Ein Tag im Stadtrat von Halle (Saale) – Januar 2011

von 26. Januar 2011

Am Mittwoch tagte im Stadthaus am Markt der hallesche Stadtrat zu seiner ersten Sitzung des Jahres. Die Tagesordnung ist zwar nicht ganz so lang wie in den vergangenen Monaten, doch stehen einige durchaus kontroverse Themen an.

Doch zuvor schenkte die Stadtverwaltung ihr Gehör den Hallensern. Die wollen unter anderem, dass die Pestsäule am Uniring wieder in neuem Glanz erstrahlt. Der Hanseverein sammelt für das Denkmal aus dem Jahr 1455 Spenden und bat auch die Stadträte um finanzielle Hilfe.

Vorab gibt es wieder die Bürgerfragestunde.
Rainer Panse vom Peißnitzexpress berichtet von großen Schäden, die das Hochwasser an der 50 Jahre alten Parkeisenbahn hinterlassen hat. Immerhin die Loks habe man “buchstäblich in letzter Minute” retten können. Doch alle anderen Fahrzeuge und die Ausrüstung sind schwer beschädigt, teilweise hinüber. Man habe das Ziel, den Fahrbetrieb so schnell wie möglich aufzunehmen. “Wir haben mit den ersten Aufräumarbeiten begonnen”, so Panse. Am Samstag sei der erste große Arbeitseinsatz geplant. Verwaltung und Stadträte rief er auf, “alles zu unternehmen, damit die Bahn bald wieder rollen kann.” Oberbürgermeisterin Dagmar Szabados dankte zunächst dem Förderverein für die ehrenamtliche Arbeit. Sie verwies darauf, dass man derzeit alle Schäden des Hochwassers zusammenstelle. Man werde versuchen, die Bahn so schnell wie möglich flott zu bekommen. Doch man müsse Prioritäten setzen. Und da sei die Brunnengalerie in Neustadt wichtiger als die ehemalige Pioniereisenbahn.

Dorothea Dunst vom Ratswerder beklagte mangelnde Unterstützung der Stadt beim Hochwasser. Bereits 1994 sei man “abgesoffen”, 2003 habe man in einem nachbarschaftlichen Kraftakt einen Sandsackwall aus 2.000 Sandsäcken gebaut. Doch in diesem Jahr sei man von der Stadt völlig allein gelassen worden. An die Stadt gerichtet, fragte sie sich unter anderem, bei welchen Kriterien Katastrophenalarm ausgerufen wird. Sie soll nun eine schriftliche Antwort bekommen. Szabados wies darauf hin, dass man das Hochwasser genauestens auswerte. Für Wetterkapriolen könne ja niemand etwas, “oder doch” murmelte der Stadtratsvorsitzende Harald Bartl.

Dem Thema Grundschule Frohe Zukunft widmete sich Thomas Steger. Der Zustand sei desolat, einige Räume bereits gesperrt. Ein Acht-Punkte-Plan wurde vor drei Monaten zwischen Schule, Eltern und Verwaltung ausgerufen. Er sei froh über die ersten kleinen Maßnahmen, so Steger, auch wenn es nur kleine Notreparaturen sind. Eine mittelfristige Lösung sei das aber nicht. “Ein Umzug oder eine Sanierung sind dringend nötig”, so Steger. OB Szabados konnte berichten, dass man fest auf Efre-Fördermittel gesetzt habe. Doch man habe für die Grundschule keinen Zuschlag erhalten. Darüber sei man enttäuscht, weil man sich “schwer darauf verlassen” habe.

Einen Fragenkatalog an den “Staatsrat” hatte Heike Schreiber mit dabei. Warum keine Arbeitslosen zum Schneeschippen eingesetzt wurden, wieso überall Papier rumliegt, keine Kehrmaschinen im Einsatz sind, Autofahrer Radler abdrängeln, Autofahrer bei Rot und mit Handy am Ohr über Kreuzungen fahren – ihr soll nun schriftlich geantwortet werden.

In der Vogelsiedlung wohnt Bernd Dobratz. Doch sind die Straßen eng, die Fußwege noch enger. Und da beginnt das Problem. Jetzt im Winter würden Autos oft über den Fußweg ausweichen und den Schnee zu Eis festfahren, auch parken hier viele Autos auf dem schmalen Bürgersteig. Seine Forderung: eine verkehrsberuhigte Zone, also eine Spielstraße. Die Oberbürgermeisterin sagte eine Prüfung zu.

