Ein Tag im Stadtrat von Halle (Saale) – Oktober 2010

von 27. Oktober 2010

Einer ganzen Reihe von Protesten sah sich Halles Oberbürgermeisterin Dagmar Szabados am Mittwoch bereits im Vorfeld der Stadtratssitzung ausgesetzt. Vor dem Stadthaus wurde für den Erhalt des Thalia Theaters protestiert. In der Einwohnerfragestunde meldeten sich zahlreiche vor allem Jugendliche Unterstützer zu Wort. Weil sie sich mit den Antworten der Oberbürgermeisterin nicht zufrieden zeigten, stürmten sie anschließend unter lauten „Thalia Thalia“-Rufen den Sitzungssaal. Die Sitzung musste rund 20 Minuten unterbrochen werden, die Polizei beendete die Proteste im Saal. Vor dem Stadthaus ging die Demonstration gegen die Schließung weiter. Und MDR und TV Halle sollte während der Bürgerfragestunde das Filmen untersagt werden. Die Mehrheit des Rates war dagegen.

Die Thalia-Unterstützer bestimmten maßgeblich die Fragen in der Einwohnerfragestunde. Steffen warf dem Linke-Stadtrat Rudenz Schramm einen Interessenskonflikt vor, weil dieser Betreiber von Steintor und Händelhalle ist und zugleich im Aufsichtsrat der Theater, Oper und Orchester GmbH sitzt. “Wir wurden in den Schließungsprozess nicht mit einbezogen”, sagte der Thalia-Schauspieler Axel Gärtner. Er erklärte, man sei bereit das Theater eigenständig fortzuführen und wolle nun wissen, was die Stadt davon hält. Weitere Redner fragten nach, wie ernst die Stadt denn die 15.000 Unterschriften unter der Petition nehme und was Oberbürgermeisterin Dagmar Szabados von einem Runden Tisch hält, so wie ihn Kultusministerin Birgitta Wolff vorschlug. “Liebe Freunde der Kultur in Halle” – so setzte Oberbürgermeisterin Dagmar Szabados zu ihrer Antwort an. Interesse der Stadt sei es immer gewesen, in der Kultur eine angemessene Vielfalt zu erhalten. “Deshalb geben wir enorme Mengen aus.” Das Stadtoberhaupt verwies auf 35 Millionen Euro, die jährlich in die halleschen Bühnen fließen – obwohl sich das Land Jahr für Jahr immer mehr zurückziehe, die Landeszuschüsse weiter sinken. “Wir wollen, dass Halle kulturell nicht unter die Räder kommt.” Doch dazu seien mehr Gelder nötig. Szabados beklagte, dass das Umland die Einrichtungen zwar nutze aber nicht mitbezahle. “Die Hallenser sind über Gebühr belastet.” Sie forderte ein Kultur-Umland-Gesetz wie in Sachsen. “Denn wir schaffen es nicht mehr allein, alle Theater zu finanzieren”, so Szabados. Eine Gesprächsrunde mit Kultusministerin Wolff zur Kultursituation in ganze Sachsen-Anhalt sei deshalb tatsächlich sinnvoll. Szabados verteidigte noch einmal den Beschluss des Aufsichtsrates. Der sei niemandem leicht gefallen. “Aber wir mussten eine Insolvenz abwenden.” Die habe der GmbH wegen steigender Ausgaben gedroht. Der Schließungsbeschluss sei aber nicht endgültig, so die Oberbürgermeisterin. Denn ein Haustarifvertrag sei noch eine Lösung. Die Mitarbeiter müssten in dem Falle auf 20 Prozent ihres Einkommens verzichten. Die Proteste zum Erhalt des Theaters begrüßte Szabados. Es zeige, dass es ein Interesse für die Kultur gebe. Doch gegen etwas zu sein sei sowieso immer leicht, Deshalb sei der öffentliche Aufschrei auch klar gewesen. Doch die Protestierer hätten ihre Kraft mal lieber in Aufrufe stecken sollen, mehr Hallenser ins Theater zu locken. Wenn die Theater wenigstens zu zwei Drittel ausgelastet seien, könnte man darüber reden. Doch wenn die Auslastung weiterhin so schlecht sei, müsse man Konsequenzen ziehen. “Wir können das Geld nicht zum Fenster herauswerfen”, so Szabados. Immer wieder erntete Szabados während ihrer Rede Pfiffe und Buh-Rufe. “Lüge” und “Schwachsinn” schallte es ihr und Kulturreferentin Ursula Wohlfeld entgegen, als die Zuschauerzahlen verlesen wurden. Gerade einmal 36.000 Zuschauer seien in der Saison 09/10 gekommen, 04/05 wären es noch 42.000 gewesen. Die Auslastung liege bei 60 Prozent, meinte Wohlfeld. Zahlen, die die Thalia-Unterstützer anzweifelten. Doch nicht nur in der Bürgerfragestunde sollte das Thalia Theater Thema sein. Die Grünen wollten den Aufsichtsratsbeschluss zur Schließung aufheben lassen. Doch der Dringlichkeitsantrag schafft es nicht auf die Tagesordnung. Dazu wäre eine Zweidrittelmehrheit nötig gewesen, die durch Gegenstimmen von SPD, FDP und CDU nicht zustande kam. Bernhard Bönisch (CDU) regte später in der Sitzung ein öffentliches Forum zur Zukunft des Thalia Theaters an. Hier sollten alle Seiten einmal ungezwungen miteinander ins Gespräch kommen. Überschattet wurden die Proteste von einem Sturm auf die Ratssitzung. Rund 100 Thalia-Unterstützer hatten mit Plakaten und unter “Thalia Thalia”-Rufen sowie Trillerpfeifen den Sitzungssaal gestürmt und dadurch für eine 20minütige Unterbrechung gesorgt. Die herbeigerufene Polizei sorgte besonnen für Ruhe, auch wenn Teils aggressiv reagiert wurde. “Wann sprüht ihr endlich Tränengas”, bekamen einige Polizisten zu hören. Dem Sitzungsleiter Harald Bartl warf man indes vor, er agiere so wie 1989 Politbüro-Funktionär und SED-Bezirkschef Hans-Joachim Böhme. Eine Kränkung für Bartl, der zur Wende 1989 mit zur Demokratiebewegung gehörte. Er hatte zuvor auf die Kinder eingeredet, ihre Proteste seien angekommen und sie sollten doch nun die Sitzung verlassen. “Sie haben eine laute Stimme von sich gegeben. Ich bitte sie jetzt, den Saal zu verlassen.” Die Proteste seien in den Medien angekommen. Auch viele Kinder waren an den Protesten beteiligt. Mehrmals versuchte Bartl, sie zum gehen aufzufordern. “Ihr werdet missbraucht”, sagte er den Kindern – sie würden nur vorgeschickt. Unrecht hatte er damit nicht unbedingt. Die Kinder aber kannten ihn nicht, folgten seinen Worten dadurch auch nicht. Da hatte Oberbürgermeisterin Dagmar Szabados mehr Autorität. Sie konnte die Situation etwas beruhigen und verunsicherte die Kinder etwas. Die nämlich waren verwirrt, weil sie vom Stadtoberhaupt gebeten wurden, doch den Saal zu verlassen damit die Sitzung weitergehen kann. “Wieso? Uns hat man doch gesagt, wir sollen hier hoch kommen und laut sein”, meinte eine Gruppe Kinder daraufhin.

