Erinnerung an 20 Jahre Wiedervereinigung

von 14. September 2010

Mit einer Gedenkveranstaltung wurde am Sonntag im halleschen Stadthaus an 20 Jahre Deutsche Einheit erinnert. Am 12. September 1990 wurde der wohl entscheidendste Schritt für die bevorstehende Wiedervereinigung gegangen. Im 2+4-Vertrag gaben die Siegermächte des zweiten Weltkriegs ihr OK.

„Alles veränderte sich, nichts blieb wie es war“, sagte Halles Bürgermeister Thomas Pohlack in seinem Grußwort. „Die Mächtigen wurden hilflos.“ Pohlack erinnerte an die Demonstrationen mit „Losungen von fast literarischer Qualität.“ So sei in Richtung der Polizei die Aufforderung gefallen, „zieht euch um, schließt euch an“. Die Stasi wollte man gar in den Tagebau schicken. Doch während zum Beispiel in Leipzig am 9. Oktober 1989 friedlich demonstriert wurde, regierte in halle der Knüppel. Der Mahnwache an der Georgenkirche versuchte die Staatsmacht mit einem Hupverbot zu begegnen. Autofahrer hatten aus Verbundenheit mit den Protestlern an der Kirche gehupt. Am 26. Oktober hatte die neue Zeit dann auch Halle erreicht, mit einer Bürgerversammlung im Volkspark. Mit Unterstützung aus dem Westen sei es dann in den darauffolgenden Monaten gelungen, die Verwaltung in demokratische Strukturen zu überführen.

„Menschen haben damals Mut gefasst und Zivilcourage gezeigt“, meinte Cornelia Pieper, Staatsministerin im Auswärtigen am. Die Wende sei zwar mit vielen Veränderungen einher gegangen, jedoch mit einem Großteil positiv. Ein Wille zur Veränderung könne ein scheinbar festgefügtes System zu Einsturz bringen. Pieper lobt in diesem Zusammenhang zudem die kurz zuvor verstorbene Bürgerrechtlerin Bärbel Bohley. Eine Frau, die unendlich viel für das Land getan habe.

Sachsen-Anhalts Ministerpräsident sagte, die Menschen hätten Grund dazu, sich trotz aller Schwierigkeiten über die Wiedervereinigung zu freuen. Diese Freude solle an künftige weitergetragen werden, damit die Wende nicht irgendwann nur noch ein Ereignis im Geschichtsbuch wird. „Die friedliche Revolution hat nicht nur eine geschichtliche, sie hat auch eine gegenwärtige Bedeutung. Das heutige Deutschland ist das Ergebnis einer demokratischen Revolution“, so Böhmer. Die Währungsreform bezeichnete er zwar als rein ökonomisch gesehen einen Fehler. „Sie war aber unumgänglich“, so der Ministerpräsident mit Blick auf die tausenden Menschen, die täglich das Land verlassen haben. Der Beitritt nach Artikel 23 des Grundgesetzes sei ebenfalls der richtige Weg gewesen.
Als Reaktion auf Äußerungen von Brandenburgs Ministerpräsident Platz sagte Böhmer, die Wiedervereinigung nicht nur eine bloße Zusammenführung der beiden deutschen Teilstaaten gewesen sei. „Die Skepsis im Ausland war groß. Die Überwindung der Teilung war möglich, weil es die Europäische Gemeinschaft und die NATO gab und die Bundesrepublik beiden Organisationen angehörte.“ Zudem „schuf die sozialliberale Ostpolitik Vertrauen und setzte fort, was Adenauers Politik im Westen begonnen hatte“. Der Transformationsprozess sei noch nicht abgeschlossen.

Die Festrede des Tages hielt Ex-Bundesaußenminister Hans-Dietrich Genscher. Der verwehrte sich, immer von den Lasten der Einheit zu reden. „Es sind die Lasten von 40 Jahren verfehlter Politik.“ Von den vier Freiheitsrevolutionen sei nur die 1989 erfolgreich gewesen, während sie in den Jahren 1848, nach dem ersten Weltkrieg und 1953 scheiterten. Und auch wenn das Wort „Stolz“ immer wieder missbraucht worden sei, „aber als die Menschen in meiner Heimat mit Worten wie „keine Gewalt“ auf die Straße gingen, war ich stolz.“

Veranstaltet wurde der Festakt von der Friedrich-Naumann-Stiftung für die Freiheit und der Erhard-Hübener-Stiftung e. V.