Siegrid Kamm sprach sich für den Erhalt des Thalia Theaters (“Kinder brauchen geistige Nahrung”), gegen eine Neubebauung am Ribbeckplatz (In Neustadt gebe es genug Leerstand) und für ein Ende des Streits Wiegand/Szabados aus. “Ich habe Achtung und Vertrauen zu ihnen. Aber wenn das so weitergeht…” Eine Sanierung des Riebeckhochhauses sei zu teuer gewesen, deshalb der Abriss, so Szabados. Über eine Neubebauung sei noch gar nicht entschieden worden. Zum Thalia ergänzte das Stadtoberhaupt, Halle habe ein breites Kulturangebot. “Es wird in Halle immer gutes Kinder- und Jugendtheater geben. Doch in welcher Konstellation ist eine andere Frage.” Szabados wies unter anderem auf die geringe Auslastung der halleschen Bühnen von 60 Prozent hin.

Debatten um Tagesordnung
Nun können die Stadträte in die reguläre Sitzung einsteigen. 47 Parlamentarier sind anwesend und beginnen nun ihre Debatte um die Tagesordnung. Zu Beginn wurde erst einmal kräftig abgesetzt. Der Antrag zur Durchsetzung der Barrierefreiheit wurde vertagt. Hier wird gefordert, dass künftig der Behindertenbeauftragte oder ein Vertreter jedes Bauvorhaben abnehmen und auf Barrierefreiheit prüfen könne.

Auch der SPD-Antrag zur Prüfung alternativer Umleitungsstrecken für die A 14 wurde vertagt. Die SPD hatte den Antrag gestellt, weil es bei Sperrungen der Autobahn, gerade auf der B 6 und der B 100, in Halle zu langen Staus kommt.

Abgesetzt wurde zudem der Grünen-Antrag zur Änderung der Schülerbeförderungssatzung. Denn noch nicht alle Ausschüsse haben darüber beraten. Die Grünen kritisieren mit ihren Antrag, dass Förderschüler, die nicht lesen und schreiben können, trotzdem mit dem ÖPNV fahren müssen und die Taxifahrt zur Schule nicht bezahlt bekommen. Man sei der „Meinung, dass Eltern, die ihre von diesen Voraussetzungen betroffenen Kinder allein dem ÖPNV in Halle überlassen, sich der groben Aufsichtspflichtverletzung schuldig machen würden. Somit sind die Eltern gezwungen, ihr Kind jeden Tag zur Schule zu bringen und es auch wieder zu holen, was Eltern, die einer geregelten Arbeit nachgehen, nicht möglich ist. Sie könnten sich gezwungen sehen, für sich selbst deutliche berufliche Nachteile oder für ihre Kinder eine Umschulung in eine weniger optimale Schulform in Kauf zunehmen, nur um einen sicheren Schulweg garantieren zu können. Dies ist weder akzeptabel noch vom Gesetzgeber intendiert“, kritisieren die Grünen im Antrag.

Auch ein Antrag zu Änderungen beim Halle-Pass wurde abgesetzt, weil Ausschüsse beraten müssen. Hier ist der Hintergrund die Hartz IV-Reform. Bislang zahlt die Stadt Halle Kindern aus Hartz IV-Familien durch den Halle-Pass für die Mittagsversorgung in Kitas und Schulen einen Zuschuss von 85 Cent pro Essen. Dieser Halle-Pass-Zuschuss entfällt künftig, weil es neue bundesgesetzliche Regelungen gibt. Demnach ist der Zuschuss nicht mehr freiwillig, sondern muss durch die Kommune getragen werden. Einen Euro zahlen künftig die Eltern selbst, bei einem durchschnittlichen Essenspreis von 2,18 Euro bleibt 1,18 Euro bei der Stadt.

Heftige Debatten gab es gleich in der Aufstellung der Tagesordnung zum Thalia Theater. Ulrike Wünscher (CDU) stellte den Antrag auf Nichtzuständigkeit für die beiden Anträge von Mitbürgern und Grünen und löste damit eine erste lange Debatte aus. Die Thematik sei ureigenste Aufgabe des Aufsichtsrates. “Ich finde es nicht gut, sich auf diesem Wege einfach davon zu machen und aus der Diskussion zu stehlen”, kritisierte Bodo Meerheim (Linke). Tom Wolter appellierte an den Rat, das Antragsrecht der Fraktionen nicht zu beschneiden. “Das ist ein wichtiges Thema”, erklärte FDP-Stadtrat Gerry Kley. Wer für den Antrag auf Nichtzuständigkeit sei habe nur keine Lust, das Thema öffentlich zu diskutieren. Er warnte davor, die Demokratie auf diese Weise auszuhöhlen. Gertrud Ewert (SPD) sprach von Populismus gegenüber allen Gegnern der Nichtzuständigkeit. Man habe die GmbH mit Aufsichtsrat genau deshalb gegründet, damit der Aufsichtsrat zuständig ist. Am Ende stimmten 22 Räte für die Nichtzuständigkeit (CDU, SPD, FDP-Rat Hans-Dieter Wöllenweber), 25 waren dagegen und zwei SPD-Räte enthielten sich bei der Absetzung des MitBürger-Antrags, die eine mögliche Ausgliederung prüfen lassen wollen. Der Antrag der Grünen, die den Aufsichtsratsbeschluss zur Schließung kippen wollen, bleibt ebenfalls auf der Tagesordnung, allerdings mit einem knapperen Ergebnis: 25 Ja, 26 Nein um die Nichtzuständigkeit. Später in der Sitzung werden also beide Anträge diskutiert.

