Fahrkartenautomat für die Handtasche

von 23. Februar 2010

„Ein Fahrtkartenautomat für die Handtasche“ – damit brachte Michael Selle auf den Punkt, welche Software sein Unternehmen „The Agent Factory“ entwickelt hat. Ab Mittwoch können Nutzer von Bus und Straßenbahn in Halle (Saale) ihre Fahrkarten mit dem Handy kaufen. Die Suche nach passendem Kleingeld gehört damit der Vergangenheit an. Bestellt werden können zunächst Einzel- und Tageskarten für Erwachsene und Kinder sowie Gruppenkarten. Eine Ausweitung auf Monatskarten sei nicht vorgesehen, erklärt Steffen Lehmann, Geschäftsführer des Mitteldeutschen Verkehrsverbundes MDV. Hier setze man stattdessen auf Abokarten mit Chip.

Integriert in die Software – die es für JAVA-Handys, Iphone und Android gibt – sind neben der Ticketbestellung aber auch Abfahrtszeiten der HAVAG sowie Baustelleninformationen. Zudem kann sich der Fahrgast eine Route von einer Haltestelle zu einer anderen berechnen lassen, inklusive Umsteigebeziehungen. Zukünftig soll es auch möglich sein, über aktuelle Behinderungen und Verspätungen zu informieren. Die Daten lägen bereits vor, war zu erfahren. Derzeit arbeite man fieberhaft an einer Schnittstelle. Wer die Software auf sein Handy laden will, schickt eine SMS mit „Easy“ an die 82000. Nutzer des Iphone schauen im App-Store. Die Tickets selbst werden über die Handyrechnung bezahlt. Für die Fahrkartenkontrollen muss nur das Handy mit dem entsprechenden Kaufcode vorgezeigt werden.

In Leipzig wurde die Software mit 550 Nutzern bereits getestet. Fast 400 davon haben tatsächlich von der Ticketbestellung Gebrauch gemacht. Dort generiere man schon einen Umsatz von mehr als 1000 Euro im Monat. Das große Ziel: die Software auf den gesamten MDV ausweiten, möglicherweise noch in diesem Jahr. Knapp eine viertel Million Euro werde das kosten. Ist aber nach Angaben von MDV-Chef Lehmann wesentlich günstiger, als fest installierte Automaten. Würde man nur jede dritte der insgesamt 6700 Haltestellen mit Fahrkartenautomaten und dynamischen Abfahrtsanzeigen ausstatten, bräuchte man 190 Millionen Euro, so Lehmann.

Als Zielgruppe sehen MDV und HAVAG vor allem die 20 bis 44jährigen. Für sie sollen sich die Hürden der Nutzung von Bus und Straßenbahn verringern, erklärte HAVAG-Vorstand Egbert Kluge. Abfahrtszeiten, unbekannte Ticketpreise oder fehlendes Kleingeld sind nur einige der Gründe, die dann doch aufs Auto umsteigen lassen. Jetzt wird die Software erstmal getestet. Nutzer können über einen Fragebogen auf der HAVAG-Homepage von ihren Erfahrungen berichten.

Bei "The Agent Factory" hat man indes noch ganz andere Pläne. Zusammen mit dem Mitteldeutschen Rundfunk könne man sich die Entwicklung von Stadtportalen fürs Handy mit Nachrichten und Veranstaltungen vorstellen.