Große Mehrheit für Saale-Schifffahrt

von 30. September 2011

Die übergroße Mehrheit der Bewohner der Saale-Region will, dass die Schifffahrt auch künftig für Transporte und Tourismus möglich ist. Zu diesem Ergebnis kommt eine Umfrage des Berliner INFO-Meinungsforschungsinstitut im Auftrag des Landesverkehrsministeriums Sachsen-Anhalt. Drei von vier Bürgern haben sich demnach dafür ausgesprochen. Selbst unter den Grünen-Wählern geben 65 Prozent ein positives Votum zur Nutzung der Binnenwasserwege ab. Etwa 1.000 Personen seien befragt worden.

Die ausführlichen Ergebnisse der Umfrage werden am kommenden Dienstag ab 11 Uhr bei einer Fachkonferenz in Halle vorgestellt, bei der Experten die "Bedeutung der Saale für das Wasserstraßensystem in Sachsen-Anhalt" in Vorträgen darstellen und in einer abschließenden Podiumsrunde diskutieren wollen. Die Veranstaltung findet in der Händelhalle in Halle (Saale) statt.

Unterdessen läuft weiterhin der Kampf um eine Einstufung der Saale als Restwasserstraße. Wassersportler fürchten, den Fluss künftig nicht mehr nutzen zu können. Doch auch im Falle der Herunterstufung würden durch die Bundesregierung Mittel beispielsweise für den Erhalt und Betrieb von Schleusen bereit gestellt, erklärt Sebastian Striegel von den Grünen. Dies habe eine Bundestagsanfrage seiner Partei ergeben.

Striegel erklärte, die Saale zu einer wassertouristischen Straße entwickeln zu wollen. Dagegen begrüßen die Grünen die vorerst gestoppten Pläne zum Bau des Elbe-Saale-Kanals. „Wie man es auch dreht und wendet“, so Striegel, „Saale und Elbe sind Niedrigwasserflüsse und führen nur an durchschnittlich 111 Tagen genügend Wasser für Güterschiffe. Daran wird auch ein Ausbau nichts ändern, Schifffahrt ohne Wasser ist nun einmal nicht möglich.“ Stattdessen sollte die Landesregierung die Konzepte für naturnahen Tourismus insbesondere an Elbe und Saale optimieren und weiterentwickeln. "Beide Flüsse eignen sich hervorragend für Rad- und Wasserwanderungen, hier sollte die Landesregierung tätig werden und die Infrastruktur verbessern sowie investitionswilligen BürgerInnen und Bürgern fördernd zur Seite stehen", so Striegel abschließend.

Elbeausbau
Unterdessen rückte zwischenzeitlich auch ein Elbausbau wieder in den Mittelpunkt. Die Industrie- und Handelskammern hatten einen raschen Bau einer Elbe-Staustufe bei Děčín nahe der deutsch-tschechischen Grenze gefordert. Zudem erklärte das Bundesverkehrsministerium, die Elbe zwischen dem Hamburger Hafen und der tschechischen Grenze auf 1,60 Meter vertiefen zu wollen. Das stößt beim Bund für Umwelt und Naturschutz auf Kritik, „Selbst im extrem regenreichen Jahr 2011 hatte die Elbe an 75 Tagen nicht die vom Bundesverkehrsministerium angestrebte Tiefe von 1,60 Metern“, erklärte der BUND-Vorsitzende Hubert Weiger. „Ohne einen durchgehenden kanalartigen Ausbau wäre eine solche Mindesttiefe an 345 Tagen im Jahr auch nicht zu gewährleisten.“ Auf Anfrage habe das Bundesverkehrsministerium erst kürzlich bestätigt, dass eine bestimmte Mindesttiefe an einem frei fließenden Fluss nicht zu garantieren sei. „Schon allein deshalb, aber auch wegen zunehmender Staatsschulden lehnen wir einen Ausbau der Elbe und den Bau eines Elbe-Saale-Kanals weiter ab und verlangen die Einstellung aller Planungen.“ Von einem substantiellen Anstieg der Güterschifffahrt werde auch in den Planungsunterlagen für die Staustufe in Tschechien nicht ausgegangen. „Es geht in dieser Angelegenheit nicht um bessere Bedingungen für die Schifffahrt. Es geht allein darum, neue große und die Natur zerstörende Bauprojekte durchzusetzen“, sagte Weiger.

