Erste kleine Erfolge im Graffiti-Kampf

von 12. August 2009

Glaucha gilt als einer der Problemstadtteile von Halle (Saale). Noch vor einem Jahr waren weit über zwei Drittel aller Häuser mit illegalen Graffiti besprüht, ständig kamen neue Schmierereien hinzu. Innendezernent Bernd Wiegand rief jedoch die Parole „Null Toleranz gegen illegale Graffiti“. Mit einem Inselkonzept wollte er zunächst die illegalen Schmierereien in Glaucha eindämmen. Ein Jahr später war es Zeit, einmal Bilanz zu ziehen. Die Stadtverwaltung hatte deshalb am Mittwochabend zu einer Bürgerversammlung ins Cantorgymnasium eingeladen.

Bei Hausbesitzern und Anwohnern stieß die Veranstaltung aber nur auf geringes Interesse. Gerade mal 30 Besucher hatten den Weg gefunden. Doch immerhin waren sie bei der Umsetzung des Inselkonzeptes – ein Quartier wird besonders in den Fokus genommen und ständig von Graffitis bereits – aktiv. 122 Häuser wurden in den letzten Monaten gereinigt. Insgesamt sind nun 180 der 313 Häuser in Glaucha graffitifrei. Die Stadt ging dabei mit gutem Beispiel voran, reinigte Kita und Schule. Die Anwohner folgten – auf eigene Kosten. Das Ziel ist es, Graffitis möglichst schnell wieder zu entfernen und so den potentiellen Täter zu vergraulen, der sich nicht mehr präsentieren kann.

Der erhöhte Druck auf die Sprayer macht sich mittlerweile auch in ihren Aktivitäten bemerkbar. Mit 2.232 Anzeigen gab es im Jahr 2007 den bisherigen Rekord, ein Jahr später sanken die Anzeigen leicht auf 2.142. Und auch in diesem Jahr zeigt der Trend nach unten, wie Herr Ulrich von der Stadtverwaltung und Herr Krüger von der Polizei berichteten. Bis August wurden 962 Anzeigen gestellt. Dafür wurden in diesem Jahr bereits 34 Sprayer erwischt, im gesamten letzten Jahr waren es nur 22. Erst am Mittwochmorgen kurz nach Mitternacht kamen drei weitere gestellte Schmierer hinzu. Die Aufklärungsquote lieg bei mittlerweile 41,6 Prozent. In Glaucha selbst gab es im letzten Jahr 68 neue Graffitis, in diesem Jahr erst 22.

Der Polizei ist es wichtig, die Kinder und Jugendlichen vor dem Einstiegsalter über Graffiti aufzuklären. Fast 1.400 Kinder habe er in 91 Veranstaltungen informiert, berichtete Polizist Herr Krüger, der als Beamter für Kriminalprävention tätig ist. “Wir wollen an die rangehen, die noch nicht sprühen.” Doch zuvor war es ein Kampf, das Projekt zu starten, Schulen und Eltern zu überzeugen. Dabei fungiert Krüger auch immer wieder als Lehrer. Denn die Unwissenheit unter den Schülern sei groß. Deshalb nehme er beispielsweise Gesteinsproben in den Unterricht mit, um Schäden durch Graffiti gleich originalen Beispiel zu präsentieren. Krüger vermisst auch einen Werteunterricht.

Schärfstes Mittel der Stadt momentan: das Mitführungsverbot von Spraydosen und Schablonen für erwischte Sprayer. Wer im nachhinein bei einer Kontrolle erwischt wird, kann mit einem Bußgeld bis 1.000 Euro rechnen, sollte man ihn später erneut mit Sprayerutensilien antreffen. 17 von ihnen wurde nun bereits dieses Mitführverbot auferlegt. In einem Fall hatte ein Sprayer wiederholt gegen das Mitführerverbot verstoßen und soll nun 1000 Euro Strafe zahlen.

In der anschließenden Diskussion meldeten sich sogleich zwei Sprayer zu Wort. Graffiti sei eine Jugendkultur, die man akzeptieren solle. Die Stadt werde nicht lebenswerten, wenn sie von Zeichen befreit werde. Einer der jungen Männer meinte, er finde es schade dass die Leistung der Sprayer nicht gewürdigt wird. “Das sind keine Täter, sondern Leute die etwas sagen wollen.” Außerdem mache es die Werbung vor, große Unternehmen haben überall in der Stadt ihre Schriftzüge stehen.

Ein betroffener Hausverwalter schimpfte, den Sprayern fehle das Unrechtsbewusstsein. Dass sie sich nachts bewegen zeigt aber auch, dass sie durchaus wissen, was ihre Aktivitäten nicht rechtens sind. Ein Hausbesitzer, der sich 1999 ein Gebäude in Glaucha gekauft und für 2 Millionen Euro saniert hat, beklagte auch die schlechte Wertevermittlung bei den jungen Menschen. Durch ihre Sprühereien bedrohen sie Existenzen, schließlich müsse das Geld für die Beseitigung irgendwo her kommen. Die zu erwartenden Strafen seien lächerlich. Und zu pfänden sei auch in den seltensten Fällen etwas. Sein Vorschlag deshalb: abarbeiten und Führerscheinentzug. Nur durch solche harten Strafen könne man das illegale Sprayen eindämmen, meinte er.