Halle wählt …

von 5. Juni 2009

(ens) Am Sonntag werden rund 197.000 Hallenser ihren neuen Stadtrat wählen. 275 Kandidaten aus 9 Parteien und Gruppierungen stehen dabei zur Auswahl. HalleForum.de hat die demokratischen Parteien nach ihren Meinungen und Standpunkten befragt. Die Antworten können Sie unkommentiert auf den folgenden Seiten nachlesen:

Bernhard Bönisch (CDU), Bodo Meerheim (Linke), Johannes Krause (SPD), Tom Wolter (MitBürger), Hans-Dieter Wöllenweber (FDP), Oliver Paulsen (Grüne), Sabine Wolff (Neues Forum).

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Bernhard Bönisch – CDU
Was, glauben Sie, bewegt die Hallenser derzeit am meisten unter den politischen Themen?
Die ständigen Meldungen über die Finanz- und Wirtschaftskrise verunsichern wahrscheinlich viele Menschen. Sicher sorgen sich viele um die Zukunft ihres Arbeitsplatzes, ihrer Rente, ihrer Kinder und Enkel.
Unter den rein kommunalen Themen wird wohl die Haushaltssituation mit ihren Auswirkungen auf die unterschiedlichsten Problemfelder (von Kita-Gebühren, über Stadion und Freibäder bis zu löchrigen Straßen) für viele Menschen von Bedeutung sein.

Wie emotional ist der Wahlkampf Ihrer Partei?
Wir führen diesen Wahlkampf wie jeden anderen auch, sachlich und engagiert, aber unaufgeregt. Über platten Populismus und böse Polemik anderer Mitbewerber ärgern wir uns zwar, aber wir werden uns davon nicht anstecken lassen.

Mit welchen Themen wollen Sie die Herzen der Hallenser erreichen?
Es ist interessant, dass Sie nicht danach fragen, wie wir den Verstand erreichen wollen. Wenn Politiker auf das Herz zielen und mit den Gefühlen der Menschen spielen, führt das meist zu Enttäuschungen. Denn Politiker tun das leider immer dann, wenn ihnen gute Argumente fehlen.
Für uns stehen aber Fachkompetenz und konsequent sachliches Engagement im Vordergrund, im Wahlkampf wie in der Tagespolitik. Und wir hoffen, damit nicht nur den Verstand der Hallenserinnen und Hallenser anzusprechen, sondern auch ihre Herzen. Denn Klarheit in den Positionen, Entschlossenheit bei den Entscheidungen und Ehrlichkeit und Berechenbarkeit im Umgang mit Partnern aller Ebenen sind nicht nur für uns wichtige Grundsätze, sondern auch für die meisten Menschen in ihrem persönlichen Leben.
Herz und Verstand sind auch in der Politik nicht zu trennen. Aber wir verzichten bewusst auf wohlklingende Versprechungen, die besonders auf die Gefühle zielen, sondern setzen darauf, dass die Wählerinnen und Wähler uns aufgrund unserer langjährigen Arbeit und unseres aktuellen Wahlprogramms zutrauen, das für unsere Stadt Notwendige zu erkennen und umzusetzen, in Bezug auf Arbeitsplätze und Wirtschaftskraft, im Sozialbereich wie in der Kultur- und Finanzpolitik, bei den Investitionen in Gehwege und Straßen wie in Fußballstadion und Nordbad.