Aber es gab auch noch andere Anliegen. Zum Beispiel das von Udo Rheinländer vom Allgemeinen Blinden und Sehbehindertenverein vorgetragene Anliegen, doch mehr für die Belange Behinderter zu tun. Er vermisst wirkliche „sachkundige“ Einwohner in Sozialausschuss. Bauvorhaben sollten stärker auf ihre Barrierefreiheit hin geprüft werden. „Eine barrierefreie Stadt war schon immer unser Anliegen“, meinte Oberbürgermeisterin Szabados. Halle habe einen Behindertenbeauftragtem, der auch in Bauvorhaben eingebunden werde. Sie sagte aber auch in Richtung der Vereine, man sei auf deren Hinweise angewiesen.

Fliegende Böller auf ihren Balkon beklagt Heike Schreiber. „Meine Betreuerin hilft mir auch nicht“, schimpfte sie. Eine Therapie im Schlaflabor werde ihr verweigert. Auch zahlreiche andere persönliche Dinge standen bei ihr im Mittelpunkt. „Tach allerseits“ – Roland Manske vermisst Rückenlehnen am neuen Busbahnhof. Die Hauptpost habe noch immer keinen Personenaufzug. Und im Winter sei der Fußweg in der Hyazinthenstraße nicht geräumt gewesen.

Eine Frau hat sich einen Garten in der Anlage „Wiesengrund“ am Stadtrand von Halle gemietet. Mehrfach stand bei ihr nun das Wasser der Reide im Garten. Bei der Stadt habe man einen Antrag auf Erlassung der Pacht gestellt, weil in diesem Jahr keine kleingärtnerische Nutzung möglich gewesen sei. Hauptproblem: die Reide, deren Flussbett eigentlich ausgebaggert werden müsste. „Das ist ein Jammerspiel“, sagte auch Oberbürgermeisterin Szabados. Die Stadt könne da nichts machen, weil die Reide nicht auf Stadtgebiet liege. Das Land sei zuständig, so Szabados, die der Bewohnerin aber anbot, sich gemeinsam an einen Tisch zu setzen.

