Ein ungeschönter Armuts- und Reichtumsbericht der Länder ergäbe ein klareres Bild

von 6. März 2013

Menschen, die seit langer Zeit arbeitslos sind, Alleinerziehende, Familien mit mehreren Kindern und niedrigem Einkommen sind seit Jahren die wirtschaftlichen und oft sozialen Verlierer in Deutschland. Weder die positive Entwicklung auf dem Arbeitsmarkt, noch das schlecht umgesetzte Bildungspaket zeigen einen wirksamen Ausweg für Menschen in prekären Lebenslagen. Der Abbau von Arbeitslosigkeit kann nicht mit erfolgreicher Armutsbekämpfung gleichgesetzt werden, wenn immer mehr Menschen trotz Vollzeitjob von ihrem Lohn nicht leben können und auf ergänzende Hartz IV-Leistungen angewiesen sind. Maßnahmen der Arbeitsförderung wurden von der derzeitigen Bundesregierung in den letzten Jahren gekürzt. Auch die Kinder- und Jugendarmut wurde bislang nicht signifikant reduziert – entgegen aller politischen Ankündigungen.

Der Familienlastenausgleich zeigt ein vergleichbares Bild. Bei Familien in der Grundsicherung wurden Leistungen begrenzt und das Elterngeld gestrichen. Gleichzeitig ist die Entlastung für Familien mit hohen Einkommen deutlich höher als der Hartz-IV-Regelsatz. Die Diakonie fordert eine einheitliche Leistung für alle Kinder und Jugendliche.

„Geschönte Berichte, mit denen wir uns vermeintlich in der Sicherheit wiegen, die richtigen Wege zu gehen, schaden in der Sache. Wir müssen die Realität deutlich beschreiben, damit wir gemeinsam wirksame Maßnahmen gegen Armut und Ausgrenzung entwickeln“, so Grüneberg. „Deutschland ist ein reiches Land. Wir können es uns tatsächlich leisten, niemand verloren zu geben. Wir müssen passgenaue Hilfen und langfristige Perspektiven entwickeln für die, die unsere Förderung brauchen.“ Der Alltag in der sozialen Arbeit in Sachsen-Anhalt und Thüringen zeigt aber eine ganz andere Wirklichkeit: Beratungsarbeit und Prävention werden gekürzt, soziale Aufgaben von den Ländern an die klammen Kommunen übertragen, soziale Dienstleistungen in einem Preiswettbewerb ausgeschrieben, immer mehr Risiken per Gesetz in individuelle Vorsorge verschoben. Grüneberg: „Der Armuts- und Reichtumsbericht der Bundesregierung verhindert mit seinem geschönten Blick die dringend notwendigen Antworten auf die sozialen Herausforderungen unserer Zeit.“

Die Diakonie Mitteldeutschland fordert deshalb die Bundesländer Sachsen-Anhalt und Thüringen auf, zumindest auf Landesebene wieder genauer hinzuschauen. Pro Legislaturperiodesollte jeweils ein eigener Armuts- und Reichtumsbericht vorgelegt werden. Dabei sollten unabhängige Sachverständige und Wohlfahrtsverbände die Gelegenheit haben, in der Erstellung mitzuarbeiten. Der letzte Bericht für Thüringen stammt aus dem Jahr 2003, in Sachsen-Anhalt wurde der letzte Armuts- und Reichtumsbericht 2008 vorgelegt. Neuauflagen sind derzeit nicht in Sicht.