Keine Mehrheit fand ein Dringlichkeitsantrag der MitBürger, Grünen und SPD zur Sicherung maroder Häuser. Die Stadt soll eine Prioritätenliste erstellen. Löblich sei es, sich des Themas anzunehmen, meinte CDU-Rat Werner Misch. Jedoch seien die Anforderungen für eine Dringlichkeit nicht gegeben. Nun kommt der Antrag nächsten Monat regulär auf die Tagesordnung und kann dann beraten werden.

Der Stadtratsvorsitzende Harald Bartl informierte noch über die nicht-öffentlichen Beschlüsse der letzten Sitzung, so über den geplanten Abschluss einer Konzession für Fernwärme.

Haushalt
Gleich als erster Punkt steht der städtische Haushalt auf der Tagesordnung. Die Verwaltung brachte das fast 1.000 Seiten dicke Papier zur Beratung ein, nun wird in den kommenden Wochen in den Ausschüssen darüber debattiert und um jeden Cent gefeilscht. Auf dem Papier steht zunächst ein erwartetes Defizit von 31,8 Millionen Euro. Das will die Stadt gern auf 19,5 Millionen drücken und hofft nun auf Vorschläge der Stadträte. Ende März, so plant es die Stadt, soll dann über den Etat für das laufende Jahr abgestimmt werden. “Ursprünglich lagen wir bei über 40 Millionen Euro”, gestand OB Szabados. Im Rahmen der Vordiskussionen mit den Dezernaten sei man davon heruntergekommen. Die Verwaltung wolle nun im Rahmen der Diskussion in den Ausschüssen konkrete Sparvorschläge unterbreiten. Das große Loch sei unter anderem durch Aufwüchse bei den Hilfen zur Erziehung und den Kosten der Unterkunft zustande gekommen. Gekürzt werden muss, Szabados hofft nicht zu sehr bei den Freiwilligen Leistungen, weil diese die Lebensqualität der Stadt ausmachen würden. Möglicherweise könnten die Winter- und Hochwasserschäden die Kosten noch einmal in die Höhe treiben. Trotzdem ist Szabados zuversichtlich. “Ich bin überzeugt in den nächsten Wochen einen Haushalt zu beschließen, der dafür sorgt, dass die Bordsteine nicht hochgeklappt werden.”

Deutliche Kritik übte Gerry Kley (FDP). Der Haushalt sei zu spät gekommen, und dann nicht einmal rechtskonform. Er kritisierte die fehlende Substanz des Etats. Die Verwaltung mit ihren 2.500 Mitarbeitern sei offenbar nicht in der Lage, einen ordentlichen Haushalt zu machen. Er habe einiges Sparpotenzial ausgemacht. Schon in der Vergangenheit sei deutlich geworden, dass Halle vieles mache wozu es nicht oder nicht mehr verpflichtet sei. Dass die Räte erst Montag den Haushalt bekommen hatten, führte Kley darauf zurück, dass man bei der Stadt eine Diskussion über das Zahlenwerk umgehen wollte. “Das ist kein vernünftiger Umgang mit dem Haushalt.”

Jetzt wird über den Haushalt in den verschiedenen Fachausschüssen beraten.

Deutscher Städtetag
Vom 3. bis 5. Mai 2011 findet in Stuttgart die 36. ordentliche Hauptversammlung des Deutschen Städtetages statt. CDU-Stadtrat Bernhard Bönisch und Linken-Stadtrat Hendrik Lange werden für Halle mit dabei sein, der Rat stimmte ohne Diskussion zu.

Satzung über das besondere Vorkaufsrecht im Fördergebiet "Infrastrukturprogramm/ Gewerbebestandsgebiet Halle-Ost"
Im halleschen Osten will die Stadt diverse Straßen sanieren, so die Reideburger und die Fiete-Schulze-Straße. Dafür bekommt die Stadt Fördermittel, allerdings sind die daran gebunden, dass das Gebiet 15 Jahre lang gewerblich genutzt wird. Fördervoraussetzung: Dauerarbeitsplätze vor allem im produzierenden und verarbeitenden Gewerbe müssen hier vorhanden sein oder neu entstehen. Deshalb will sich die Stadt nun per Satzung das Vorkaufsrecht für Grundstücke sichern, damit diese Grundstücke nicht anderweitig verkauft und genutzt werden. Die Vorlage wurde ebenfalls angenommen.

