Ein Tag im Stadtrat von Halle (Saale) – Juni 2010

von 23. Juni 2010

Am Mittwochnachmittag tagte im Stadthaus der hallesche Stadtrat in seiner letzten Sitzung vor der Sommerpause. Los ging es wie immer mit der Einwohnerfragestunde. In den letzten Sitzungen blieb es meist ruhig, diesmal meldeten sich gleich mehrere Bürger zu Wort. Der hallesche Schriftsteller Tomas A.H. erklärte, dass die Stadt ihm “die Polizei auf den Hals gehetzt” hätte, weil er Plakate im Rahmen der Kulturhauptstadtbewerbung vor 6 Jahren drucken lassen wollte. Ebenso bemängelt er, dass die Stadt ihm eine Namensänderung verwehrt hätte. Dabei berufe man sich auf ein Hitler-Gesetz. „Wir müssen uns an Bundesgesetze halten“, so Oberbürgermeisterin Dagmar Szabados. „Wir können kein hallesches Landrecht ausrufen.“ Sie sagte aber noch einmal Gespräche der Ämter mit H. zu.

Eine Frau aus Halle-Ost klagte über den Fluglärm in ihrem Wohngebiet. 10 bis 20 Überflüge pro Nacht seien die Regel. Wie Bürgermeister Thomas Pohlack sagte, spreche sich die Stadt für eine gleichmäßige Nutzung beider Start- und Landebahnen aus. Derzeit würden Untersuchungen laufen. „Wir wollen wissen, was dagegen spricht.“ Zudem würden die Piloten gebrieft, die Flugkorridor über Halle nicht auszureizen. Das sich die Piloten daran nicht halten, ist aber nicht nur Anwohnern aufgefallen. „Ich habe es am Wochenende auch gehört“, so Pohlack.

Daniela Danz aus Kröllwitz findet den geplanten Hortneubau an der Petruskirche in Kröllwitz planerisch nicht gut. Sie beklagt, dass das gestalterische Ensemble an der Petruskirche durch den Neubau zerstört würde. Außerdem warf sie Intransparenz vor und übergab den Stadträten ein Schreiben mit Argumenten der Anwohner gegen das Bauvorhaben.

Hallore Ingo Kautz warb noch einmal darum, dem Antrag von CDU-Rat Lothar Dieringer zum Abriss des Saalhorns nicht zuzustimmen. „Wir waren froh, dass die Sicherung begonnen hat.“ Kautz wies auf einen FAZ-Artikel hin, in dem der Abriss-Antrag schon kritisch betrachtet wird.

Damit kann die Sitzung beginnen. Es sind 48 Stadträte anwesend. Und ein Streitfall aus der letzten Sitzung scheint sich fortzusetzen. Damals wurde Radio Corax der Mitschnitt von O-Tönen durch den schon obligatorischen Widerspruch von Stadtrat Werner Misch verboten. TV Halle durfte am Abend eben diese O-Töne senden. Eine Prüfung der Stadt ergab, dass dieses Vorgehen rechtens sei (HalleForum.de berichtete). Nun betraf es den MDR. Dem Team wurde das Filmen durch den Widerspruch von Werner Misch verboten. Das Rechtsamt verteidigte das Vorgehen in der Sitzung. Durch Aufnahmen werde das Recht auf freie Rede eingeschränkt, deshalb hätten ehrenamtliche Stadträte das Recht, die Aufnahmen bestimmter Medien unterbinden zu lassen. Das Drehteam reagierte ziemlich verärgert. Sie wollten eine Dokumentation drehen – im Mittelpunkt standen dabei Migranten in Deutschland. Mit Karamba Diaby sitzt einer von ihnen im Stadtrat. Der Film sollte in der ARD laufen. Das Vorgehen von Werner Misch sorgte auch CDU-intern für Unmut. Einige Räte der Partei hatten noch versucht, Misch umzustimmen. Ebenso SPD-Rat Johannes Krause. Oliver Paulsen (Grüne) sagte, das Vorgehen verstoße gegen den Gleichbehandlungsgrundsatz, „Wir können nicht ein Medium ausschließen.“ Alles ohne Erfolg. Misch blieb bei seinem Widerspruch. Sollte auch nur ein Rat Widerspruch einlegen, könnte auf diese Weise auch die Übertragung der Sitzungen durch TV Halle gestoppt werden.