Beginn der Sitzung
50 Stadträte sind anwesend. Nun wird in die Tagesordnung eingestiegen. Es fliegt gleich einiges runter, so der Gebietsänderungsvertrag zwischen Halle und Landsberg und die Umwandlung des Eigenbetriebs Kita in eine Anstalt öffentlichen Rechts.

Der Stadtratsvorsitzende Harald Bartl informierte über die nichtöffentlichen Beschlüsse der letzten Sitzung. So wurde Unternehmern wegen Zahlungsschwierigkeiten die Gewerbesteuer befristet niedergeschlagen. Außerdem bekommt Halle neue Defribillatoren für knapp 360.000 Euro.

Haushalt
50 Millionen Euro Verlust allein in diesem Jahr. Dieses Defizit war dem Landesverwaltungsamt zu hoch. Die Kommunalaufsicht hatte den Haushalt beanstandet und nur unter Auflagen genehmigt: Statt 50 soll die Stadt das Defizit auf 30 Millionen Euro drücken. Außerdem soll ein neues Haushaltskonsolidierungskonzept vorlegt werden. Schließung von Einrichtung, Kürzung von Fördermitteln und höhere Steuern und Abgaben – das sind nur einige Beispiele aus dem Sparpaket der Stadt. Diverse Änderungsanträge gingen durch, so wurden die Kürzungen bei Vereinen rückgängig gemacht, auch Kürzungen bei Suchtberatungsstellen und die Streichung des Semesterticket-Zuschusses wurden wieder aufgehoben. Am Ende gab es nach Annahme der Änderungen eine mehrheitliche Zustimmung zum Haushalt – CDU, SPD und Linke waren dafür, FDP, Mitbürger und Grüne dagegen. Laut Finanzdezernent Egbert Geier haben die Beschlüsse in diesem Jahr nur geringe Auswirkungen von rund 110.000 Euro. Bei der Haushaltskonsolidierung in den kommenden Jahren sind es hingegen rund eine Million Euro.

Beschlossen hatte der Stadtrat zwar auch, dass für die Beseitigung von Straßenschäden dem Baudezernat zusätzliche Haushaltsmittel von 500.000 Euro bereitgestellt werden. Weil die CDU in ihrem beschlossenen Änderungsantrag aber auch gleich einen Deckungsvorschlag machte, bleibt der Beschluss auf dem Papier haushaltsneutral. Die 500.000 Euro Mehrkosten sollen aus einer verbesserten Gewerbesteuereinnahme kommen.

In der kurzen Haushaltsdebatte warb Oberbürgermeisterin Szabados um Zustimmung. „Wir sollten alle Möglichkeiten nutzen, den Nachtragshaushalt zu beschließen. Wenn wir nicht versuchen das Ruder rumzureißen um ein Licht am Ende des Tunnels zu sehen, dann wird es in den nächsten Jahren noch schwieriger.“ Szabados forderte noch einmal eine bessere finanzielle Ausstattung durch das Land. „In die Kultur zu investieren würde mir auch mehr Spaß machen. Aber was bleibt uns anderes übrig?“ An die Räte appellierte sie: „Lassen Sie uns dieses Trauerspiel zu Ende bringen.“ Dietmar Weihrich (Grüne) sagte, man lehne die Rasenmähermethode bei den Kürzungsplänen ab. Eine Zustimmung zum Haushalt werde man davon abhängig machen, ob die Kürzungen bei Vereinen komplett rückgängig gemacht werden. „Die Kürzung stellt vielfach die Existenz in Frage“, sagte er. Sinnvoll sei es zudem, Radio Corax weiter zu fördern. „Der Nachtrag leidet darunter, dass 90 Prozent der Gelder durch kommunale Unternehmen getragen werden“, beklagte Bodo Meerheim (Linke) und meinte vor allem die Wohnungsunternehmen. Begrüßt hat Meerheim hingegen den Sinneswandel in der Verwaltung bei der Haushaltskonsolidierung, in der die Stadt und ihre stadteigenen Betriebe als Konzern gesehen werden. Bernhard Bönisch (CDU) hatte einige Bauchschmerzen mit dem Sparplan. Die willkürliche Erhöhung der Hundesteuer – sie werde der Bürger wohl als Abzocke sehen. Ein fataler Weg sei die Kürzung der Vereinsgelder. Johannes Krause (SPD) hingegen hält solch drastische Einsparungen für unumgänglich, weshalb man auch schweren Herzens zustimmen werde. „Der Speck ist weg. Wir verwalten nur noch einen Mangel“, sagte der Sozialdemokrat. Allerdings sei die Streichung bei den Vereinen nicht verhältnismäßig. Überhaupt nicht zustimmen mochte Hans-Dieter Wöllenweber (FDP). Die Pläne der Verwaltung treffen seinen Worten zufolge fast nur die städtischen Unternehmen. „Das widerspricht dem Konzerndenken.“ Und am Ende lande es über höhere Preise doch beim Bürger. Die Erhöhung der Hundesteuer verärgere, falle mit 80.000 Euro aber kaum ins Gewicht. „Mit den Kürzungen schneiden wir den Vereinen ins Markt“, sagte MitBürger-Stadtrat Denis Häder. Werde der Haushalt durch gewunken, verschließe man die Augen vor der Realität. Streichungen bei der Wirtschaftsförderung verglich er gar mit der Streichung von Politessen, auf die man verzichte weil sie Geld kosten, man aber die positiven Effekte für den Haushalt ausblende – bei Politessen die mein einspare weil sie Geld kosten, man aber nicht darauf ahcte was diese an Einnahmen bringen.

