Gatter für Händel und Birnen für den Markt

von 11. Januar 2011

Für viele Millionen Euro wurde der Marktplatz in Halle (Saale) vor fünf Jahren umgebaut. Ziel war es damals, eine möglichst große, multifunktionale und einheitliche Fläche zu schaffen, wie Jochem Lunebach vom Stadtplanungsamt erläuterte. Doch manch Hallenser vermisst auf dem Markt Grün. In den vergangenen beiden Jahren hatte die Stadt mit einer Begrünungsaktion die Hallenser überrascht. Rollrasen wurde ausgelegt. Und die Diskussion um die Gestaltung des Marktplatzes flammte neu auf. Am Dienstag stellte die Stadtverwaltung nun erstmals ihre ersten Ideen für ihre neues Begrünungskonzept vor. Außerdem soll Händel “hinter Gitter”, das Denkmal soll eingezäunt werden.

Das 1859 aufgestellte Händeldenkmal soll in Zukunft hinter einem kleinen Edelstahlzaun verschwinden und außerdem von vier Leuchten ins rechte Licht gesetzt werden. Architekt Uwe Graul und Bildhauer Prof. Bernd Göbel haben den Entwurf gemacht, dessen Umsetzung rund 100.000 Euro verschlingen wird. In all den Jahren seiner Existenz hatte das Händeldenkmal immer wieder Umzäunungen. Die erste Absperrung wurde schon ein Jahr nach der Einweihung installiert, nachdem es am 5. Oktober 1860 zu Vandalismus kam. Offenbar schon damals ein Problem in Halle. Wahrscheinlich im ersten Weltkrieg verschwand die Umzäunung dann wieder, das Eisen landete wohl beim Schrotthändler, mutmaßte Detlef Stallbaum vom Kulturbüro. Nun soll Händel endlich wieder eine sachlich nüchterne Umzäunung bekommen. Und außerdem will die Stadt ja einen Mangel beheben. Denn der Marktplatz ist abschüssig. So entstand am Händel-Postament ein Höhenunterschied von 24 Zentimetern. Dies führte dazu, dass im vorderen Bereich die Unterfütterung der untersten Stufe sichtbar ist. “Ein baulich unverzeihlicher Mangel”, findet die Stadt und will diesen nun beheben. Das Geld dazu hat man freilich nicht, hier hofft man auf den Geldbeutel der Hallenser. Und wie soll der Zaun nun genau aussehen? Zwei Vierkantprofile sind vorgesehen, als Material soll kugelgestrahlter, mattierter Edelstahl zum Einsatz kommen. An den Eckpfeilern soll es kleine, weitestgehend ei- bis kugelförmige, bronzene Abschlüsse geben. Sie sollen Fragmentierungen zu Musik-Motiven zeigen. Ein Teilsegment des Zauns soll man öffnen können, um zum Beispiel den Zugang zum Denkmal zu ermöglichen um beispielsweise Blumenschmuck abzulegen.

Vom “Wohnzimmer” spricht Oberbürgermeisterin Dagmar Szabados immer liebevoll, wenn es um den Markt geht. Doch bei Regen, Nachts und im Winter wirke der Markt trist, befand Stadtplaner Lunebach. “Die Begrünung zu den Händelfestspielen wurde wohlwollend aufgenommen”, freute er sich. “Deshalb haben wir nun an einer Weiterentwicklung gearbeitet.” Die sieht dauerhaftes Grün vor. Aber: Bäume werden nicht eingepflanzt, auch wenn sich das manch einer wünschte. Dies sei einfach zu teuer und förderschädlich, würde laut Lunebach auch die Nutzungsflexibilität einschränken. Einige Ideen hat man durchgespielt, sagte Ulrike Neubert vom Stadtplanungsamt. Es entstand die Idee, die Marktplatzverwerfung aufzugreifen. “Wir wollen auf die geologische Besonderheit aufmerksam machen.” Zwar gebe es schon das Geoskop, das einen Blick in die Tiefe erlaubt. Doch das stehe so verloren auf dem Markt und werde kaum wahrgenommen. Allerdings machte Neubert deutlich, dass man sich nicht an die Original-Strecke halten werde. “Dann würden wir den Markt zerschneiden.” An mehreren Stellen sind nun kleine Grün- und Begegnungsflächen vorgesehen. Aufgestellt werden sollen verschieden große (45- 80cm) Formsteine, die als Sitzmöglichkeiten dienen sollen. Dazu werden Kübelbäume aufgestellt. Felsenbirnen werden es sein, meinte Neubert. Dass es vorab keine Unterlagen gab, kritisierte FDP-Rätin Martin Wildgrube. Auch sei ja die Nachstellung der Fundamente des Alten Rathauses mit Kübelplatanen keine schlechte Idee. Doch die hat die Stadt verworfen. An der jetzigen Ideenskizze habe man noch bis vor zwei Tagen gearbeitet und habe deshalb gar nicht früher informieren können, sagte Oberbürgermeisterin Dagmar Szabados. Allerdings: die Endfassung ist es noch nicht. Nun beginnt der Diskussionsprozess.

Und in den sollen nicht nur Stadträte, sondern auch die Hallenser einbezogen werden. Die Räte nutzten schon mal den Planungsausschuss, um ihre Meinung kundzutun. Gegen eine Begrünung sei er, meinte beispielsweise SPD-Rat Rüdiger Fikentscher. Mit dem jetzigen Markt komme die hochwertige Architektur rund um den Markt besser zur Geltung. Den Befürwortern der Begrünung warf er vor, doch nur Angst vor freier Fläche zu haben. Fikentscher und auch Parteigenosse Thomas Felke begrüßten hingegen die Umzäunung, während Linke-Rat Olaf Sieber dagegen war. ”Ich verstehe nicht, warum Händel eingezäunt werden soll. Die Stufen sind seit Jahren ein Treffpunkt der Hallenser.” Christoph Menn (Grüne) schlug vor, doch den Architekten des Marktumbaus wieder ranzuholen, “zu einer Art Fortschreibung seines Konzepts.” Das übrigens damals gar nicht bis zu Ende umgesetzt wurde aufgrund der Kosten. So fiel die Loge weg, wie der sachkundige Einwohner Dieter Lehmann anmerkte. Die Entscheidung für einen Markt ohne Begrünung sei damals politisch so gewollt gewesen. Uwe-Volkmar Köck (Linke) findet es hingegen attraktiv, jedes Jahr oder alle zwei Jahre mit einer neuen Marktgestaltung aufzuwarten. “Das könnte zu unserem Markenzeichen werden”, hoffte er.

Ob, wann und wie nun das Gestaltungskonzept für den Markt umgesetzt wird, ist noch unklar. “Wir wollen erstmal sammeln, was noch für Anregungen kommen”, meinte Oberbürgermeisterin Szabados. In absehbarer Zeit werde es auch eine Veranstaltung geben, bei der Bürger sich äußern könnte. Doch dazu hätten sie auch schon jetzt die Möglichkeit über das Bürgerbüro.