Die Tagesordnungspunkte “Fortschreibung des Haushalts-Konsolidierungskonzeptes”, “Satzung über die Sondernutzung an öffentlichen Straßen in der Stadt Halle (Saale) (Sondernutzungssatzung)” und 5.5 “Satzung zur Änderung der Satzung über die Erhebung von Gebühren für die Sondernutzung an Straßen in der Stadt Halle (Saale) (Sondernutzungsgebührensatzung)” wurden abgesetzt. Die Beratungen in den Ausschüssen sind noch nicht abgeschlossen. Der FDP-Antrag zur Eingemeindung nach Halle wurde zurückgezogen. Hier zeichnete sich in den Ausschüssen ab, dass man sich unter den Stadträten auf kein gemeinsames Vorgehen einigen konnte.

Vor dem Einstieg in die Beratung der Tagesordnungspunkte gab der Stadtratsvorsitzende Harald Bartl noch die Beschlüsse der letzten nicht-öffentlichen Sitzung bekannt. So erhält der frühere Leopoldina-Präsident Volker Ter Meulen den Ehrenbecher der Stadt. Für knapp 2,2 Mio Euro wurden Leistungen der Schülerbeförderung vergeben.

Beschlussvorlagen

Haushalt
Einem Dringlichkeitsantrag zum Haushalt wurde zugestimmt. Statt der geplanten Kreditaufnahme von 7,4 Mio Euro dürfen nur noch 4,7 Mio Euro aufgenommen werden. Das ist eine Anordnung des Landesverwaltungsamtes zum Haushalt. Das fehlende Geld wird bei Projekten des Konjunkturpaketes eingespart. Erreicht wird dieses durch teilweise einfachere Bauausführung bei einigen Projekten. Das betrifft unter anderem Stadtbibliothek und Stadtmuseum. Szabados warb zuvor noch um Zustimmung. „Ich bin froh, dass das Landesverwaltungsamt den Haushalt nicht beanstandet hat. Jetzt können wir auf der investiven Seite weiterarbeiten.“

Entlastung der Mitglieder des Verwaltungsrates der BMA BeteiligungsManagementAnstalt
Halles diverse Beteiligungen an verschiedenen Unternehmen werden von der BMA überwacht und gemanagt. Der Stadtrat genehmigte in seiner Sitzung den Jahresabschluss. Außerdem wurde der Vorstand entlastet. Die Bilanzsumme beträgt 492.287,78 Euro. Betriebskostenzuschüsse in Höhe von 138.385,29 Euro wurden nicht verwendet und fließen in den städtischen Haushalt zurück.

Feststellung Jahresabschluss 2009 der Halleschen Wohnungsgesellschaft mbH
Da freut sich das Herz des Gesellschafters. Die HWG hat im letzten Jahr einen Jahresüberschuss von 11.678.021,81 Euro erwirtschaftet. 10,8 Millionen Euro davon fließen nun zur Konsolidierung in den städtischen Haushalt. Weitere 10 Prozent gehen in die satzungsmäßige Rücklage. Weitere 84.929,33 Euro werden als Gewinnvortrag auf das Geschäftsjahr 2010 vorgetragen. Der Stadtrat stimmte dem Jahresabschluss zu, zudem wurde Geschäftsführer Heinrich Wahlen entlastet.

Überörtliche Prüfung der Stadt Halle (Saale) mit dem Schwerpunkt “Zweckentsprechende Verwendung der Haushaltsmittel für die Fraktionsarbeit”
Die Fraktionen im Stadtrat sollen die Haushaltsmittel für die Fraktionsarbeit teilweise nicht zweckentsprechend und nicht wirtschaftlich eingesetzt haben. Das kritisierte der Landesrechnungshof. Die Prüfer kritisieren zudem, dass Fraktionsmitarbeiter gleichzeitig auch Stadträte sind. Insgesamt sei in Halle ein Einsparpotential von 120.000 Euro bei den Personalkosten der Fraktionen auszumachen, so der Landesrechnungshof in seinem Prüfbericht. Stadtrat und Verwaltung werden nun eine Antwort schicken. So ist man nicht einverstanden damit, dass der Landesrechnungshof die Fraktionskosten mit kleineren Städten vergleicht – schließlich hätten die halleschen Stadträte auch Aufgaben zu übernehmen, die woanders der Kreistag übernimmt. Die Antwort, die jetzt dem Landesrechnungshof zugeht, war in langen Sitzungen mit den Fraktionen aufgestellt worden. Formal musste der Stadtrat aber nun noch zustimmen, was er mehrheitlich tat.