Bebauungsplan Nr. 70.1 Wohnbebauung Halle-Büschdorf, Bierrain/ Diemitzer Graben
Eigentlich war im Bebauungsplan ein Platz für ein kirchliches Gemeindezentrum vorgesehen. Doch die Kirche will nicht mehr bauen, dass Gelände stattdessen für Wohnnutzung zur Verfügung stellen. Dementsprechend soll der Bebauungsplan nun abgeändert werden. Diese Pläne werden nun öffentlich ausgelegt, beschloss der Stadtrat mehrheitlich.

Widerspruch Eigenbetrieb Kita
Um Kosten zu sparen, wollte die Stadt den Eigenbetrieb Kindertagesstätten in eine Anstalt öffentlichen Rechts umwandeln. Doch das Landesverwaltungsamt lehnte das ab, befürchtete statt Ersparnissen Mehrkosten. Gegen diese Beanstandungsverfügung hat die Stadt bereits Widerspruch eingelegt (wegen der Fristen). Nun hat der Stadtrat noch sein förmliches OK gegeben und dem Widerspruch zugestimmt. Gerry Kley fragte noch nach möglicher Zahlungen von Grunderwerbssteuer. Maximal 125.000 Euro seien laut Szabados fällig.

Förderung Nachbarschaftszentrum Pusteblume
Die Pusteblume in Halle-Neustadt kann vorerst weiter bestehen. Bis 2015 wird die Stadt den Träger SPI Soziale Stadt und Land Entwicklungsgesellschaft mbH maximal 50.000 Euro jährlich zur Verfügung stellen. Der Rat stimmt bis auf die FDP der Verwaltungsvorlage zu.

Resolution zur Neuordnung des Kreislaufwirtschafts- und Abfallrechts
Die Bundesregierung will das Abfallrecht ändern. Die teure Restmüll-Entsorgung verbliebe bei den Kommunen, gewerbliche Entsorger könnten sich auf die „lukrativen“ Müllbestandteile stürzen, die Geld bringen. Genau dagegen wenden sich viele Kommunen. Der Deutschen Städtetag, der Deutsche Landkreistag und der Deutsche Städte- und Gemeindebund haben deshalb eine Resolution gegen dieses „Rosinenpicken“ verabschiedet, befürchten Gebührenerhöhungen bei der Müllentsorgung. Der Rat folgte der Vorlage der Verwaltung, einzig die FDP stimmte nicht zu. Deren Fraktionsvorsitzender Gerry Kley hatte zuvor noch heftige Kritik geübt. Die Resolution ziele auf ein absolutes Monopol der kommunalen Versorger ab und schade dem Bürger durch hohe Gebühren. Wenn sich der Bürger bei gewissen Abfällen den Anbieter aussuchen könnte, würde der Preis sinken, so Kley. Werner Misch (CDU) warnte hingegen, dem Antrag nicht zuzustimmen. Denn dann würden höhere Müllgebühren drohen, weil sich die gewerblichen Firmen auf die lukrativen Müllbestandteile stürzen würden.

Beigeordnetenwahl
Am 23. Februar sollte der Stadtrat ursprünglich den neuen Beigeordneten für Planen und Bauen wählen. Sieben Bewerber gibt es dafür. Wegen des Rückzugs von Amtsinhaber Thomas Pohlack aus gesundheitlichen Gründen gab es einige Diskussionen, weil in der Ausschreibung davon die Rede war, dass sich auch der Amtsinhaber bewerben will. Aus diesem Grund wird die Wahl um einen Monat in den März verschoben, denn möglicherweise könnte der Satz ja weitere Bewerber abgeschreckt haben.

Erstellung eines Berichts auf Einhaltung der Gefahrenabwehrverordnung
Wie oft muss das Ordnungsamt zu Trinkerstandorten ausrücken? In wie vielen Fällen wurde eingegriffen? Die FDP will einen genauen Bericht. Der Antrag wurde angenommen.