Was wollen Sie zum Abbau der hohen Schulden der Stadt tun? Möglicherweise Verkauf städtischer Beteiligungen?
Das Problem ist sehr komplex und kann hier nur grob umrissen werden.
Zuerst müssen wir es schaffen, dass nicht jährlich neue Schulden gemacht werden.
Im Prinzip gibt es dazu drei Möglichkeiten: a) Ausgaben vermindern, b) Einnahmen erhöhen und
c) Wertvolles verkaufen.
a) Alle Ausgaben müssen auf den Prüfstand. Die meisten Kosten werden durch die städtischen Pflichtausgaben verursacht, und hier liegt auch das größte Sparpotenzial. Dies kann wirksam werden durch konsequente Aufgabenkritik (muss alles, was gemacht wird, wirklich gemacht werden?) und organisatorische Verbesserungen (kann das, was gemacht werden muss, preiswerter gemacht werden?). Wichtig dabei ist der Vergleich mit anderen Städten, deren Zahlen wir kennen, und unter denen es gute Vorbilder gibt.
Natürlich müssen auch die freiwilligen Leistungen aus Kultur, Sport, Sozialbereich usw. hinterfragt werden, aber einen simplen Kahlschlag darf es dabei nicht geben, denn er könnte die Zukunftsfähigkeit insgesamt gefährden.
Der Erhalt der vorhandenen und die Schaffung neuer Arbeitsplätze sind außerordentlich wichtig, weil auch die Höhe der Sozialausgaben direkt damit zusammenhängt.
Alle diese Aspekte stehen im Fokus unserer Arbeit, und im Rahmen der diesjährigen Haushaltsberatungen hat die Stadtverwaltung erstmals zugesagt, unseren Vorstellungen folgen zu wollen. Wir werden sehr aufmerksam darauf achten, dass den Worten auch Taten folgen.
b) Hier gibt es keine sehr großen Spielräume. Der wichtigste Aspekt ist auch hierbei die Arbeitsplatzsituation (durch mehr Arbeit und Firmengewinne mehr Steuereinnahmen), die wir nach Kräften verbessern müssen.
Natürlich wäre es gut, wenn die Stadt höhere Gewinnabführungen aus ihren Unternehmen bekäme, aber hier müssen wir sehr aufpassen, dass wir nicht überziehen und damit die Unternehmen nachhaltig schädigen.
c) Von Verkäufen kann man kaum reich werden, denn sie stellen ja nur einen Tausch von Geld gegen Wertgegenstände dar. Deshalb können wir dem Verkauf städtischer Beteiligungen nur dann zustimmen, wenn er wirtschaftlich sinnvoll ist. Solange jährlich neue Schulden gemacht werden, werden wir keinem Verkauf zustimmen, sonst sind wir bald pleite. Auch das Verschieben der Schulden in die städtischen Beteiligungen kostet langfristig nur Geld und ist mit uns nicht zu machen.

Wie stehen Sie zum Stadion-Neubau? Sollte sich die Stadt in der aktuellen Lage diese Investition leisten?
Das Kurt-Wabbel-Stadion ist marode. Es jetzt nicht gründlich zu sanieren bzw. in Teilen neu zu bauen, würde auch zu höheren Kosten führen. Eine Stadt wie Halle braucht ein Stadion, und wir meinen, dass das jetzt verabschiedete Konzept vernünftige Dimensionen vorsieht.
Vernünftige Investitionen sind nicht mit Luxusausgaben gleichzusetzen, wenn sie, wie hier, zu nachhaltigen Verbesserungen führen. Wir stehen auch weiterhin zu Investitionen in andere Sportstätten. Investitionen in Sporthallen führen z.B. zu erheblichen Einsparungen bei den Energie- und sonstigen Betriebskosten. Und sie steigern das Wohlbefinden der Nutzer, auch das ist sehr wichtig.

In Halle heißt es immer wieder, der Stadtrat arbeite gegen die Verwaltung. Was müsste geschehen, um die Situation zu verbessern?
Wenn der Rat seine wichtige Kontrollfunktion gegenüber der Verwaltung ausübt, wird es immer wieder zu Reibungspunkten führen; das ist normal.
Die Behauptung, der Rat arbeite gegen die Verwaltung, kommt nicht aus dem Rat selbst; höchstens mal aus einer Fraktion, die „ihre“ Oberbürgermeisterin vor Kritik schützen zu müssen glaubt.
Das Hauptorgan der Stadt ist aber der demokratisch gewählte Stadtrat. Er gibt mit seinen Beschlüssen die Richtungen vor. Daran gibt es nichts zu verbessern, das ist völlig in Ordnung.
Dass natürlich auch der Rat immer noch besser werden könnte, ist klar. Starke, berechenbare Fraktionen sind vorteilhaft für die politische Arbeit.