Zukunft der ARGE
Die Stadt Halle wird die Betreuung von Langzeitarbeitslosen nicht in eigene Regie übernehmen. Der Stadtrat hat es abgelehnt, das so genannte Optionsmodell einzuführen. Dazu wäre eine Zweidrittelmehrheit nötig gewesen. Zur Zeit betreibt die Stadtverwaltung zusammen mit der Arbeitsagentur in Halle-Neustadt die ARGE. Nach einem Urteil des Bundesverfassungsgerichts muss aber das Modell zur Betreuung von Langzeitarbeitslosen überarbeitet werden. Allerdings entschied sich der Stadtrat mehrheitlich gegen das sogenannte Optionsmodell. Eine Zweidrittelmehrheit wäre nötig gewesen. Weil aber nur CDU und FDP dafür waren, wurde selbst die einfache Mehrheit verpasst. Die Betreuung Langzeitarbeitsloser liegt also auch künftig in den gemeinsamen Händen von Stadt und Arbeitsagentur.

„Die Risiken sind uns zu groߓ, meinte Tom Wolter (Mitbürger), “Das Risiko ist nicht kalkulierbar.” Ute Haupt (Linke) warnte vor der Schaffung eines Flickenteppichs. Die Arbeitsagentur solle nicht zu sehr regionalisiert werden. Für Bernhard Bönisch hingegen ist der Wunsch der Verwaltung nach der Optionskommune auch ein mutiger Schritt. Er sprach deshalb der Stadt ein Kompliment für den Mut Halles aus. “Sich zu lösen ist eine Überlegung wert”, so Oberbürgermeisterin Szabados. Diese Variante könnte für die Stadt auch kostengünstiger sein.

Neufassung der Stellplatzsatzung
Wer in Halle neu baut, der muss eine bestimmte Anzahl von Parkplätzen vorweisen. Alternativ ist eine so genannte Stellplatzablöse zu zahlen. 6.500 Euro sind das zum Beispiel pro Stellplatz im Altstadtring. Weil laut Landesgesetz die Satzung aber nach fünf Jahren außer Kraft tritt, muss eine neue Satzung her. Bis auf ein paar kleine Änderungen bleibt sie aber im Große und Ganzen so wie die letzte Satzung. Große finanzielle Auswirkungen hat die Stellplatzsatzung ohnehin nicht. Gerade einmal 100.000 Euro konnte die Stadt im letzten Jahr noch Einnehmen. In den 90ern zu Zeiten des Baubooms waren es noch 30 Millionen DM im Jahr. Ohne Diskussionen gab es eine mehrheitliche Zustimmung.

Sondernutzungsgebührensatzung
Werbeschilder, Markisen, Baugerüste, Verkaufsstände – es gibt viele Gründe, weshalb man öffentlichen Straßenraum in Anspruch nimmt. Die bisher dafür seit 1994 geltende Gebührensatzung wurde von der Stadt überarbeitet und gestrafft, an aktuelle Paragrafen angepasst. Außerdem entfallen die Rahmengebühren. Stattdessen staffeln sich die Zahlungen nun nach der verkehrlichen Bedeutung der Flächen. Auf dem Boulevard zahlt man also mehr als auf einer kleinen Anwohnerstraße. Es gab eine mehrheitliche Zustimmung.

Keine Mehrheit fand hingegen ein Antrag der FDP. Die Liberalen wollten in der Satzung festschreiben lassen, dass grundsätzlich im Voraus bezahlt werden muss. So wollte man Gebührenschuldner ausschließen.