Prüfung der dauerhaften Bestandssicherung des Thalia Theaters
Nun kann in das Thema des Tages eingestiegen werden, das Thalia Theater und seine Zukunft. Mehr als eine Stunde wurde darüber diskutiert. Der Antrag von Mitbürger/Neues Forum sieht vor, dass die Stadtverwaltung prüft, wie das Thalia Theater dauerhaft gesichert werden kann und ob die Einrichtung möglicherweise aus der Theater, Oper und Orchester GmbH Halle ausgelagert wird.
Es sei wichtig, dieses Angebot zu erhalten, so Denis Häder (Mitbürger für Halle). Mit dem Antrag wolle man eine ergebnisoffene Diskussion anstoßen und keine Festlegung, dass definitiv ausgegliedert wird. “Wir müssen das reiche Kulturangebot für Kinder und Jugendliche erhalten”, sagte er. Johannes Krause (SPD) stellte hingegen noch einmal die Zuständigkeit des Stadtrates in Frage. “Sonst haben wir ja 57 Aufsichtsräte.” Die Anträge (gemeint ist neben dem der MitBürger auch der anschließend folgende Grünen-Antrag) könne sie nicht nachvollziehen, sagte Anngret Bergner (CDU). OB Szabados wies daraufhin, dass der Rat mit der Ausgliederung gewisse Rechte an den Aufsichtsrat abgebe und deshalb nicht zuständig sei. Der Rat habe den Wirtschaftsplan verabschiedet und damit die Rahmenbedingungen vorgegeben. “Da ist nicht von mehr Geld die Rede.” Bezüglich des Grünen-Antrags, den im Aufsichtsrat gefassten Beschluss aufzuheben, sagte Szabados: “Hier wird von mir verlangt, dem Geschäftsführer eine Weisung zu erteilen, die GmbH in die Insolvenz zu führen.”

Wichtig sei es, für Kinder und Jugendliche Angebote der kulturellen Bildung vorzuhalten. “Doch dieses Angebot ist auch ohne Thalia Theater möglich”, erklärte CDU-Rat Werner Misch. Ein ehrlicher Kaufmann müsste laut Misch den Schlussstrich sofort ziehen. Eigentlich hätte die Schließung schon längst passieren müssen, weil die Stadt das Geld nicht habe. Inés Brock (Grüne) wies darauf hin, dass man ein eigenständiges Kinder- und Jugendtheater wolle, das auch einmal gegen den Strom antritt und experimentierfreudig sei. Gegen beide Anträge zum Erhalt und zur Ausgliederung stellte sich Bodo Meerheim (Linke). “Ich kann mir nicht vorstellen, dass die geschaffene Strukturlösung wieder aufgegeben wird”, sagte er. Bei Zustimmung des Grünen-Antrags würde man sich sogar strafbar machen, weil man so den Geschäftsführer zwinge die Gesellschaft an die Wand zu fahren.

Kritik in Richtung Grüne ließ Detlef Wend (SPD) los. “Am Ausschuss nicht teilzunehmen ist dümmlich.” Mit den dadurch folgenden Fragen und Debatten wolle er nicht belästigt werden. Grünen-Rätin Brock kam im Kulturausschuss erst später. Da war schon über die Nichtzuständigkeit abgestimmt worden. Wend wies darauf hin, dass es in Halle ein Überangebot an geistiger Nahrung gebe, der Teller werde nicht leer gegessen. Halle habe ein Überangebot, “das können wir uns nicht leisten.” Bernhard Bönisch (CDU) forderte von den Grünen, doch zu sagen wo stattdessen gespart werden soll. Gerry Kley (FDP) merkte an, dass die Diskussion um das Thalia wichtig sei, aber viel zu wenig über Inhalte diskutiert werden. “Es geht immer nur um Haus und Personal.”

Im Rahmen der Diskussion meldete sich auch GmbH-Chef Rolf Stiska zu Wort. Er sei verwundert und irritiert über die Anträge. Der Stadtrat habe selbst die Grundlagen mit Zuschussabsenkung geschaffen. Auch Mittel für Tariferhöhungen seien damals nicht eingeplant worden. Doch man schaue, wie man unter den gegebenen Bedingungen das reichhaltige Angebot erhalten kann. “Wir verhandeln mit Optimismus über einen Haustarifvertrag.” so Stiska. Die Mitarbeiter seien bereit auf 7,5 Prozent ihres Gehalts zu verzichten. Ab März soll der Haustarifvertrag in Kraft treten.
Anschließend wurde über den Antrag abgestimmt: nur Grüne und Mitbürger waren dafür, der Rest stimmte mit Nein. Es wird also keine Auslagerung geprüft.