Wie schätzen Sie die aktuelle Zusammenarbeit zwischen Stadtrat und Oberbürgermeisterin ein?
Als dringend verbesserungsbedürftig. Es ist leider fraglich, ob man zurzeit überhaupt von Zusammenarbeit sprechen kann. Das Verhältnis ist eher durch ein Nebeneinander, manchmal sogar Gegeneinander, geprägt, wo doch ein Miteinander zwingend notwendig wäre, um die Stadt weiter voran zu bringen. Schuldzuweisungen verkneifen wir uns an dieser Stelle.

Wo sehen Sie den größten Handlungsbedarf in Halle?
Bei der anstehenden Stadtratswahl am 7. Juni sollten sich möglichst viele beteiligen, damit der Stadtrat wirklich die Mehrheit der Bürgerinnen und Bürger vertritt. Das wäre die beste Basis für eine gedeihliche Zukunft unserer Stadt.
Die Wirtschaftskraft der Stadt und der gesamten Region muss weiter gestärkt werden; nur so kann es den Menschen und auch der Stadt insgesamt besser gehen. Dazu muss noch viel wirtschaftsfeindliche Bürokratie abgebaut werden; die gesamte Verwaltung muss sich als Dienstleister an Menschen und Unternehmen verstehen.
Die Abwanderung junger Menschen muss gestoppt und die Familienfreundlichkeit noch weiter verbessert werden.
Dem Umstand der älter werdenden Gesellschaft muss mehr Aufmerksamkeit gewidmet werden; vom Zustand der Gehwege bis zu noch besseren Freizeitmöglichkeiten.
Auch in Bezug auf Sicherheit und Sauberkeit ist in unserer Stadt noch viel zu tun.
Die städtischen Finanzen müssen in Ordnung gebracht werden, damit die angenehmen Dinge erhalten und notwendige Investitionen getätigt werden können.
Es sind einige Entscheidungen von grundsätzlicher Bedeutung endlich zu treffen, z.B. tragfähige Leitlinien für Kultur, Sport und Verkehr.

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Bodo Meerheim – Die Linke
Was, glauben Sie, bewegt die Hallenser derzeit am meisten unter den politischen Themen ?
Sicher bewegt sehr viele Hallenser all das, was mit der Finanzkrise und ihren Folgen für Arbeitsplätze, für ihr Einkommen und damit für die familiäre Existenzgrundlage zu tun hat.
Es wird viele Hallenser erregen, dass den Banken in unvorstellbaren Größenordnungen Geld zur Verfügung gestellt wird, ohne dass der Steuerzahler, der dieses Geld zur Verfügung stellt, jemals einen Cent davon wieder sieht, und statt dessen dafür in der nahen Zukunft bluten soll.

Wie emotional ist der Wahlkampf Ihrer Partei?
So emotional, wie jeder Wahlkämpfer selbst ist, der für unsere Partei im Wahlkampf aktiv ist! Außerdem versuchen wir im Kommunalwahlkampf natürlich mit themenbezogenen Aussagen Emotionen anzusprechen und dies über Plakatwerbung (Verbildlichung) genauso wie über unsre Wahlkampfzeitung. Mit starken Kommunen, mit stark vor Ort, mit Wumms und Schlechtmacherei politischer Gegner … ?

