Flüchtlinge können ab 1. Oktober ins Maritim

von 12. September 2015

Während die Kette das 20. Jubiläum des größten Hotels in Magdeburg feiert, gibt die Maritim-Hotelgesellschaft den Hotelbetrieb des Hauses in Halle zum 30. September 2015 auf. „Über die weitere Nutzung des Hauses entscheiden wir nach Ende der Vertragslaufzeit“, erklärte Gerd Prochaska, Geschäftsführer der Maritim-Hotelgesellschaft mbH. Hallelife-Fragen zur wirtschaftlichen Lage des Hauses in Halle ließ Eversmeyer unbeantwortet. Nach Hallelife-Informationen hieß es bis zuletzt, das Haus sei gut ausgelastet, doch schon seit Längerem versuchten die Betreiber mit Kampfpreisen und ungewöhnlichen Aktionen zu punkten. Zwar zeigten sich Besucher des Maritim in Halle überwiegend zufrieden, doch die Meinungen im Internet sind durchwachsen. Freundliches Personal, aber in die Jahre gekommen, urteilten etliche Besucher des Hotels auf hotel.de über das Anwesens. „Die Außenfassade des Plattenbauhotels ist heruntergekommen, die Lobby kitschig, das Personal an der Rezeption jedoch sehr freundlich“, bemerkte ein Geschäftsreisender auf TripAdvisor.

Das Haus entstand als Interhotel Stadt Halle bereits zu tiefsten DDR-Zeiten und öffnete 1965 seine Türen. Im Jahre 2002 war die letzte Renovierung. Im Internet wurde das Haus als luxuriöses Hotel mit 202 Einzelzimmern, 96 Doppelzimmern, zwei Suiten, sechs Twinzimmern und 90 Dreibettzimmern angeboten. Nach Unternehmensangaben sind im Maritim Hotel Halle aktuell 80 Menschen in Voll- und Teilzeit beschäftigt, davon 17 Auszubildende. „Sie haben die Möglichkeit, ihre Ausbildung in einem der deutschlandweit 35 Maritim Häuser fortzusetzen, vorzugsweise im nahe gelegenen Magdeburg oder Dresden.“ Den Azubis sei die Weiterbeschäftigung garantiert, aber auch allen anderen von der Betriebsschließung Betroffenen würden offene Stellen in der Hotel-Kette angeboten. Wo es trotzdem zu Kündigungen komme, werde mit dem Betriebsrat ein Sozialplan ausgehandelt.

Mit Blick auf den Flüchtlingsansturm heißt es aus der Unternehmenszentrale: „Da der Bedarf an Unterbringungsplätzen auch in Sachsen-Anhalt weiter steigt, hat die Landesregierung kurzfristig und intensiv nach Interimslösungen gesucht und die Maritim Hotelgesellschaft diesbezüglich angesprochen.“ Am Freitag war von einer Übergangslösung die Rede. Wie es danach weiter geht mit dem Objekt, ließ die Maritim-Leitung offen.

Im Vorfeld der Entscheidung gab es bereits kritische Stimmen, ob sich die Vertragspartner über die Folgen ihrer Entscheidung im Klaren sind. Unter anderem erklärten die CDU-Landtagsabgeordneten Thomas Keindorf und Andreas Schachtschneider aus Halle ihr Unverständnis über die Absichten des Hotel-Betreibers und verwiesen auf die bewährte Praxis der dezentralen Unterbringung: „Bei nüchterner Betrachtung stellt der Standort in der gegenwärtig diskutierten Größenordnung einen hemmenden Faktor für die wirtschaftliche und touristische Entwicklung der Stadt Halle dar.“ Am Montag hätten sie die Landesregierung gebeten, mit dem Betreiber über „ein vertretbares Maß bei der Unterbringung zu verhandeln“. Doch im Einwanderungschaos zählt inzwischen jedes Bett. „Bei der Unterbringung der Asylbewerber in Sachsen-Anhalt ist eine gleichmäßige und faire Verteilung die Voraussetzung, um die hohe Hilfsbereitschaft in der Bevölkerung weiter zu fördern“, zeigten sich Keindorf und Schachtschneider überzeugt. Das müsse auch in Halle gelten. „Es ist befremdlich, wenn jetzt Entscheidungsträger, die eine Willkommenskultur von den Bürgern einfordern, die Mietpreise in einzelnen Stadtteilen als Vorwand gegen die Unterbringung von Menschen in diesen Wohnquartieren in die Debatte werfen. Wir brauchen auch hier eine an die Leistungsfähigkeit im Stadtteil geknüpfte Verteilung.“

Am Freitag berichteten überregionale Medien wie der Spiegel, dass die Länder mit ihren Unterbringungs- und Betreuungsmöglichkeiten bereits am Limit sind, obwohl weitere Zehntausende Flüchtlinge auf dem Weg nach Deutschland sind. Auf der Seite der Bundesregierung (bundesregierung.de) wurde die Kanzlerin zur gleichen Zeit mit dem Satz zitiert: „Wir müssen jetzt einfach anpacken.“ Zur Herkunft der Flüchtlinge heißt es: „Die meisten Menschen, die vor Krieg und Leid nach Deutschland flüchten, stammen aus Syrien, dem Irak, Afghanistan, Eritrea, Nigeria und Pakistan.“ Der Bund hat dem Thema höchste Priorität eingeräumt und dafür Haushaltsmittel in Höhe von 6,8 Milliarden Euro beschlossen.

Nach Angaben der UN-Flüchtlingsagentur UNHCR sind weltweit 59,5 Millionen Menschen heimatlos und 19,5 Millionen auf der Flucht. Von den Flüchtlingen, die an Europas Küsten anlanden, kommt die Hälfte aus Syrien. Mit 13 Prozent folgt die zweitgrößte Gruppe, Afghanen, weit dahinter. Die Zahl der Ankömmlinge ist seit 2013 sprunghaft angestiegen und hat sich seither offiziellen Angaben zufolge verachtfacht. Allein im August 2015 kamen mehr als 130.000 Menschen. Die Flüchtlinge kommen über Griechenland und Mazedonien sowie Bulgarien und Albanien/Montenegro nach Serbien, wo sie sich sammeln und auf die Südgrenze Ungarns vorstoßen. Landepunkte sind auch Italien und Spanien. Das Hauptziel ist Deutschland. 72 Prozent der Ankommenden sind Männer.

UNHCR über die Flucht nach Europa

http://data.unhcr.org/mediterranean/regional.php