Ganztags-Kita wieder für alle

von 1. April 2011

In den Koalitionsverhandlungen haben sich CDU und SPD auf eine Verbesserung der Kinderbetreuung geeinigt. So ist vorgesehen, auch für Langzeitarbeitslose wieder eine Ganztagsbetreuung zu ermöglichen. Derzeit ist dies für Hartz IV-Empfänger nur halbtags möglich. Auch eine Übernahme der Gebühren ab dem zweiten Kind ist weiterhin in der Diskussion in den Arbeitsgruppen, die den Koalitionsvertrag zur Bildung der neuen Landesregierung aushandeln.

Die FDP Sachsen-Anhalt hat vor einem möglichen Kompromiss von CDU und SPD bei der Kinderbetreuung zu Lasten von Erwerbstätigen gewarnt. Doch im Zuge der Koalitionsverhandlungen war auch die Absenkung des Betreuungsanspruchs von zehn auf acht Stunden diskutiert worden. „Ein Kompromiss bei dem am Ende die arbeitende Bevölkerung die Zeche zahlt, ist ein Schlag ins Gesicht aller arbeitenden Eltern. Bei einem Betreuungsanspruch von acht Stunden werden die meisten Angestellten und Arbeiter drauf zahlen müssen. Bei einem Arbeitstag von acht Stunden werden die Eltern dann Betreuungszeiten für den Weg zur Arbeit selbst bezahlen müssen. Gerade in Sachsen-Anhalt, wo hohe Mobilität und lange Arbeitswege eher Regel als Ausnahme sind, trifft ein solches Modell viele Familien“, erklärte der stellvertretende Landesvorsitzende Veit Wolpert. Speziell für Alleinerziehende wäre der Kompromiss ein herber Rückschlag bei der Vereinbarkeit von Familie und Beruf. Wolpert forderte die Verhandlungspartner zudem auf, nicht das Augenmaß zu verlieren. „Es scheint, als hätten SPD und CDU die Spendierhosen an. Zur Bezahlung von Wahlgeschenken müssen aber konkrete Finanzierungsvorschläge auf den Tisch. Neue Schulden dürfen keine Alternative sein – will man die Zukunftsfähigkeit des Landes nicht weiter riskieren“, sagte Wolpert.

„Es ist schon bemerkenswert, dass nunmehr acht Jahre nach Einführung des Kinderförderungsgesetzes und damit des Halbtagsanspruchs für Kinder von erwerbslosen Eltern gerade die Parteien, die diese Ausgrenzung von Kindern bewirkt haben, ein totale Kehrtwende vollzogen haben“, erklärte die Linken-Abgeordnete Eva von Angern. „Doch auch Politik ist ein lernender Prozess, und es ist gut und richtig, dass die von der Linken parlamentarisch wie außerparlamentarisch immer wieder vorgetragen Probleme und eingeforderten Änderungen nun endlich umgesetzt werden sollen.“ Die Kita müsse allen Kindern offen stehen, sie sei der Einstieg in die Wissensgesellschaft und solle nicht nur die Vereinbarkeit von Familie und Beruf fördern. Fragwürdig jedoch bleibe der Vorstoß der CDU. „Natürlich ist die Kostenfreiheit auch für Kindertagesstätten wünschenswert. Dennoch ist unklar, wie die CDU dieses Vorhaben langfristig finanziell sicherstellen will“, so von Angern. „Wenn die CDU meint, dass im Landeshaushalt noch weitere Gelder für die frühkindliche Bildung vorhanden sind, sollten diese zu aller erst in die Qualität fließen, namentlich in einen veränderten Personalschlüssel, der in der momentanen Fassung bundesweit von der Bertelsmannstiftung bereits mehrfach als negatives Beispiel angemahnt wurde. Darüber hinaus bedarf es auch größerer Freiräume für ErzieherInnen für die so genannten Vor- und Nachbereitungszeiten.
Wer die Qualität der Kinderbetreuung ernsthaft verbessern will, muss sich vor allem diesen Problemen stellen.“

Die Grünen begrüßen indes die Ganztags-Einigung. Sie warnen aber davor, dies zu Lasten des Betreuungsschlüssels durchzuführen. "Für die Entwicklung von Kindern ist das Angebot in Kindertagesstätten zentral. Schon heute ist das Verhältnis von ErzieherInnen zu Kindern in Sachsen-Anhalt schlecht. Verbesserungen sind notwendig", sagte die künftige Landtagsabgeordnete Cornelia Lüddemann. "Verbesserungen müssen aber ehrlich finanziert sein. Es ist nicht beruhigend, wenn Finanzminister und Sozialminister mit unterschiedlichen Zahlen agieren, was der Ganztagsanspruch kostet. Eine Billiglösung nach dem Motto "Mehr Kinder, gleiches Personal" darf es nicht geben", sagte der Landesvorsitzende Christoph Erdmenger. "Die Koalitionsverhandlungen scheinen im finanzpolitischen Blindflug zu laufen", kommentierte Erdmenger. Der Finanzminister müsse zunächst die Eckpunkte vorstellen, wie er sich den Abbau der Neuverschuldung und die Finanzierung zusätzlicher Ausgaben im nächsten Doppelhaushalt vorstellt. "Zusätzliche Ausgaben im Bildungsbereich sind notwendig, aber sie müssen gegenfinanziert sein. Beim Abbau umweltschädlicher Ausgaben und Subventionen gibt es dazu Spielräume", sagte Erdmenger.