Erinnerung an Mötzlicher Lageropfer zum Totensonntag

von 21. November 2011

Mit Gedenkgottesdiensten, Konzerten und musikalischen Andachten wurde am Sonntag in verschiedenen halleschen Kirchgemeinden an die im Kirchenjahr Verstorbenen erinnert. So lud die Hospitalkapelle St. Cyriaci zu einem Abendmahlsgottesdienst ein.

In der Mötzlicher Kirche St. Pankratius wurde erneut an die Opfer der Konzentrationslager der Nationalsozialisten erinnert. Am Friedhofskreuz fand anschließend eine Andacht statt, Kerzen wurden angezündet. Seit 2008 wird an die tausenden Fremd- und Zwangsarbeiter erinnert, die in den Siebel-Flugzeugwerken arbeiten mussten. Sie waren in vier Lagern – davon eines als Außenstelle des KZ Buchenwald – auf dem Gebiet Mötzlichs untergebracht.

Die damaligen Ereignisse seien mit Worten kaum auszudrücken, sagte Pfarrerin Gisela Noack. Mit der Veranstaltung wolle man ein „Zeichen des Gedenkens und Nichtvergessenwollens“ setzen. „Es ist eine Erinnerung an eine große Finsternis in unserem Land“, so Noack. „Wir gedenken der Menschen, deren Arbeitskraft hier ausgebeutet wurde und die wider Willen Teil der Kriegsmaschinerie der Nazis wurden und Waffen bauen mussten, die gegen ihre eigenen Familien eingesetzt wurden.“ Gedenken wolle man aber auch an die Menschen, die etwas gegen das Unrechtsregime der Nationalsozialisten getan haben. „Wir müssen eingestehen, auch in unserer Kirche waren es nur wenige die sich wagten zu widerstehen.

Der Historiker und Heimatforscher Albert Osterloh, der die Geschichte des Mötzlicher Lagers am Goldberg ans Licht gebracht hatte, erinnerte in seiner Rede auch an die Zeit nach dem Ende des dritten Weltkriegs. Denn Flüchtlinge aus den deutschen Ostgebieten waren anschließend im Lager Goldberg untergebracht. 39 von ihnen starben, oft an Schwäche und Unterernährung, zwischen August und November 1945.
Der Ewigkeitssonntag oder Totensonntag ist in der evangelischen Kirche in Deutschland ein Gedenktag für die Verstorbenen. Als letzter Sonntag vor dem ersten Advent beendet er das Kirchenjahr. Am Ewigkeitssonntag ist es üblich, Friedhöfe zu besuchen und Gräber zu schmücken. In Gottesdiensten wird der im vergangenen Kirchenjahr Verstorbenen gedacht und in Gebeten der Hoffnung um Auferstehung Ausdruck verliehen.

In allen Kulturen, Religionen und Konfessionen nimmt das Totengedenken einen wichtigen Platz ein und gehört zum menschlichen Zusammenleben. Allerdings lehnten die Reformatoren den katholischen Seelenkult ab und schafften das Allerseelenfest (2. November) in den evangelischen Kirchen ab. König Friedrich Wilhelm III. von Preußen ordnete 1816 an, jeweils am letzten Sonntag des Kirchenjahres, dem letzten Sonntag vor dem 1. Advent, der Verstorbenen zu gedenken. Dieser Feiertag wurde schnell von anderen evangelischen Landeskirchen übernommen, der Totensonntag ist also in gewisser Weise das evangelische Gegenstück zur Feier von Allerseelen.