Es geht um die Freiheit

von 10. Januar 2011

Dieser Tage finden sie wieder überall statt, die Neujahrsempfänge. Am Montag hatte die Industrie- und Handelskammer Halle-Dessau (IHK) ins Dormero Kultur- & Kongresszentrum eingeladen. Rund 900 Persönlichkeiten aus Politik, Wirtschaft und Kultur waren gekommen. Ein Neujahrsempfang der besonderen Art, befand IHK-Präsidentin Carola Schaar. War doch erstmals Peter Heimann nicht mehr als Hauptgeschäftsführer dabei. Als Festredner begrüßte er dann später doch das Publikum. Es war wohl der letzte IHK-Neujahrsempfang mit Wolfgang Böhmer als Ministerpräsident. Ihm dankte Schaar. So stehe dank seiner Politik Sachsen-Anhalt heute weitaus besser da, als vor 10 Jahren. Das Image des Landes habe sich deutlich verbessert.

In ihrer Begrüßungsrede forderte die IHK-Präsidentin: „Wirtschaftspolitik braucht Orientierung. Sie braucht eine Richtschnur für die Entwicklung und Umsetzung von Reformen. Ein ordnungspolitischer Kompass tut Not.“ Sie forderte “verlässliche Rahmenbedingungen unter denen das Unternehmerdasein Freude macht.” Um zu zeigen, mit welchen Problemen Unternehmer zu kämpfen hätten, erzählte Schaar eine kleine Geschichte. Sie beginnt zur Fußball-WM. Der Wirt hatte draußen Bänke aufgestellt. Die müssen natürlich genehmigt werden. Ein Regenschauer treibt die Gäste nach Innen. Doch wie gewünscht eine Zigarette anzünden, das geht wegen des Rauchverbots nicht. Irgendwann ist Ladenschluss, es gibt kein Bier mehr. Also will man schnell noch zu einem kleinen Laden. Der aber hat zu – Mitarbeiter und Behörden hätten zugestimmt, die Gewerkschaften nicht. Also Heimweg antreten. Es fährt um diese späte Stunde keine Straßenbahn mehr. Und ein Taxi? Die wenigen sind ausgebucht, viele Unternehmen hätten wegen der Grünen Welle für die Straßenbahn aufgegeben. Und so geht es weiter. Da wird ein Unternehmer verklagt, weil er angeblich einen Bewerber wegen dessen Homosexualität abgelehnt hat. Die starren Öffnungszeiten der städtischen Kita werden verflucht, streikende Fluglotsen, Ruinen die wegen des Denkmalschutzes nicht abgerissen werden dürfen, eine Millioneninvestition die wegen ein paar Feldhamstern nicht kommen kann. “Die Moral von der Geschicht: Vergiss mir Staat und Behörden nicht”, so Schaar. Sie drängte darauf, dass die Freiheit eine wahre Chance bekomme. “Im Interesse von Marktwirtschaft, Wettbewerb und Gemeinwohl. Nur so kann es der Politik, vor allem dem Gesetzgeber, gelingen, die Menschen aus weit verbreiteter Bequemlichkeit herauszulocken.” Schaars Forderungen: Märkte öffnen – Wettbewerb stärken, Staat auf Kernaufgaben konzentrieren, den stabilen Geldwert sichern, mehr Eigenverantwortung wagen und belohnen, Wirtschaftspolitik verlässlich und glaubwürdig bestätigen.

In seinem Festvortrag forderte der zum Jahresende ausgeschiedene Hauptgeschäftsführer Peter Heimann “Vorrang für Investitionen und Arbeitsplätze.” So kritisierte er, dass die Netto-Investitionsquote in Deutschland immer mehr sinkt. In den 60er Jahren habe sie noch 25 Prozent des Bruttoinlandprodukts betragen, heute nur noch weniger als fünf Prozent. Dies sei die niedrigste Quote aller OECD-Länder. “Ohne hinreichende Investitionen gibt es aber keine Vollbeschäftigung”, so Heimann. Die sei nämlich in Deutschland möglich. Für gut befand er die Einführung der Hartz IV-Gesetze und die damit einhergehende kürzere Bezugsdauer von Arbeitslosengeld. Die Menschen seien damit gezwungen sich nach einer neuen, möglicherweise auch etwas schlechter bezahlten Arbeit umzuschauen. Er sprach sich dafür aus, Langzeitarbeitslose nicht nur in gemeinnützige Arbeiten zu stecken, sondern auch in Unternehmen zur Qualifizierung arbeiten zu lassen. Bekommen sollen sie dafür eine Aufwandsentschädigung. “Wir brauchen einen zusätzlichen Arbeitsmarkt jenseits der Tarifbindung.” Laut Heimann haben die Unternehmenssteuern enormen Einfluss auf die Investitionsfreudigkeit. Alle Einkommen wie Gewinne, Mieteinnahmen, Zinsen oder Lohn sollten nicht mehr besteuert werden. Stattdessen sprach sich Heimann für eine Konsumsteuer statt einer Einkommenssteuer aus. Dies koste zwar erstmal rund 20 Milliarden Euro Steuereinnahmen, bringe aber einen “Investitionsboom.” Heimann kritisierte eine “eklatante steuerliche Benachteiligung” von Immobilien und Aktien gegenüber der Rente.