„Die Absicht der ganzjährigen Beschiffbarkeit der Elbe ist ohne Eingriffe in den Fluss durch Ausbaumaßnahmen nicht realisierbar“, erklärte Frank Hoffmann, Verkehrsexperte der Linken im Landtag. „Bedingt durch den natürlichen Wasserstand, ist die Elbe nur eingeschränkt mit Großschiffen befahrbar. Wollte man das ändern, müsste man die Elbe auf weiten Strecken ausbaggern, um die erforderliche Tiefe von 1,60 Meter zu sichern.“ Das lehne man ausdrücklich ab. Denn schon wegen des geringen Verkehrsaufkommens wäre ein solches Vorhaben wirtschaftlich unsinnig. „Darüber hinaus entstehen Interessenkonflikte mit dem Anliegen des Umwelt- und Naturschutzes sowie mit dem Tourismus, und gerade hier werden in Sachsen-Anhalt entlang der Elbe viele Konzepte gefördert und umgesetzt. Diese zum Teil regional bedeutenden Investitionen würden so konterkariert.“ Hinzu komme, dass dieses Ansinnen Geist und Buchstaben der EU-Wasserrahmenrichtlinie widerspreche. Schifffahrt könne nach Auffassung der Linken für die regionale Versorgung durchaus betrieben werden, wenn entsprechende flachgehende Schiffe eingesetzt und logistische Lösungen gemeinsam mit der Bahn gefunden werden. „Der unlängst vorgestellte Prototyp eines Container-Schubleichters belegt, dass mit flussangepassten Schiffen das Transportpotenzial in den von den Flüssen vorgegebenen ökologischen Grenzen genutzt werden kann.“ Die Partei fordert die Landesregierung auf, „die Absicht der Bundesregierung abzulehnen und klarzustellen, was sie tatsächlich unter der Aussage im Koalitionsvertrag versteht, wo von „ökologisch vertretbaren Unterhaltungsmaßnahmen an Elbe und Saale“ die Rede ist.“

Der verkehrspolitische Sprecher der CDU-Fraktion im Landtag von Sachsen-Anhalt, Frank Scheurell, begrüßt die Haltung der Bundesregierung zur Sicherung der Fahrrinnentiefe von 1,60 Meter auf der Elbe. „Die Ergebnisse der Elbe-Konferenz sind ein eindeutiges Bekenntnis zur Elbe als Europäische Binnenwasserstraße. Wir brauchen sie, um das künftig signifikant steigende Güterverkehrsaufkommen zu bewältigen und um den mitteldeutschen Wirtschaftsraum an den Hinterlandverkehr der deutschen Überseehäfen anzubinden. Dies gilt gerade vor dem Hintergrund der Planungen der EU, bis 2050 die Hälfte der Gütertransporte von der Straße auf andere Verkehrsträger zu verlagern.“ Scheurell trat gleichzeitig Behauptungen entgegen, dass mit dieser Entscheidung eine Kanalisierung der Elbe verbunden sei. „Die rot-grüne Bundesregierung hat nach dem Jahrhunderthochwasser aus dem Jahre 2002 die notwendigen Instandhaltungsmaßnahmen an der Elbe unterlassen. Deswegen ist es jetzt wichtig, dass durch entsprechende Maßnahmen die Fahrinnentiefe von 1,60 Meter durchgehend gesichert wird.“

Als ein mutmachendes Signal für den gesamten mitteldeutschen Wirtschaftsraum wertet die Industrie- und Handelskammer Halle-Dessau (IHK) die aktuelle Entwicklung bei der vom Bundesverkehrsministerium (BMVBS) geplanten Neukategorisierung der Bundeswasserstraßen. „Das stete Engagement der IHK, des Landesverkehrsministers und weiterer Wirtschaftsorganisationen scheint Früchte zu tragen! Wir können jetzt wieder zuversichtlich sein, dass sich unsere Region nicht von der Binnenschifffahrt auf Elbe und Saale verabschieden muss, wie es zwischenzeitlich einmal vom Bundesverkehrsminister geplant war“, kommentiert IHK-Geschäftsführerin Antje Bauer die Entwicklung. „Jetzt wurde uns die Schiffbarkeit auf der Elbe an 345 Tagen im Jahr garantiert und für die Saale ein neues Wirtschaftlichkeitsgutachten versprochen, welches ganz sicher für eine Versachlichung der Diskussion und damit dann hoffentlich auch für den weiteren Ausbau sorgen wird.“ Bezüglich der aktuellen Zusagen der Bundesregierung sieht die IHK nun den Bundesverkehrsminister in der Pflicht. Demnach soll in nächster Zeit auch über veränderte Parameter bei der Kategorisierung der Bundeswasserstraßen befunden werden. Hier fordert die IHK seit Beginn der Diskussionen, die im Verkehr bewährte Nutzen-Kosten-Analyse anzuwenden, die Werthaltigkeit des Transportgutes, den Wirtschaftsfaktor Tourismus und die Erschließungs- und Anbindungsfunktion im Zusammenspiel mit dem deutschen und europäischen Gesamtnetz zu berücksichtigen. „Die hiesige Wirtschaft braucht wieder eine verlässliche und zukunftsorientierte Binnenschifffahrtspolitik und funktionstüchtige Wasserwege. Die Instandhaltungsmaßnahmen an der Elbe müssen zügig fortgesetzt, der Saaleausbau ökologisch vertretbar fertiggestellt werden. Dazu bedarf es auch einer Erhöhung der Investitionsmittel in die Bundeswasserstraßen. Hier ist im Oktober der Haushaltsausschuss des Deutschen Bundestages gefordert, zusätzliche Mittel für die Verkehrsinfrastruktur zu bewilligen“, so Bauer.