Stellungnahme der Stadt Halle (Saale) zum Bericht des Landesrechnungshofes vom 08.12.2009 über die überörtliche Prüfung mit dem Schwerpunkt “Wirtschaftlichkeit von PPP-Projekten
Halle macht mit den PPP-Projekten im Schnitt ein Minus – das kritisierte der Landesrechnungshof. Auf 116 Seiten werden die Sanierungsprojekte auseinander gepflückt. Die Rechnungsprüfer rechnen gar mit Mehrkosten für die Stadt. Die Verwaltung selbst verteidigt in ihrer Antwort die Projekte als „alternativlos“. Nichts zu tun, sei viel unwirtschaftlicher. Es sei für „nachfolgende Generationen nicht verantwortbar, notwendige Investitionen zu unterlassen“, heißt es in dem Bericht.

Kritik kommt auch von Stadtrat Christoph Menn (Grüne), der das Vorgehen der Verwaltung als “intransparent” bezeichnete. Es habe Vorabsprachen gegeben. Das Vergabeverfahren sei undurchsichtig und nicht wirtschaftlich gewesen. Mit Rauschenbach sei der gleiche Wirtschaftsprüfer für die Untersuchung der Wirtschaftlichkeit beauftragt worden, der später auch die Ausschreibung begleitet hat. „Er hatte ein Interesse wegen der Folgeaufträge“, so Menn. Uwe Heft (Linke) sah es ähnlich. Hingegen verteidigte Johannes Krause (SPD) das Verfahren durchaus als transparent. „Die Räte hatten jederzeit die Möglichkeit, sich alle Informationen zu besorgen.“ Kritik an der Rechnungshofkritik übten OB Szabados und Finanzdezernent Egbert Geier. „Ich stehe zu dem Verfahren. Wir haben damit bundesweit Schule gemacht“, so Szabados. Und Geier merkte an, man könne für das hallesche PPP-Verfahren nicht solche Kriterien ansetzen als wäre PPP gängige Praxis. „Dabei ist es ein bundesweiter Modellversuch.“ Nach einer längeren Debatte pro und contra stimmte mehrheitlich zu, dass die städtische Stellungnahme nun an den Landesrechnungshof geschickt wird. Gegenstimmen gab es von den Grünen und von Teilen der Linken.

Änderung der Satzung der Stiftung Hospital St. Cyriaci et Antonii zu Halle an der Saale
Die Cyriaci-Satzung soll so geändert werden, dass die Oberbürgermeisterin einen Sitz im Aufsichtsrat der Stiftung wahrnehmen kann. Das geht bislang nicht, weil die Satzung nur zwei Sitzung für Beigeordnete vorsieht, die Oberbürgermeisterin allerdings zu diesem Kreis nicht zählt. Der Vorlage wurde zugestimmt.

Wohngebiet am Sophienhafen
Das verlotterte Gebiet an der Nordwestseite der Salinespitze soll aufgewertet werden. Hier soll ein neues Wohngebiet entstehen. Damit das Vorhaben auch starten kann, stimmte der Stadtrat dem Vorabwägungsbeschluss für den Bebauungsplan zu. Die Unterlagen werden nun öffentlich ausgelegt. Außerdem wurde mit dem Stadtratsbeschluss der Änderung des Geltungsbereichs zugestimmt.

Bebauungsplan Nr. 140.2 “Dölau, Wohngebiet Alfred-Oelßner-Straße”
Einst war in der Alfred-Oelßner-Straße der Bau eines Supermarktes geplant. Dafür gab es im Stadtrat keine Mehrheit. Nun soll auf der Fläche ein kleines Wohngebiet entstehen. Der Bebauungsplan wird nun öffentlich ausgelegt, der Geltungsbereich geändert. Vom Rat gab es dafür eine Mehrheit. Die Stadt rechnet indes für das Gelände mit Verkaufserlösen von mindestens 400.000 Euro. Das Geld ist für die Stadionfinanzierung bestimmt.