Aufhebung des Beschlusses zur Schließung des Thalia-Theaters
Doch die Diskussion ist noch nicht beendet. Nun wird über den Grünen-Antrag weiter debattiert. Sie wollen mit ihrem Antrag Oberbürgermeisterin Dagmar Szabados auffordern, dass diese Kultur GmbH-Geschäftsführer Rolf Stiska anweisen soll, die vorgesehene Auflösung des Ensemble des Thalia Theaters und die Schließung der Spielstätte nicht durchzuführen. “Wir haben kein Überangebot”, sagte Dietmar Weihrich zu immer wieder von anderen Räten getätigten Aussagen, “sondern ein gutes, breites, qualitativ hochwertiges Angebot.” In der Oper Kaspertheater zu zeigen und das dann Kinder- und Jugendtheater nennen zu wollen, sei keine Lösung. Er sieht den Stadtrat durchaus als Gremium für einen solchen Beschluss, so eine weit reichende Entscheidung dürfe nicht “in abgehängten Zirkel” beraten werden und hier dann “dubiose Beschlüsse” gefasst werden. Die Schließung des Thalia bringe der Oper keinen einzigen Besucher mehr, meinte Inés Brock. Dafür ziehe man spätere Theatergänger mit dem Thalia heran. Doch all die Debatten, all das Werben half nichts. Auch dieser Antrag wurde mehrheitlich abgelehnt,

Schulwegsicherheit in Halle
Die Verwaltung soll einen Bericht über die Sicherheit der halleschen Schulwege vorlegen – und zwar für jede einzelne Schule inklusive Gefahrenstellen (außer Berufsschulen), so der Antrag der Grünen. Grund: Jeden zweiten Tag verunglückt ein Kind in Halle auf dem Schulweg. Dem Antrag wurde zugestimmt, nun wird die Verwaltung diesen Bericht ausarbeiten. Andreas Schachtschneider (CDU) warb angesichts des kürzlich tödlich verunglückten Jungen in Halle-Neustadt dafür, auch die Berufsschulen mit aufzunehmen.

Vorlage einer überarbeiteten Fortschreibung der Schulentwicklungsplanung
Im September soll die Stadtverwaltung eine überarbeitete Schulentwicklungsplanung für das Schuljahr 2012/13 vorlegen, heißt es im Antrag der Grünen. Dabei sollen nicht nur die Förderschulen in den Fokus genommen werden. Laut Grünen bestehe auch in anderen Bereichen Handlungsbedarf. So habe das Landesverwaltungsamt unter anderem eine Lösung für Südstadt- und Wolff-Gymnasium angemahnt. Beide Einrichtungen liegen mit ihren Schülerzahlen jeweils nur knapp über der Genehmigungsgrenze. “Das was die Verwaltung bisher vorgelegt hat ist dürftig”, so Oliver Paulsen (Grüne). Der Antrag wurde angenommen. Hendrik Lange (Linke) bedauerte allerdings die Verschiebung des Vorlagetermins auf September. Karamba Diaby sagte, man stimme dem Antrag zu, weil man das Thema Förderschulen breiter diskutieren möchte.

Ferienangebote für Kinder und Jugendliche
Theater, Bastelaktionen und vieles mehr gibt es in den Ferien. Damit die Eltern auch genau über die Angebote Bescheid wissen, soll die Stadt diese nun in Gänze auf ihrer Homepage veröffentlichen, schlagen die Grünen vor. Auch kommerzielle Angebote sollen hier einbezogen werden. Ziel sei eine “Erhöhung der Bürgerfreundlichkeit der städtischen Homepage”, so Inés Brock. Der Antrag wurde ebenfalls angenommen.

Jährliche Erstellung von Spenden- und Sponsoringberichten
Zum Beispiel für Veranstaltungen bekommen die Stadt oder Eigenbetriebe öfter auch Spenden von Unternehmen oder privaten Geldgebern. Die Grünen wollen nun eine genaue Auflistung. Außerdem sollen die städtischen Unternehmen sagen, welche Spenden sie leisten und welche sie empfangen haben. Dieser Antrag fand keine Mehrheit, wurde abgelehnt. Zuvor hatte Dietmar Weihrich noch einmal um Zustimmung geworben. Es gehe nicht um Misstrauen gegenüber den Firmenchefs, sondern um Transparenz.

Vorlage eines Werbekonzeptes
Für Plakatierungen in Halle ist die Deutsche Städte Medien GmbH (DSM) zuständig. Um künftig anstößige Werbungen auszuschließen, soll die Verwaltung bis Juni ein Werbekonzept vorlegen, so fordert es die Fraktion Mitbürger/Neues Forum. Die Verwaltung arbeitet bereits seit einem Jahr an einem solchen Konzept. Nun wird über den Antrag im Planung- und Wirtschaftsausschuss beraten.

