Grüne, Linke und SPD gegen längere Atomlaufzeiten

von 6. September 2010

Die Laufzeitverlängerung für Atomkraftwerke hat in Sachsen-Anhalt unterschiedliche Reaktionen hervorgebracht. Rund zwölf Jahre sollen die 17 deutschen Atomkraftwerke länger laufen als bislang geplant. Dafür müssen die Energiekonzerne sechs Jahre lang eine Brennelementesteuer zahlen. Während Umweltminister Aeikens den jetzt ausgehandelten begrüßt, hagelte es vom Koalitionspartner in Magdeburg, der SPD, sowie den Linken und den Grünen Kritik.

BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN rufen zum Protest auf. "Die Mehrheit der Menschen in Deutschland will keine Atomkraft mehr“, so die Landesvorsitzende Claudia Dalbert. „Die Anti-Atom-Bewegung steht weiter zusammen und zeigt am 18. September 2010 bei der Großdemonstration ´Atomkraft: Schluss jetzt` seine Kraft." Auch grüne Busse aus Halle würden sich auf den Weg nach Berlin machen. Der Ausstieg aus dem Atomausstieg hätte fatale Folgen. "Laufen die Atomkraftwerke länger, werden die Stromnetze und die Speichertechnologien nicht angemessen ausgebaut und entwickelt, um den erneuerbaren Strom gut aufnehmen zu können. Es kommt zwangsläufig zur Verlangsamung im Zubau der alternativen Energien. Wenn die Binnennachfrage sinkt, wird in der Erneuerbaren-Energien-Branche ein entscheidender Jobmotor mit bisher 20.000 Beschäftigten in Sachsen-Anhalt abgewürgt."

Kritik an der Entscheidung der Bundesregierung übt der Landesvorstand der SPD in Sachsen-Anhalt. Es sei keine Revolution, sondern ein Aufhalten der dringend notwendigen Energiewende. „Dies ist ein fortschritts- und innovationsfeindlicher Akt, der die Energiepolitik der Bundesrepublik um ein halbes Jahrhundert nach hinten wirft“, heißt es in einer Erklärung. „Der Schritt der Bundesregierung gefährdet jetzt und in Zukunft Arbeitsplätze in Sachsen Anhalt. Das Land wird genau wie die gesamte deutsche Volkswirtschaft seinen Innovationsvorsprung im Bereich der erneuerbaren Energien ohne Not einbüßen und damit zukunftssichere Arbeitsplätze anderen Ländern überlassen. Der Landesvorstand kritisiert den Wirtschaftsminister Haseloff für seine zustimmende Untätigkeit und fordert ihn auf, gegen diesen Anschlag auf die Arbeitsplätze in Sachsen-Anhalt vorzugehen. Die Bundesregierung verstößt gegen das Grundgesetz, wenn sie den Bundesrat nicht an der Entscheidung über die Laufzeiten beteiligt. Der SPD-Landesvorstand fordert die Landesregierung auf, dagegen mit einer Verfassungsklage vorzugehen bzw. sich an einer solchen zu beteiligen. Die CDU-Minister mit Herrn Haseloff an der Spitze sind aufgefordert, endlich die Interessen des Landes über die überholte Energieideologie der Kanzlerin zu stellen. Die Bundesregierung blockiert mit der Verlängerung der Laufzeiten die dringend notwendige Lösung der Umweltprobleme auf unserem Planeten und verschärft diese Probleme durch die nicht geklärte Frage der Endlagerung zusätzlich. Das ist ein Bärendienst an allen jetzt lebenden und folgenden Generationen. Die Entscheidung behindert den Wettbewerb auf dem Energiemarkt. Sie stellt damit die Gewinninteressen der Energiekonzerne über die Interessen der Verbraucherinnen und Verbraucher und über die Interessen der Kommunen. Die Brennelementesteuer ist ein Placebo, da sie im Gegensatz zu den zu erwartenden Gewinnen der Konzerne einen verschwindend geringen Anteil darstellen.“

„Die Laufzeitverlängerung für Atomkraftwerke bedroht ganz wesentlich die wirtschaftliche Entwicklung Sachsen-Anhalts in einer der neu entstandenen Schlüsselbranchen unseres Landes“, sagt der Fraktionsvorsitzende der Linken im Landtag, Wulf Gallert. „In den letzten Jahren hat sich auf der Grundlage des Energieeinspeisungsgesetzes in den Bereichen Windenergie, Solarenergie sowie der Biomassenutzung eine beispielhafte Entwicklung vollzogen. In all diesen Bereichen hat Sachsen-Anhalt eine Spitzenposition erreicht. Zehntausende Arbeitsplätze hängen mittel- oder unmittelbar an der weiteren Entwicklung der erneuerbaren Energie.“ Die jetzt getroffene Entscheidung der Bundesregierung gefährde diesen Prozess substanziell. „Die Laufzeitverlängerung der Atomkraftwerke führt – mindestens in den nächsten 20 Jahren – dazu, dass im Grundlastbereich sehr hohe Mengen von Atomstrom bereitgestellt werden, völlig unabhängig davon, ob diese durch erneuerbare Energien ersetzt werden können. Die politische Konsequenz daraus ist letztlich die Infragestellung der Einspeisevergütung für die erneuerbaren Energien. Und noch gravierender: Es bedeutet die Infragestellung des Vorrangs für erneuerbare Energien gegenüber dem Atomstrom. Die These von der „Brückentechnologie Atomenergie“ ist eine schlechte PR-Lüge der Atomlobby. Mit dem Gewinn der Atomkonzerne werden erneuerbare Energien nicht gefördert, stattdessen wird der Markt für erneuerbare Energien verstopft. Daran ändern auch die 15 Mrd. Euro nichts, die die Atomstromkonzerne angeblich für erneuerbare Energien bereitstellen sollen. Falls diese wirklich zum Einsatz kommen sollten, zementieren sie lediglich die langfristige Marktbeherrschung des Energiemarktes durch die großen Energiekonzerne dann auch im Bereich der erneuerbaren Energien. Besonders bitter mutet die völlige Ignoranz der Risiken der Kernenergie und des ungelösten Abfallproblems für radioaktive Stoffe an. Auch hier ignoriert die CDU-FDP-Koalition in Berlin die Interessen der Menschen in der Bundesrepublik, sie macht sich vielmehr zum Erfüllungsgehilfen der Atomlobby im Interesse der langfristigen Sicherung von Superprofiten aus dem Atomstrom. Vor dem Hintergrund dieser Bilanz fordert DIE LINKE die Landesregierung von Sachsen-Anhalt auf, sich politisch eindeutig gegen den Beschluss der Bundesregierung auszusprechen und alle Möglichkeiten zu nutzen, im Bundesrat gegen die Laufzeitverlängerung der Kernkraftwerke aktiv zu werden.“