Fast 200 Millionen für Krebszentrum

von 16. August 2011

In Halle (Saale) sollen schon bald Krebspatienten aus ganz Deutschland behandelt werden. Noch in diesem Jahr ist Baustart für den Bau eines ostdeutschlandweit einmaligen Krebstherapie-Zentrums in Heide-Süd. “Wir hoffen, dass es im November oder Dezember schon losgehen kann”, sagt Hans-Jürgen Schenk, der die Investoren vertritt. Dreieinhalb Jahre sollen die Bauarbeiten dauern. Laut Schenk gebe es keine Hürden mehr. Derzeit würden noch die Finanzen strukturiert, eine Restplanung finde zudem statt.

Insgesamt sollen in das Zentrum 170 Millionen Euro investiert werden. Das teuerste sind die Protonenkanonen und die Technik drumherum, 60 Millionen Euro werden hierfür ausgegeben. Herzstück sind die drei Stockwerke hohen “Gentrys”, die Bestrahlungskanonen. Jede davon wiegt 120 Tonnen. Vier Behandlungsplätze sind vorgesehen. Laut Investor Schenk werde man wochentags in zwei Stunden arbeiten, also 16 Stunden lang Bestrahlungen durchführen. Am Samstag wird sechs Stunden gearbeitet.

Und wie funktioniert die Behandlung, die nach Angaben der Investoren schonender ist als normale Krebshandlungen? Teile eines Wasserstoffatoms werden auf 70 Prozent Lichtgeschwindigkeit beschleunigt. 30 bis 90 Sekunden dauert die Anwendung des Protonenstrahls. Maximal 20 Minuten dauert insgesamt jede Behandlung. Weil die Bestrahlung wesentlich gewebeschonender ist als andere Behandlungen, kann jeden Tag eine Bestrahlung stattfinden. Vor allem für Kinder sei das ideal, wo andere Bestrahlungsarten fast immer Schäden nach sich ziehen. Nach maximal 20 Tage ist die Behandlung abgeschlossen.

Mit knapp 2.600 Patienten im Jahr rechnen die Betreiber des Therapiezentrums. Weil die Patienten, zu zwei Dritteln Kassenpatienten, aus ganz Mitteldeutschland und teilweise Osteuropa kommen, wird für sie ein Patientenhotel mit 186 Zimmern eingerichtet. Die Lage zur Dölauer Heide, der Peißnitz und der Park in Heide-Süd kommt hier wie gelegen, können die Patienten doch dort nach ihren Bestrahlungen entspannen. Schenk sprach von einer “innovativen Hochtechnologie mit einem hohen ethischen Wert.” Was könne schöner sein, als an Krebs erkrankte Menschen zu heilen.

Insgesamt sollen im Therapiezentrum rund 145 Menschen arbeiten. Bereits jetzt werde Führungspersonal geworben, so Pressesprecher Peter Dehn. Anderthalb Jahre vor der Inbetriebnahme würden die ersten Mitarbeiter eingestellt. Sie würden zu Kursen in die USA geschickt, damit diese sich mit der Protonentechnik vertraut machen können. Ein Jahr vor dem offiziellen Start soll in Halle bereits der Probebetrieb beginnen.

Die Wahl auf Halle, das neben München, Heidelberg und Essen einer von vier Standorten in Deutschland sein wird, fiel aus unterschiedlichen Gründen. So sei der politische Wille von Anfang an dagewesen, die Grundstückssicherung sei blitzartig vonstatten gegangen, so Schenk. Ebenso ging es mit der Baurechtssicherung gut voran, und auch Kooperationspartner habe man schnell gefunden. Zudem sei die Verkehrsanbindung ideal, es gebe ein starkes medizinisches Umfeld. “Und außerdem ist Halle meine Heimatstadt”, machte Schenk deutlich.

Allein in Sachsen-Anhalt erkranken im Jahr 13.000 Menschen an Krebs, darunter 1.200 in Halle (Saale). Da kommt eine Menge Arbeit auf das Zentrum zu. Mit dem Elisabeth-Krankenhaus hat man sich dabei einen starken Partner an Bord geholt. Am Donnerstag unterzeichneten der Geschäftsführer der Betreibergesellschaft Proton Therapy Operating Company mbH (PTOC), Hans-Jürgen Schenk, und der Geschäftsführer der „Katholischen Wohltätigkeitsanstalt zur heiligen Elisabeth“ als Träger des Krankenhauses St. Elisabeth und St. Barbara, Stephan Schwarte, eine Kooperationsvereinbarung als Grundlage für neue Qualität in der Krebstherapie. Das Krankenhaus wird das Protonentherapiezentrum insbesondere dadurch unterstützen, dass es die wissenschaftliche Begleitforschung unterstützt. Der Ärztliche Direktor des Krankenhauses wird in seiner Eigenschaft als Mitglied des Beirats verantwortlich die Schaffung qualifizierter Strukturen für die wissenschaftliche Begleitforschung der Protonenbehandlung nach den dafür in der Bundesrepublik Deutschland geltenden Regeln der GCP (Good Clinical Practice) begleiten. Neben der halleschen Klinik werden auch Patienten aus den weiteren Einrichtungen des Trägers zur Behandlung an das Protonenzentrum verwiesen.

Ursprünglich wollten die Investoren die Uniklinik ins Boot holen. Doch dort scheute man. Zu den Gründen äußert sich offiziell niemand, doch unter der Hand wird über Befindlichkeiten alter Uni-Professoren getuschelt.