Beabsichtigte Einziehung des Parkplatzes Alte Heerstraße
Der Abriss von Plattenbauten im Süden der Stadt schreitet voran. Straßen und Parkplätze werden deshalb teilweise nicht mehr gebraucht. Das trifft nun auch den Parkplatz in der Alten Heerstraße. Er soll eingezogen werden. Das muss die Stadt im Amtsblatt bekannt machen, anschließend haben die Bürger noch Zeit, gegen den Rückbau des Parkplatzes Einspruch zu erheben. Der Rat stimmte der Verfahrensweise zu.

Wirtschaftsplan 2010/2011 der Theater, Oper und Orchester GmbH Halle
Nun stand der Wirtschaftsplan der städtischen Bühnen auf der Tagesordnung. Und das Geld reicht nicht aus. 29,9 Mio. Euro für Personal, 6,3 Mio. Euro für Sachkosten und Abschreibungen in Höhe 1,8 Mio. sind für die im August beginnende Spielzeit vorgesehen. Vorgesehen sind an Einnahmen die städtischen Zuschüsse von 34,3 Mio. Euro, Umsatzerlöse von 2,6 Mio. Euro und sonstige betriebliche Erlöse von 700.000 Euro. Der geplante Jahresfehlbetrag: 350.000 Euro. Der Stadtrat stimmte der Vorlage zu.

Papierlose Stadtratsarbeit
In einem Pilotprojekt will ein Teil der Stadträte von Papier auf Digital umstellen. 126.000 Euro soll der Kauf von Laptops kosten. Vor allem die kleinen Ratsfraktionen sind für die neuen Medien. Grüne und FDP haben für Räte und Fraktionsmitarbeiter je 8 Laptops geordert, die MitBürger 7, Linke und CDU je 6 und die SPD 2. Außerdem sind drei Laptops für das OB-Büro, 10 für die Dezernate und 4 für die Geschäftsstelle des Stadtrates vorgesehen. Bevor es zur Abstimmung ging, merkte Oliver Paulsen von den Grünen an, dass die angeschafften Laptops nur leihweise ausgehändigt werden sollen und kein Luxusgeschenk darstellen. Ziel sei es, Geld und Ressourcen einzusparen.
Keine Mehrheit fand ein Antrag der CDU, wonach es nur für Räte UMTS-Karten gibt, die zuhause keinen Internetanschluss haben.

Schulentwicklungsplanung der Stadt Halle (Saale) für die Berufsbildenden Schulen für das Schuljahr 2010/11
Wegen sinkender Schülerzahlen steht die Berufsschullandschaft vor dem Umbruch. Die Berufsbildende Schule II in der Gutjahrstraße soll mit der BBS I “Max Eyth” in Neustadt fusionieren. Die beiden Nebenstandorte Lettin und Heide-Nord werden geschlossen. Katja Raab (FDP) erklärte, ihre Fraktion werde die Vorlage ablehnen. Man halte die Intention zwar für richtig. Doch gehe die Umsetzung nicht weit genug. Geprüft werden solle die Schließung einer weiteren Berufsschule. Dieser Antrag der FDP fand aber in den Ausschüssen keine Mehrheit, weshalb die Liberalen nun der gesamten Vorlage nicht zustimmen wollen. Alle anderen Ratsfraktionen gaben hingegen ihr OK.

Namensgebung einer schulischen Einrichtung
Die Grundschule Seebener Straße bekommt einen neuen Namen. Ab dem neuen Schuljahr heißt sie Grundschule Hans Christian Andersen.

Umsetzungsbeschluss zur Übertragung des Technischen Halloren- und Salinemuseums in freie Trägerschaft
Der Verein „Hallesches Salinemuseum“ der Salzwirkerbrüderschaft im Thale zu Halle soll ab dem 1. August für das Salinemuseum verantwortlich sein. Von der Stadt gibt es dafür in diesem Jahr Zuschüsse von 265.000 Euro. Im nächsten Jahr fließen 600.000 Euro. Weil der Förderverein nun auch die Mitgliedschaft von Frauen zulässt, hatte sich ein Antrag der Grünen erledigt.
Zurückgezogen wurde ein Änderungsantrag der CDU. Demnach sollte für die Konzipierung einer neuen Ausstellung im Museum ein Kurator eingestellt werden. Die Gelder sollten aus dem Bereich Graffiti-Beseitigung abgezogen werden. Zuvor hatte Oberbürgermeisterin Szabados an die Christdemokraten appelliert, ihren Antrag zurückzuziehen. Zugleich sicherte sie zu, zu beobachten ob möglicherweise doch noch ein Kurator nötig sein sollte. Diese Stelle wolle sie aber haushaltsneutral besetzen. Am Ende stimmte der Rat mehrheitlich der Übertragung an die Salzwirker zu. Die Linken stimmten dagegen. Die Konstruktion sei sehr wagemutig für den Träger und enthalte zu viele Risiken. „Wir wollen nicht verantwortlich sein wenn es in die Hose geht“, so Bodo Meerheim.