Änderung der Abfallwirtschaftssatzung
Eigentlich dürfen Mülltonnen erst am Entsorgungstag ab 0 Uhr herausgestellt werden. Wer dagegen verstößt, dem droht ein Bußgeld. Diese starre Regelung will Denis Häder (Mitbürger) nun aufweichen. Demnach sollen Abfallbehälter von Oktober bis März schon ab 17 Uhr, in der Sommerperiode ab 20 Uhr des Vortages herausgestellt werden. Doch bevor entschieden wird, diskutiert erst einmal der Ordnungsausschuss. Allerdings gab es auch schon in der Ratssitzung Debatten und klare Aussagen. Denis Häder (Mitbürger) sagte, es wäre schön bei diesem Thema nicht dem Motto “Wir stehen früher auf” zu frönen. Auch Oberbürgermeisterin Dagmar Szabados hält eine Überprüfung der jetzigen Regelung für sinnvoll. Sie habe mehrere Briefe mit Beschwerden bekommen. “Es ist ein Problem.” Deshalb müsse schnell eine Lösung gefunden werden. Gerry Kley kritisierte, dass die Verwaltung die Zeiten nicht schon längst selbst angepasst hat. “Von einer vernünftig denkenden Verwaltung könnte man erwarten, das Problem durch Verwaltungshandeln schon selbst zu lösen.”

Prüfung einer Haushaltskonsolidierungsmaßnahme
Die Stadtverwaltung soll einmal prüfen, ob man die Gewinne der Sparkasse an die Stadt abführen und zur Haushaltskonsolidierung nutzen kann, schlagen die Grünen vor. Der Stadtrat stimmte zu, nun wird die Verwaltung demnächst (März) die Prüfergebnisse vorlegen. Dietmar Weihrich sagte, beim Durchschauen des Magdeburger Konsolidierungskonzepts sei ihm die Idee gekommen. Hendrik Lange sagte mit Blick auf die Wirtschaftskrise, die Banken hätten die Auflage möglichst viel Eigenkapital zu bilden, um durch Krisen möglichst schadlos hindurch zukommen. “Das ist ein wesentlicher Sicherheitsfaktor.” Doch der Prüfung stimmte auch seine Fraktion zu. Nur Teile von SPD und FDP stimmten dagegen.

Änderung der Zuständigkeitsordnung der Ausschüsse
Der Ausschuss für Wirtschaftsförderung soll umbenannt werden und mehr Aufgaben erhalten. So soll er künftig unter Ausschuss für Wirtschaftsförderung, Wissenschaft und Beschäftigung firmieren, schlagen die Grünen vor. Bei den Empfehlungsrechten sollen Angelegenheiten der Universität und der Hochschulen sowie Fragen der Wissenschaft und Forschung hinzukommen. Damit wird sich jetzt der Hauptausschuss befassen. Nun hofft OB Szabados, dass im Februar zugestimmt wird. Denn bei der Bewerbung um den Titel Stadt der Wissenschaft, will sie damit punkten. “Bisher hatten wir die Wissenschaft in keinem Ausschuss verortet.” Katja Raab (FDP) war der Meinung, dass wohl eher der Bildungsausschuss zuständig sei. “Sonst können wir den gleich in Schulgebäudeverwaltungsausschuss umbenennen, weil es gar nicht um Bildung geht.”

Prüfung der Erfolgsaussichten einer Klage
Die Stadt bekommt zu wenig Geld vom Land, darauf verweist Oberbürgermeisterin Dagmar Szabados immer wieder. Nun soll geprüft werden, ob eine Klage auf eine bessere Finanzausstattung Erfolg haben könnte, schlagen die Grünen vor. Der Stadtrat stimmte zu, im März will die Verwaltung über das Ergebnis ihrer Prüfung informieren. “Wir wollen das Land zwingen, die Stadt besser auszustatten”, so Dietmar Weihrich.

Prüfung der Anrechnung von Halle-Pass-Vergünstigungen auf Leistungen nach SGB II und SGB XII
Hartz IV-Empfänger erhalten mit dem Halle-Pass zahlreiche Vergünstigungen zum Beispiel in Museum. Doch auch Ermäßigungen bei der Mittagsverpflegung in Kitas und Schulen sind enthalten. Mit Blick auf die Hartz IV-Reform könnte das Auswirkungen auf Leistungen haben, befürchten die Linken und die Grünen. Und das sollte die Verwaltung am besten überprüfen. Nun muss sie es, denn der Antrag wurde angenommen.

Weiterentwicklung der Breitbandausbauziele
Schnelles Internet bewegt die Grünen. Auf ihren Antrag hin soll sich die Stadt zu dem in der Breitbandstrategie der Bundesregierung festgeschriebenen Ziel bekennen, bis 2014 für einen Großteil der Haushalte Breitbandkapazitäten von 50 MBit oder mehr erreicht zu haben. Die Verwaltung soll sich um Fördermittel bemühen und außerdem prüfen, ob nicht die Stadtwerke das Breitbandnetz in Halle ausbauen könnten. “Viele Straßen haben noch gar kein Internet”, beklagte Oliver Paulsen. Der Antrag wurde verwiesen in Wirtschafts-, Finanz- und Bildungsausschuss.

