Franckesche Stiftungen feiern 20 Jahre Wiederaufbau

von 11. September 2010

Mit einem Festakt im Freylinghausensaal haben die Franckeschen Stiftungen am Samstagabend unter dem Motto “Im Lichte der Erneuerung” an den Wiederaufbau der Stiftungen vor 20 Jahren erinnert. “Als ich vor 20 Jahren bei der letzten Senatssitzung der Martin-Luther-Universität den Gedanken eingebracht habe, die Franckeschen Stiftungen wiederzugründen, erlebte ich eine tief ungläubige Verwunderung. So als hätte ich gefordert, die Monarchie wieder einzuführen”, sagte Professor Helmut Obst, Vorsitzender des Kuratoriums der Franckeschen Stiftungen, in seinem Grußwort. Obst ließ nicht locker, und 1992 konnten dann die Stiftungen wieder gegründet werden, nachdem sie der Staatsrat der DDR 1946 auflöste. “Seit dem haben die Stiftungen im Schoß der Universität überwintert”, so Obst. Doch es galt auch zahlreiche juristische Fragen zu klären, auch daran erinnerte Obst. Doch durch die “fruchtbare Zusammenarbeit mit dem Kultusministerium” sei die Wiedergründung gelungen. “Der Neubeginn wäre aber ohne den politischen Willen in Bund und Land nicht möglich gewesen”, so Obst. „Die Mangelwirtschaft der DDR hat das Bild der Stiftungen ruiniert. Jetzt sind sie wieder kultureller Kosmos mit mehr als 40 Einrichtungen.

Ingeborg Berggreen-Merkel, gekommen als Vertreterin von Kulturstaatsminister Bernd Neumann, hob hervor, dass wohl ohne die Professoren Obst und Raab niemand hier sitzen könnte. Mittlerweile seien die Stiftungen zu einer der wichtigsten Kultureinrichtungen Mitteldeutschlands geworden. Deshalb werde man als Bundesregierung trotz aller Sparzwänge die Franckeschen Stiftungen auch weiterhin institutionell fördern. „Sie sind ein Teil des Kulturerbes der Welt.“

Doch einer der Hinderungsgründe für die Aufnahme als UNESCO-Weltkulturerbe – die Stiftungen stehen seit Jahren auf der Vorschlagsliste – soll die Hochstraße sein. So hört man es immer wieder. Halles Bürgermeister und Planungsdezernent Thomas Pohlack versprach, dass die Stadt mittelfristig über den Abriss der südlichen Fahrbahn nachdenken werde. Er wisse um die Brisanz des Themas. Deshalb sei man auf Unterstützung angewiesen. Vielleicht geht ja nun Raabes Traum in Erfüllung, dass die Stiftungen Welterbe werden. Verdient hätten sie es, so Raabe. Und auch Genscher zeigte sich erfreut über die Äußerungen der Stadt. Er werde wohl in nächster Zeit davon träumen, wie die Stiftungen ohne „Rollbahn“ aussehen.

Paul Raabe äußerte seinen Dank an den in die Kritik geratenen früheren Kultusminister Jan Hendrik Olbertz. Außerdem äußerte er als Wünsche, dass in 10 Jahren die Stiftungen eine neue Sporthalle und ein Schwimmbad mit Becken für behinderte Kinder haben, die Scheune saniert ist und der Bund sich weiterhin finanziell beteiligt. „Die Finanzierung nur dem armen Bundesland Sachsen-Anhalt aufzuerlegen ist nicht zu verantworten.“

Festredner Hans-Dietrich Genscher sagte, die Stiftungen seien wieder zu einem geistigen Zentrum geworden. Der ehemalige Bundesaußenminister erinnerte sich in seiner Rede an einen Tag im Jahr 1990, als er zum ersten Mal den Freylinghausensaal betreten hat. “Das war ein riesiger Taubenschlag. Überall flogen wilde Tauben. Wenn ich sehe, was heute daraus geworden ist, dann weiß ich was ein Neubeginn ist.” Genscher ging in diesem Zusammenhang auch auf noch immer bestehende Probleme ein. “Bei allem Unvollkommenem sollten wir aber nicht vergessen, was schon alles getan wurde”, betonte Genscher, der Halle als Stadt der Arbeit, Wissenschaft, Bildung und Kultur hervorhob. “Und die Franckeschen Stiftungen haben einen wesentlichen Anteil daran.”

Die Franckeschen Stiftungen verfielen zu DDR-Zeiten zusehends. Mit der Wende begann die Sanierung des Komplexes. Seit dem sind 100 Millionen Euro in das Areal geflossen. Weitere 20 Millionen Euro sind für die Komplettinstandsetzung nötig. Denn unter anderem warten Latina und Scheune noch auf eine Sanierung. “Mein Wunsch ist es, dass die Sanierung der Franckeschen Stiftungen in 10 Jahren abgeschlossen ist”, sagte Paul Raabe, der von 1992 bis 2000 Direktor der Stiftungen war und sich bereits zu DDR-Zeiten vom Westen aus für den Erhalt der historischen Schulstadt einsetzte.