Änderung der Hundesteuersatzung
Die Hundesteuer in Halle klettert zum Jahresbeginn 2011. Um die städtischen Einnahmen zu steigern, sind künftig für den Ersthund 100 Euro statt 90 Euro zu zahlen. Bei rund 8.000 gemeldeten Ersthunden in der Saalestadt bedeutet das Mehreinnahmen von 80.000 Euro. Allerdings war die Zustimmung äußert knapp. 20 Räte waren für und 19 gegen die Erhöhung. Zwei Stadträte enthielten sich.

Grundstücksentwässerungssatzung
Die vom Stadtrat im Dezember letzten Jahres beschlossene neue Grundstücksentwässerungssatzung muss in einigen Begrifflichkeiten angepasst werden. Auswirkungen hat das auf die Hallenser nicht, allerdings soll so eine mögliche Beanstandung durch das Landesverwaltungsamt ausgeschlossen werden. Die Satzung regelt die Kosten für Klärgruben, die es mancherorts noch gibt, wenn kein Abwasserkanal in der Nähe ist. Es wurde diskussionslos sofort zugestimmt.

Ausschlusssatzung Abwasser
Vier Jahre ist das Konzept der Stadtverwaltung zur Abwasserbeseitigung her, wurde zwischenzeitlich noch etwas angepasst. Nun wurden noch einmal einige Änderungen vorgenommen. So sollen einige Grundstücke zum Beispiel in Planena, Nietleben, Dölau und Mötzlich bis 2016 an das öffentliche Abwassernetz angeschlossen werden. Auch hier gab es eine Zustimmung.

Abfallwirtschaftssatzung
Zum 1. Januar 2011 geht die Sortieranlage in Döllnitz in Betrieb. Hier wird die Hallesche Wasser- und Stadtwirtschaft GmbH den Hausmüll trennen, wieder verwertbare Stoffe herausfiltern und anschließend auf dem Wertstoffmarkt zu Geld machen, um für eine Senkung der Müllgebühren zu sorgen. Weil die Stadt Halle mit dieser Anlage nun über zusätzliche Entsorgungsmöglichkeiten verfügt, müssen nun bestimmte Abfälle auch entgegengenommen werden. Eine komplette Liste muss die Stadt bis Jahresende im Amtsblatt veröffentlichen. Mit seinem mehrheitlichen Beschluss stimmte der Stadtrat der notwendigen Satzungsänderung zu.

Abfallgebührensatzung
In den kommenden beiden Jahren müssen die Hallenser etwas weniger für ihren Müll bezahlen. Der Stadtrat hat eine leichte Senkung um 0,3 Prozent beschlossen. Möglich wird es durch Mehreinnahmen der Stadtwirtschaft. CDU-Stadtrat Werner Misch lobte die Verwaltung und die Stadtwerke. Denn in den meisten anderen Städten klettern die Ausgaben zum Beispiel wegen höherer Energiepreise. Misch appellierte an die Hallenser, ihre wieder verwertbaren Abfälle wie Papier und Dosen in öffentliche Sammelbehälter einzuwerfen. Denn durch die so erzielten Gewinne auf dem Wertstoffmarkt können Preiserhöhungen gedämpft oder verhindert werden.

Hebesatzsatzung
Der Grundsteuer-Hebesatz für bebaute Flächen steigt ab Januar von 450 auf 475 von Hundert. Für eine 58 Quadratmeter große Eigentumswohnung klettert etwa die jährliche Grundsteuer von 105 auf 111 Euro. Die Stadt erhofft sich Steuermehreinnahmen von 1,2 Millionen Euro. Außer CDU und FDP stimmten alle Räte zu.

Schulentwicklungsplanung
Wegen sinkender Schülerzahlen wird es immer schwieriger, noch die gesetzlich vorgeschriebenen Mindestklassengrößen in den Berufsschulen zu erreichen. Deshalb ist eine Anpassung der Schullandschaft nötig. Der Stadtrat stimmte der Schließung der Berufsschulen in der Kirchstraße (Mitte 2011), Grasnelkenweg (Mitte 2012) und Rainstraße (Mitte 2014) zu, Stattdessen ist eine Konzentration des Berufsvorbereitungsjahres (BVJ) und des Berufsgrundbildungsjahres der Berufsbildenden Schulen (BbS) I/II und V am Standort Halle-Neustadt vorgesehen. Dazu soll neben der bereits bestehenden Berufsschule an der Schwimmhalle auch die einstige Berufsschule der Telekom genutzt werden. Dazu laufen derzeit Gespräche zur Übernahme mit einem Makler. CDU-Stadtrat Andreas Schachtschneider, war noch einmall um Zustimmung. Das Konzept sei in die Zukunft gerichtet. Der zuständige Fachausschuss habe einstimmig zugestimmt.