Wiedervorlagen

Gestaltung privater Parkplätze in Bebauungslücken
Immer wieder werden in Halle alte Häuser abgerissen und in den Baulücken Schotterparkplätze geschaffen. Sieht nicht schön aus, findet die SPD. Künftig sollen derartige Plätze nur noch genehmigt werden, wenn die Grundstücke mit „qualitätvollen“ Abgrenzungen (zum Beispiel Mauern) zur Straße hin abgeschlossen sind. Der Stadtrat stimmte dieser Vorlage mit einigen Nein-Stimmen und Enthaltungen zu. „Das ist ein wichtiges Thema, vor allem für die Altstadt“, erklärte Lisa Krausbeck (Grüne) in der Debatte. Zum einen sehe es nicht hübsch aus, zum anderen verursachten die Parkflächen einen Park-Such-Verkehr in der Altstadt. Ablehnung signalisierte die FDP. Hier werde in privates Eigentum eingegriffen, erklärte Gerry Kley. Oberbürgermeisterin Szabados entgegnete, Eigentum verpflichte auch. Verwilderte Baulücken seien durch ihre Außenwirkung Image schädigend für die Stadt.

Umsetzung des EU-Schulobstprogramms
Damit Grundschüler täglich frisches Obst bekommen, soll Halle laut Antrag der Grünen beim EU-Programm mitmachen. Die Stadtverwaltung soll beauftragt werden, sich um eine entsprechende Finanzierung über EU- und Landes-Mittel zu bewerben. „Erledigt“, sagte die Stadt. Man habe sich schon darum gekümmert. 21 Grundschulen und 5 Förderschulen machen mit. Der Antrag wurde deshalb als erledigt betrachtet. Auch eine Nachfrage von Oliver Paulsen (Grüne), warum nicht alle Schulen mitmachen, konnte Sozialdezernent Tobias Kogge keine Antwort geben.

Umsetzung des Stadtratsbeschlusses gegen ausbeuterische Kinderarbeit
Vor drei Jahren hatte sich der Stadtrat zwar gegen Kinderarbeit ausgesprochen. Doch Beschluss und Kontrolle sind was anderes. Deshalb wollen die Grünen nun bei Verträgen auch ein Zertifikat einfordern, das Unternehmen vorlegen müssen, wenn sie mit der Stadt einen Vertrag abschließen wollen. „Global denken, lokal handeln“, merkte Ines Brock (Grüne) an. Die Vorlage wurde angenommen.

Bestellung einer Seniorenbeauftragten
Weil die Bevölkerung in Halle immer älter wird, soll es künftig in Halle einen festen Ansprechpartner für Senioren geben. Die CDU fordert einen hauptamtlichen Seniorenbeauftragten. Das sah die Mehrheit der anwesenden Stadträte ebenso und nahm die Vorlage an. Laut Szabados, die einen solchen Ansprechpartner für Senioren für wichtig hält, gebe es durch die neue Stelle keine Zusatzkosten. Stattdessen werde ein Mitarbeiter der Stadtverwaltung umgesetzt.