Berufung einer sachkundigen Einwohnerin in den Sozial-, Gesundheits- und Gleichstellungsausschuss
Gesine Haerting scheidet aus, Jeannette Drygalla wird Nachfolgerin. Antrag angenommen.

Umsetzung eines Mitgliedes der Fraktion im Jugendhilfeausschuss
Torsten Heinrich Pyka soll Stellvertreter für Heike Wiesner im Jugendhilfeausschuss werden. Eine Formalie, möchte man meinen. Doch Olaf Sieber (Linke) besteht auf eine geheime Wahl, was der Stadtratsvorsitzende mit den Worten kommentierte, “Herr Misch, Sie bekommen einen Nachfolger.” Sowohl im ersten, als auch im zweiten Wahlgang fiel Pyka anschließend durch. Im zweiten Wahlgang erhielt er 22 Ja- und 27 Nein-Stimmen. Drei Räte enthielten sich. CDU-Fraktionschef Bernhard Bönisch nannte die Entscheidung einen "schweren Affront gegen die CDU. Das ist ein absoluter Stilbruch gegenüber unseren Gepflogenheiten, ich bin schwer enttäuscht." Bönisch sagte, er vermute hinter der Entscheidung die Diffamierungskampagne gegen Pyka im vergangenen Jahr. Damals war von Verbindungen Pykas zu rechtsextremen Burschenschaften die Rede.

Mitteilungen
In den Mitteilungen informierte Oberbürgermeisterin Dagmar Szabados über die Bewerbung Halles als "Stadt der jungen Forscher". Außerdem berichtete sie von der Teilnahme der Saalestadt am BürgerForum 2011 der Bundesregierung. Im Rahmen dieser Reihe werden am 12. März 400 Hallenser in der Händelhalle diskutieren. Vor allem geht es darum, wie die Bürgerbeteiligung verbessert werden kann. Apropos Bürgerbeteiligung: Im Rahmen der Diskussion zur Marktplatzumgestaltung inklusive Zaun für Händel durften die Hallenser ja im Planungsausschuss vor zwei Wochen nicht mit diskutieren. Im Februar soll es aber nun eigens eine Bürgerversammlung dazu geben. Dann dürfen auch die Hallenser ihre Meinung sagen.

Anregungen
Olaf Sieber (Linke) beklagte sich über ungeräumte Radwege. Durch die auf die Wege geschobenen Schneehaufen habe man tagelang den Drahtesel nicht nutzen können. Zudem sei der Radweg in Dölau tagelang komplett vereist gewesen. Erstmals wurden in dieser Sitzung die Anträge mit einem Beamer an die Wand geworfen. Denis Häder wünschte sich hier eine Verbesserung. Daran arbeite man noch, so die Oberbürgermeisterin. Karamba Diaby regte an, künftig darauf zu achten, dass Neujahrsempfänge der Stadt und Ausschusssitzungen nicht aufeinander fallen.

Anfragen
Die Zukunft der Franzigmark beschäftigte Hendrik Lange, die Stadt will im Februar eine Vorlage einbringen. Swen Knöchel (Linke) stört es, das noch immer Plakate an Masten hängen, obwohl die entsprechenden Plakatkästen schon angebracht sind. Man wolle diesbezüglich auf den Vertragspartner DSM einwirken, erklärte Szabados. Andreas Scholtyssek (CDU) erkundigte sich nach dem Mehrschichtsystem bei städtischen Baustellen, damit es hier schneller voran gehe. Wie ein Bericht im HalleForum zeigt, ist das durchaus möglich. An der Gerbersaale gibt es wegen Bauverzug Sonderschichten. Dies sei laut Szabados eine Ausnahme. “Generell sollte man die Zeiten wegen des Lärmschutzes einhalten.” Prüfen will die Stadt Beobachtungen von Roland Hildebrand beim Abriss des Hauses Ludwig-Wucherer-Straße 70. Hier sei es im Umfeld zu Beschädigungen gekommen, unter anderem an einem Bau und Autos.

Straßenbeleuchtung
Zugestimmt hat der Stadtrat in nichtöffentlicher Sitzung der Übertragung der Straßenbeleuchtung an die EVH, wie zu erfahren war. Das Unternehmen soll nun für die rund 22.700 Lampen zuständig sein – die EVH will demnach sogar alle aus Spargründen abgeschalteten Laternen wieder anschalten. Rund 1,8 Millionen Euro will die EVH laut Vertragsentwurf in die Modernisierung der Beleuchtung stecken. So sollen Quecksilberdampflampen auf die moderneren Natriumdampflampen umgerüstet werden, was rund 1,5 Megawa