Wahltag für den Beigeordneten für Planen und Bauen
Die Amtszeit von Baudezernent Thomas Pohlack läuft aus. Am 23. Februar soll mit einer Wahl im Stadtrat der Posten deshalb wieder besetzt werden. Diesen Wahltermin legte der Stadtrat fest. Der bisherige Amtsinhaber kann sich wieder bewerben. Die Ausschreibung der Stelle erfolgt in den nächsten Wochen.

Jahresabschluss 2009 für den EigenBetrieb Zentrales GebäudeManagement
Aus Kostengründen hat die Stadt ihre Gebäude wie Schulen und Ämter in den Eigenbetrieb ZGM ausgegliedert. Nun galt es den Jahresabschluss zu beschließen. 2009 hatte das ZGM eine Bilanz von 28.285.184,75 Euro, der Gewinn beträgt 675,74 Euro. Der Rat stimmte Mehrheitlich zu.

Straßen
Nun wurden noch drei Beschlüsse zu Straßen gefasst. Am Granauer Berg wird ein neues Wohngebiet gebaut. Dafür ist auch der Bau einer Straße nötig, die den Namen Höhnstedter Straße erhalten soll.

Mit der Yorckstraße in Heide-Süd und dem Harfenweg am Pfingstanger werden zwei Anlieger-/Erschließungsstraßen als Gemeindestraßen gewidmet. Die Stadt ist damit künftig für den Unterhalt verantwortlich.

Saalhornmagazin
Die Arbeiten zur Notsicherung am Saalhorn auf der Saline laufen seit Monaten auf Hochtouren. Allein das kostet knapp 400.000 Euro, hinzu würden noch die Sanierungskosten kommen. Zuviel, findet CDU-Rat Lothar Dieringer. Er will die Arbeiten stoppen lassen. Stattdessen soll das Gebäude abgerissen werden und künftig nur noch eine Tafel an die Geschichte erinnern. Jahrzehntelang habe sich niemand um das Gebäude gekümmert. “Und es hat auch niemand vermist”, so Dieringer. Rational betracht biete das Saalhorn in Zeiten knapper Kassen ein richtiges Sparpotential. Doch gegen Emotionen könne man sachlich nicht argumentieren. Sein Antrag fiel durch. Ein paar Zustimmungen kamen nur von CDU und FDP.

Antrag des Stadtrates Andreas Schachtschneider (CDU) zur Rücknahme eines Beschlusses im Stadtrat
Der Neustädter Friedhof wird doch nicht geschlossen. Mit einer knappen Mehrheit von 22 zu 21 Stimmen hob der Stadtrat den vor zwei Jahren gefassten Beschluss zur Schließung wieder auf. Zum Jahre 2038 hätte der Friedhof geschlossen werden sollen. Ab 2018 wären keine Erdbestattungen mehr möglich. Doch dieser einstige Beschluss hatte vor allem unter den Neustädter Einwohnern für Empörung gesorgt. Schachtschneider sagte, der Beschluss sei damals still und leise gefasst worden. “Die Bürger fühlten sich nicht mitgenommen”, sagte er. Nun könnte der Rat mit der Zustimmung zeigen, dass auch er mal Fehler macht. Swen Knöchel (Linke) signalisierte Zustimmung. Man habe 2008 einen ähnlich lautenden Antrag gestellt. Knöchel sagte, der Schließungsbeschluss habe die Neustädter verunsichert. Deshalb seien die Bestattungszahlen stark zurückgegangen. Er kritisierte, dass noch immer der Schließungsbeschluss im Schaukasten aushänge.

SPD-Rat Johannes Krause warb hingegen für seinen Änderungsantrag, die Schließung nicht komplett aufzuheben, sondern nur auszusetzen. Es gab dafür aber keine Mehrheit. Werner Misch (CDU) warf Schachtschneider vor, Lokalpatriotismus in Halle-Neustadt zu betreiben. Niemanden sei der damalige Schließungsbeschluss leicht gefallen. Er sei aber notwendig. “Wir müssen Vorsorge für die Zukunft schaffen”, so Misch. “Es braucht niemand Sorge zu haben, dass er über der Erde liegen bleibt weil es keine Gräber gibt.” Tom Wolter (MitBürger) sprach sich dafür aus, den Schließungsbeschluss nicht anzutasten. In einigen Stadtteilen gebe es Einwohnerzuwächse, deshalb öffne man dort aber stillgelegte Friedhöfe nicht wieder. Dietmar Weihrich (Grüne) war schon vor zwei Jahren gegen die Schließung. Dass damals die CDU zustimmte und nun plötzlich ein Christdemokrat den Beschluss doch wieder aufheben will, ist jedoch für Weihrich nur Wahlkampf. “Ein leicht zu durchschauendes Spiel.” Das wollte Andreas Schachtschneider, der Direktkandidat für die CDU in Halle-Neustadt zur kommenden Landtagswahl ist, nicht auf sich sitzen lassen. Er habe den Antrag schon Anfang des Jahres gestellt, als die Kandidatur noch gar nicht klar gewesen sei.