Anträge

Saalhornmagazin
Vor wenigen Wochen haben die Arbeiten zur Notsicherung des Saalhorn-Magazins auf der Saline begonnen. 400.000 Euro belaufen sich die Kosten. Sinnlos ausgegebenes Geld, findet CDU-Rat Lothar Dieringer. Er will die Arbeiten stoppen lassen. Stattdessen soll das Gebäude abgerissen werden und künftig nur noch eine Tafel an die Geschichte erinnern. Der Antrag wird nun im Planungs- und im Finanzausschuss beraten. Zahlreiche Räte mehrerer Fraktionen sagten aber schon, dass sie gegen einen Abriss sind. So gab es auch schon heftige Debatten. Dieringer hatte noch einmal auf den desolaten Zustand hingewiesen. Zig Jahre sei nichts gemacht worden, niemand habe es gekümmert. „Das ist eine Ruine. Die kann nicht mehr erhalten werden.“ Bei 50 Millionen Euro Haushaltsdefizit könnte das Geld sinnvoller bei anderen erhaltenswerten Gebäuden eingesetzt werden. Am Saalhorn sei es wirtschaftlich mnicht zumutbar. „Wir müssen den Tatsachen ins Auge sehen.“ Die Saline sei eines der wichtigsten Denkmäler der Industriekultur, sagte hingegen Manfred Sommer (MitBürger). „Sie gehört zu den Wurzeln der Stadt. Wir sollten an der Wurzel nicht die Axt ansetzen.“ Auch Martina Wildgrube (FDP) war deutlich gegen einen Abriss. Räte hätten eine besondere Verantwortung, die Stadtgeschichte zu bewahren. „Die Franckeschen Stiftungen waren vor 20 Jahren auch nur eine Ruine“, warf Ines Brock (Grüne) in die Diskussion ein. Johannes Krause (SPD) meinte, „wir dürfen nicht nach Kassenlage Denkmalschutz betreiben.“ Baudezernent Pohlack wies darauf hin, dass die Arbeiten nicht gestoppt werden könnte. Zum einen habe der Rat gar nicht die Befugnis, eine solche Entscheidung zu fällen. Zum anderen gebe es eine Auflage von der oberen Denkmalbehörde.

Radwegverbindung zwischen Dölau und Nietleben
Viele Autos sind auf der Heidestraße und der Salzmünder Straße unterwegs. Gefährlich ist das für Radfahrer und Fußgänger. Gerade bei Regen kann man nicht auf die matschigen Wege in der Heide ausweichen. Deshalb schlägt die SPD den Bau eines Radwegs an der Straße vor. Genutzt werden könnte zum Beispiel das alte S-Bahn-Gleis. 300.000 Euro soll diese Variante kosten. Jetzt wird im Planungs- und Finanzausschuss beraten.

Zahnrettungsboxen für alle halleschen Kindertagesstätten
In manchen Bundesländern gibt es sie schon – die Zahnrettungsboxen. Sie enthalten Material, um ausgeschlagene oder abgebrochene Zähne feucht zu halten und zu retten. Solche Boxen sollte aus auch in den Kitas in Halle geben, schlägt die SPD vor. Im Sozialausschuss sowie im Finanzausschuss wird nun darüber beraten.

Verbesserung der Breitbandversorgung in einem repräsentativen Gebiet
In einigen halleschen Stadtteilen gibt es kein schnelles DSL-Internet. Wie kann die Breitbandversorgung verbessert werden? Die Linken schlagen dazu einen „Breitbandgipfel“ im vierten Quartal vor. Außerdem soll es testweise in einem ausgewählten Gebiet besondere Bemühungen geben. Die Grünen schlugen in den Beratungen die Innenstadt als Testgebiet vor. Bevor es aber losgeht wird nun erst im Wirtschaftsausschuss debattiert.

Ausbau eines Blindenleitsystems auf zentralen öffentlichen Straßen und Plätzen
Bei künftigen Bauvorhaben soll die Stadt auch darauf achten, dass Orientierungshilfen für Blinde und Sehbehinderte errichtet werden. Das schlägt Sabine Wolff (Neues Forum) vor. Zudem soll ein Wegenetz für Blinde aufgebaut werden. Die Stadt will sich dazu noch mit dem Behindertenbeauftragten besprechen. Der Antrag wurde ebenfalls in die Ausschüsse verwiesen. Etwas unverständlich für Olaf Sieber (Linke). Nun könne der Antrag erst nach der Sommerpause beraten werden, das Verfahren werde verzögert.

