird jedoch aufgrund der vorgezogenen Linie zu einem verschlechterten Hochwasserschutz genau in den Wohnlagen führen, die 2013 tatsächlich vom Hochwasser betroffen waren. Weiter verweist man in der Mitteilung der Behörde auf die im Rahmen der frühen Öffentlichkeitsarbeit durchgeführte abschließende Erörterung am 2. April in der Georg-Friedrich-Händel-Halle. Die IG-Mitglieder hatten im Frühjahr nicht den Eindruck, dass auf die zahlreichen Beschwerden und Einsprüche überhaupt eingegangen wurde. Ersichtlich wird dies auch aus den Unterlagen zur Feststellung einer eventuell notwendigen Umweltverträglichkeitsprüfung, die nach Meinung des Verwaltungsamtes nicht erforderlich sei. Der Deich verläuft gemäß neuer Planung zwar durch geschützte Biotope und die Saaleaue, das Gefährdungspotenzial wird dennoch als gering angesehen. Da auf Gut Gimritz während des Hochwassers 2013 nur die Tiefgarage im Wasser gestanden habe, sei zudem keine gravierende Beeinträchtigung von Menschen gegeben, so der LHW in seiner Stellungnahme zur Umweltverträglichkeitsprüfung. Der Blick der Behörde reichte leider nie bis in die Altstadt, wo zahlreiche Wohnungen unter Wasser standen. Alle von Bewohnern geäußerten kritischen Fragen und Fakten, fachliche Bedenken und private Widersprüche wurden durch die Planungsbehörde als nicht relevant abgewertet, alle Betroffenen in “Nicht-Betroffene” eingestuft.

Für den Hochwasserschutz von Alt- und Neustadt ist diese Situation kontraproduktiv. Nicht die Bürger, die die wenigen Möglichkeiten zum Hochwasserschutz einfordern, verhindern nun unter Umständen mit weiterem Widerspruch den zügigen Deichbau am Gimritzer Damm, sondern die Führungsspitze der Stadtverwaltung sowie zuständige Behörden mit ihrer Blockadehaltung. Zahlreiche Bürger, Stadträte und Experten haben auf differenzierte Lösungsmöglichkeiten und Konsensfähigkeit hingewiesen. Indem die zuständigen Entscheidungsträger den Hochwasserschutz für die Altstadt verschlechtern oder ausblenden, verhindern sie selbst wirkungsvoll einen reibungslosen Deichbau ohne jede gerichtliche Auseinandersetzung.

Das in dem überaus strittigen Projekt nun ein vorzeitiger Maßnahmebeginn beschieden wird, rundet das Bild zum Verhalten der beteiligten Behörden ab. Offenbar sollen weiter einfach Tatsachen geschaffen werden, statt mit Vernunft einen sinnvollen Hochwasserschutz mit und für die Menschen der Stadt zu entwickeln.

Die IG Hochwasserschutz wird sich auch weiterhin engagiert für einen vernünftigen und nachhaltigen Hochwasserschutz in der Region engagieren. Strukturierter, fachlich fundierter Hochwasserschutz erfordert zügiges Handeln und verantwortungsvolles Arbeiten in Netzwerken. Die Interessengemeinschaft hat sich am 18.September schriftlich an die Bundesumweltministerin Dr. Hendricks gewandt, um sich dort auch für Förderprogramme zu präventiven Hochwasserschutzmaßnahmen für Betroffene einzusetzen.

F.d. R.d.A.

IG Hochwasserschutz Altstadt Halle (Saale)

www.hochwasserschutzhalle.homepage.t-online.de