Oberbürgermeisterin Szabados begründete noch einmal, warum die Stadt weiterhin an der Schließung festhalten will. “Wir haben die Aufgabe, strategisch in die Zukunft zu schauen.” Man solle doch nicht das Fähnchen in den Wind halten, weil Wahl ist. Bernhard Bönisch (CDU) hingegen verteidigte den Antrag. Rein rechnerisch möge die Schließung Sinn machen. Doch auch das Befinden der Bevölkerung zum Thema müsse mit ins Feld gezogen werden.

Zahnrettungsboxen für alle halleschen Kindertagesstätten
Was wenn wen Kind sich beim spielen einen Zahn ausschlägt? Die sogenannten Zahnrettungsboxen könnten da die Lösung sein. Sie enthalten eine spezielle Zellnährlösung, mit der der Zahn 24 Stunden aufbewahrt werden kann und in dieser Zeit durch den Zahnarzt wieder eingesetzt werden kann. Auf Antrag der SPD hin sollen die halleschen Kitas wieder solche Rettungspakete bekommen, bereitgestellt möglichst durch Kooperationen mit Krankenkassen. Der Stadtrat stimmte der Anschaffung zu.

Überprüfung der Rechnungsstellung und Kalkulation des ZGM
Das Rechnungsprüfungsamt soll die Rechnungsstellung des ZGM für Grundmiete, Bewirtschaftungskosten, Reinigung und Nachzahlungen auf sachliche Richtigkeit und sachgemäße und eindeutige Zuordnung zu den einzelnen Schulen und Kindertagesstätten der Stadt überprüfen, fordert CDU-Rat Martin Bauersfeld. Denn es gebe in den Zahlen von Jahr zu Jahr zum Teil „wilde, nicht nachvollziehbare Sprünge.“ Mit großer Mehrheit folgte der Rat dem Vorschlag.

Ehrung
In einem Antrag will die FDP die Retter Halles vor der Zerstörung im zweiten Weltkrieg ehren. Eine Gedenktafel für Major a. D. Karl Huhold, Prof. Walter Hülse, Prof. Theodor Lieser, Felix Graf von Luckner und Dr. Nicolaus Weins soll am Uniring angebracht werden. Knackpunkt dabei ist der Name Graf Luckner. Deshalb soll ohne Namensnennung an die Retter erinnert werden, schlagen SPD, Linke und Grüne in einem gemeinsamen Änderungsantrag vor. Seit Jahren schon zieht sich durch die hallesche Politik der Streit um eine Ehrung Felix Graf Luckner. 1995, 2001 und 2005 wurden schon darüber in Stadtratanträgen debattiert. Das sind die einen, die seine Verdienste um die Rettung von Halle im April 1945 würdigen wollen. Und auf der anderen Seite stehen jene, die in Luckner den Kinderschänder oder Nationalsozialisten sehen. Immerhin rückte zwischenzeitlich eine Ehrung in nicht mehr all zu weite Ferne. Doch zu einer am Mittwoch im Stadtrat angepeilten Entscheidung kam es nicht. Die FDP zog ihren Antrag zurück, als sich abzeichnete, dass es dafür keine Mehrheit geben wird und stattdessen einem Änderungsantrag von SPD, Linke und Grünen mehrheitlich zugestimmt werden könnte. “Um Schaden an der Person Luckners zu vermeiden”, ziehe man den Antrag “schweren Herzens zurück”, so der liberale Stadtrat Hans-Dieter Wöllenweber. Zuvor hatten es einige Wortgefechte um die Ehrung gegeben. Man sei es den damals handelnden Personen, den Hallensern und der Zukunft schuldig, an die Retter zu erinnern, meinte Wöllenweber. CDU-Rat Bernhardt Bönisch ergänzte, man wolle jemanden ehren der dafür gesorgt hat, dass Halle heute noch steht. An Änderungsantrag nannte er naiv. “Das ist eine naive Ausflucht weil Sie nicht wahrhaben wollen, was wahr ist”, so Bönisch. Damit meinte er die Befürworter des SPD/Grüne/Linke-Antrags. Insbesondere seinen Vorredner Erwin Bartsch. Der sprach sich ebenfalls für eine Ehrung aus, jedoch gebe es viel wichtigere Personen als jene von der FDP vorgeschlagenen. Noch länger dauerte jedoch die Debatte um Formalien. Die Stadträte verzettelten sich in der Geschäftsordnung. Zuvor wollte Wöllenweber seinen Antrag zurückziehen. Das sei nicht möglich, weil dieser schon auf der Tagesordnung stehe, meinte Oberbürgermeisterin Dagmar Szabados. Das Rechtsamt bestätigte sie in ihrer Auffassung. Die FDP sah das erwartungsgemäß anders. Es folgten Auszeiten und zynische Kommentare. Detlef Wend beispielsweise bot eine Brille an, mit der man um die Ecke schauen könne. Und einen Antrag auf Abschaffung aller Friedhöfe sowie der Einführung des ewigen Lebens. “Damit wird die Leute, die wir ehren wollen, noch fragen können.” Und am Ende fiel dann auch die Entscheidung: der Stadtrat beschloss mehrheitlich, dass die FDP ihren Antrag zurückziehen darf.