Behandlung aller Beraterverträge der Stadt Halle im Hauptausschuss
Die Stadtverwaltung schließt viele Beraterverträge ab. Die FDP schlägt nun vor, dass alle Beraterverträge im Hauptausschuss behandelt werden. Die Stadt hingegen lehnt dies ab. Ab 15.000 Euro ist ohnehin der Vergabeausschuss und ab einem Wertumfang von 200.000 Euro der Stadtrat zuständig, argumentiert sie. Alle Beträge darunter lägen im Ermessen der Oberbürgermeisterin. Im Haupt- und Finanzausschuss wird nun beraten, auch wenn mehrere Räte und auch die Stadtverwaltung anmerkten, dass der Antrag eigentlich gar nicht zulässig sein. Wenn müsste die Geschäftsordnung abgeändert werden. Gerry Kley verteidigte den Antrag damit, dass es darum gehen soll ob externe Gutachter wirklich nötig sind und wenn ja, wo es Einsparung in der Stadt gibt.

Vorlage von Eckwerten des Haushaltes 2011 und fortführend
Damit die Stadträte frühzeitig über die finanzielle Situation der Stadt informiert sind, soll die Stadt spätestens im August die Eckwerte für den Haushalt des kommenden Jahres vorlegen, fordert die Fraktion MitBürger/Neues Forum. Die Stadt sagte die Zahlen für August zu.

Stärkung der städtischen Handelsstruktur
Möglicherweise entsteht in Brehna ein Outlet Center. Das zumindest kolportierte die Presse in den letzten Monaten. Mit dem Antrag der Grünen soll sich der Stadtrat gegen die Errichtung eines Direktverkaufszentrums aussprechen. Stattdessen solle man eine Lösung im Sinne des Landesentwicklungsplanes befürworten, wonach Direktverkaufszentren nur noch in Oberzentren zulässig sind. Der Rat stimmte mehrheitlich zu.

Änderung der Satzung der BeteiligungsManagementAnstalt (BMA)
Vor einem Monat hatte sich der Stadtrat für eine Neuregelung für die Vergütung von Mitgliedern in Aufsichtsgremien städtischer Beteiligungen ausgesprochen. Nur die BMA ist da außen vor als Anstalt Öffentlichen Rechts. Hier greift die Entschädigungsordnung der Stadt. Das soll nun abgeändert und wie bei anderen städtischen Beteiligungen angepasst werden. Dieser Antrag fand eine Mehrheit.

Umbesetzung eines sachkundigen Einwohners im Ausschuss für Ordnung und Umweltangelegenheiten
Niels Kaltwaßer scheidet bei den MitBürgern als sachkundiger Einwohner, Nachfolgerin wird Regina Schöps. Es wurde ohne Diskussion zugestimmt.

Anfragen


Nun konnte noch die umfangreiche Stadträte-Fragestunde starten. Gerry Kley erkundigte sich nach dem Bauablauf in der Nikolaistraße. Laut Pohlack könne dieser um drei Wochen gestrafft werden, so dass zum 1. Advent wieder alles frei sei. Uwe Heft erkundigte sich nach Unterhaltungsmaßnahmen an der Reide. Der Bachlauf ist zugewachsen. Bei Osendorf / Radewelle kommt es deshalb öfter zu Straßenüberschwemmungen. Laut Baudezernent Pohlack habe man dem zuständigen Landesbaubetrieb die grundsätzliche Genehmigungsfähigkeit signalisiert. Einige Auflagen gebe es jedoch. Pohlack vermutet jedoch, dass es wegen fehlender Finanzen noch nicht losgeht mit bauen. Bodo Meerheim sagte mit Blick auf den kürzlichen tödlichen Unfall an der Ampel in der Dölauer Straße, die Stadt möge doch die Sorgen der Eltern ernst nehmen. Wegen der Bauarbeiten an der Kröllwitzer Grundschule müssen die Kinder in ein Ausweichquartier, der Schulweg gehe an der gefährlichen Stelle vorbei. Die Stadtverwaltung ist bereits in Planungen zur Verbesserung der Situation. Zu einer möglichen 30er Zone in der Äußeren Leipziger Straße im halleschen Osten, nach dieser fragte CDU-Rat Roland Hildebrandt, hat das Landesverwaltungsamt noch keine Entscheidung gefällt.

Im nichtöffentlichen Teil der Sitzung wurden noch Aufträge an Bauunternehmen zur Erneuerung der Gerbersaale und dem Einbau der Heiz- und Lüftungstechnik für die Schwimmhalle Robert Koch vergeben. Zudem wurde ein Grundstück an der Petruskirche per Erbbaupachtvertrag an den SKV vergeben, der hier einen Hort bauen will. Und auch der Sommerurlaub von Oberbürgermeisterin Szabados wurde genehmigt.