Glauchaer sprechen mit einer Stimme

von 20. Juni 2009

(ens) 42 Prozent unsanierte Wohnungen, 25 Prozent Leerstand: das Glauchaviertel unweit des Stadtzentrums ist eines der Problemviertel in Halle (Saale). Die jahrelange Verwahrlosung vieler Häuser ist unübersehbar. Hauptproblem vor allem: es gibt viele Eigentümer. Neben Wohnungsgesellschaften und wenigen Privateigentümern vor Ort sitzt eine Vielzahl der Besitzer in Westen Deutschlands oder gar im Ausland. Noch problematischer wird es, wenn Erbengemeinschaften ins Spiel kommen und diese untereinander nicht kommunizieren.

Doch die einstige Amtsstadt Glaucha, später Arbeiterviertel, soll aus ihrem Dornröschenschlaf geweckt werden. Im Rahmen der Internationalen Bauausstellung IBA 2010 ist Glaucha eines der Handlungsfelder von Halle. Und auch wenn mit gerade einmal 100.000 Euro im Vergleich zu anderen IBA-Projekten das wenigste Geld ins Viertel fließt, hat sich in den vergangenen Monaten – auch Dank Eigentümermoderator Gernot Lindemann – einiges getan. Denn Lindemanns Aufgabe ist es, Kontakt mit den unterschiedlichen Eigentümern aufzusehen. Bei 35 Hausbesitzern ist ihm das bereits gelungen.

Wichtig war es ihm und den IBA-Mitstreitern, alle Akteure an einen Tisch zu holen um Ideen für eine Zukunft von Glaucha zu finden. Schnell stellte sich heraus, das die einzelnen Eigentümer allein kaum etwas bewirken können, vielfach in der Verwaltung abblitzen. Einen Vorteil haben da die großen Wohnungsgesellschaften mit ihren Plattenbauvierteln – sie sprechen mit einer Stimme. Doch nun wollen auch die Eigentümer der Glaucha-Häuser aktiv mitmischen und ihre Interessen durchsetzen. 17 Hausbesitzer, Mieter und auch Vereine des Viertels haben deshalb am Samstagabend die “Standortgemeinschaft Glaucha e.V.” gegründet. Zum Vorsitzenden wurde der Student Alexander Hempel gewählt, Hausbesitzer Chris Bartlog wurde sein Stellvertreter. Antje Heuer von Karo Architekten wurde zur Schriftführerin bestellt, Jan Wioland wird Kassierer und Gernot Lindemann fungiert als Pressesprecher.

“Wir haben ein Gerüst für die losen Strukturen gesucht”, begründete Alexander Hempel den Schritt der Gründung. Mit dem Verein gebe es nun für die Stadt einen konkreten Ansprechpartner und nicht zig verschiedene. “Wir sind eine Sammelstelle all deren, die ein Glaucha wohnen, leben und arbeiten”, so Hempel. Für mindestens 1 Euro Monatsbeitrag kann jeder Glauchaer dem Verein beitreten. Auch die Hallesche Wohnungsgesellschaft HWG – mit 79 Häuser der größte Eigentümer – und die Sparkasse wollen sich im Verein engagieren.

Sozialdezernent Tobias Kogge, der die Glückwünsche der Stadt überbrachte, erinnerte in seinem Grußwort daran, dass Glaucha kein vergessenes Viertel sei. “Wenn es Zukunftsorte gibt, dann Glaucha”, so Kogge, der selbst im Stadtteil wohnt. Das Viertel sein bei der Sozial-, Stadt, Kita- und Schulplanung im Fokus. “Mit dem Cantor-Gymnasium haben wir Ihnen die mathematische Elite ins Viertel geholt.” Kogge machte im Vorfeld den zahlreich anwesenden Interessierten mut zum Schritt der Vereinsführung. “Nutzen Sie jetzt die Möglichkeit, gemeinsam zu kämpfen und zu gestalten.”