"Dickstoffversatzanlage" in Angersdorf
Die geplante unterirdische Mülleinlagerung in Angersdorf beschäftigt nun auch den Stadtrat. Die Stadträte sollen sich gegen die geplante Anlage aussprechen, heißt es in einem Antrag der Grünen. Stattdessen soll unbedenkliches Füllmaterial verwendet werden. Mit 20 Ja- und 19 Nein-Stimmen bei 5 Enthaltungen war die Zustimmung jedoch äußerst knapp. Oliver Paulsen (Grüne) wies zuvor daraufhin, dass selbst CDU-Wirtschaftsminister Reiner Haseloff Bedenken gegen die Anlage geäußert habe. „Das Risiko ist viel zu groߓ, sagte Paulsen. Die Gefahr im Havariefall sei nicht abschätzbar.

Durchsetzung der Barrierefreiheit
Blinde oder sehbehinderte Menschen sowie Rollstuhlfahrer haben es oft schwer. Oft versperren ihnen Hindernisse den Weg. Künftig soll der Behindertenbeauftragte oder ein Vertreter jedes Bauvorhaben abnehmen und auf Barrierefreiheit prüfen. Darüber wird nun im Planungsausschuss beraten. Zuvor wollte die Stadt den Antrag für erledigt erachten. Das sah Antragstellerin Ute Haupt (Linke) anders.

Gestaltung Fröbelschule
Vor Jahren wurde die Fröbelschule abgerissen. Teile des Geländes sind von Unkraut und Schutt überwuchert. Der Linke-Stadtrat Hendrik Lange will schon seit drei Jahren eine Änderung der Situation bewirken und schlägt deshalb vor, ein Gestaltungskonzept aufzustellen. Anwohner und Nutzer des benachbarten Cliquentreffs sollten mit einbezogen werden. Generationenübergreifende Spiel- und Sportmöglichkeiten könnten, so seine Idee, hier errichtet werden. Immerhin wird der Müll noch im Herbst weggeräumt, verspricht nun die Stadtverwaltung. Eine weitergehende Aufwertung sei aber wegen der angespannten Haushaltslage nicht möglich. Lange schlug vor, doch Mittel aus dem Programm Soziale Stadt zu nehmen. Jetzt wird erst einmal im Planungs- und im Jugendhilfeausschuss über den Antrag beraten.

Doppik-Einführung
Ab dem Jahr 2012 hält in Halle die doppelte Buchführung, die Doppik, Einzug. Die Stadt soll nun detailliert über den Stand der Einführung und die Vorbereitungen informieren, so die SPD in einem Antrag. Der Finanzausschuss wird nun diesen Antrag beraten.

Umleitungsstrecken der A 14
Immer wieder kommt es auf der B6 und B100 zu langen Staus in Halle, wenn es auf der A14 kracht. Die SPD will nun, dass sich die Stadt beim Land für alternative Umleitungsstrecken einsetzt. Die Untersuchungen aus dem Jahr 2006, auf die sich Stadt und Land beziehen, seien schon zu alt. Der Weiterbau der A143 als Umleitungsalternative werde auf absehbare Zeit nicht kommen. Jetzt wird sich erst einmal der Planungsausschuss mit dem Antrag beschäftigen.

Kostenexplosion bei preiswerten Wohnungen
In Halle gibt es immer weniger billige Wohnungen, will die FDP festgestellt haben. Sie will nun, dass die Stadt die Gründe untersucht. In einer Konzeption soll die Stadt zudem untersuchen, was Beschlüsse wie eine höhere Grundsteuer oder die Erhöhung von Energie- und Wasserpreisen dazu beigetragen haben. Doch der Rat lehnte mehrheitlich die Ausstellung einer solchen Konzeption ab.

Grüne-W