Mit welchen Themen wollen Sie die Herzen der Hallenser erreichen?
Jetzt, da der Wahlkampf fast vorbei ist (ich schreibe diese Zeilen am 04.06.2009) , muss man sagen wir haben es versucht und die Ergebnisse am Sonntag werden zeigen, ob es uns gelungen ist, die Hallenser zu erreichen. Aber rückblickend möchte ich zum Ausdruck bringen, dass wir Themen aufgegriffen haben, die jeden Hallenser interessieren sollten, wie : – die „Grenzen für Sparen“ trotz Haushaltskonsolidierung, wenn es um freiwillige Leistungen wie Sport, Kultur oder Soziales und Kinder- und Jugendhilfe oder die bauliche Infrastruktur dafür geht;
– die „Zukunft unserer Kinder“ im Sinne von gleichen Chancen zur Teilhabe an Bildung in Kita, Schule und darüber hinaus, am Sport oder an Kultur ;
– oder die öffentliche Daseinsvorsorge und ihre kommunalen Träger, der Privatisierung wir ablehnen

Was ist uns wichtig, was ist realistisch machbar?
Wichtig sind uns die Stadt und ihre Einwohner, ihre Interessen und Bedürfnisse, auch wenn wir nicht alle berücksichtigen können und wollen. Es geht darum, dass sich die Menschen in dieser Stadt wohl fühlen. Es geht um ein menschliches Miteinander aller.

Wichtig ist aber auch die Gesundung des Haushaltes, sprich seine Konsolidierung, vor allen Dingen um neue Spielräume für die gesamtstädtische Entwicklung zu erhalten. Dieser Prozess darf aber nur unter Berücksichtigung der Prinzipien von Solidarität – also des sozialen Ausgleichs – , sozialer Gerechtigkeit und der Erhaltung bzw. Schaffung gleicher Teilhabemöglichkeiten am gesellschaftlichen Leben der Stadt gestaltet werden – bei Strafe der eigenen Lebensunfähigkeit der Stadt.
Manches davon bleibt Anspruch und Utopie, vieles davon ist realistisch, wenn viele es wollen.

Was wollen Sie zum Abbau der hohen Schulden der Stadt tun? Möglicherweise Verkauf städtischer Beteiligungen?
Wir haben schon einiges getan: DIE LINKE hat entscheidend an der Erarbeitung des immer noch verfolgten Konzepts der Haushaltskonsolidierung mit getan. DIE LINKE hat dafür gesorgt, das Verbundnetz Gas AG-Anteile der Stadtwerke nicht für 73 Mio € durch die OB an die EWE verscherbelt wurden. DIE LINKE hat dafür gesorgt, dass wir im Zuge des Verkaufs der VNG-Anteile mehr als 100 Mio € und die Ansiedlung eines großen Gewerbesteuer zahlenden Unternehmens bekommen.
Wir waren es aber auch, die ein Moratorium für die beiden kommunalen Wohnungsunternehmen HWG und GWG angesichts der Finanz- und Wirtschaftskrise gefordert und mit durchgesetzt haben, um deren Existenz und die langfristige Konsolidierung des städtischen Haushaltes nicht zu gefährden.
Wir sind klar gegen den Verkauf der Stadtwerkeunternehmen und der HAVAG, gegen die Komplettveräußerung der kommunalen Wohnungsunternehmen. Vielleicht finden wir an einigen Stellen der Stadtverwaltung tatsächlich noch Einsparpotentiale. Dann sind wir bereit, diese sozial abfedernd und ohne Kündigungen zu heben.
Wir haben in der Vergangenheit gegen den Widerstand von OB und großer Teile des Rates immer darum gerungen, den Konsolidierungszeitraum über das Jahrs 2012 hinaus zu strecken, um die Stadt nicht kaputt zu sparen. Endlich ist dies von Erfolg gekrönt. Dicke Bretter laut und vernehmlich und immer wieder zu bohren, lohnt sich also. Politisches Engagement lohnt sich (aber nicht im Madl’schen Sinne). Das sind unsre Botschaften.

Wie stehen Sie zum Stadion-Neubau? Sollte sich die Stadt in der aktuellen Lage diese Investition leisten?
Wir haben den Stadionneubau unterstützt, allerdings eine Grenze in der Ausgabe finanzieller Mittel dafür gesetzt. Es kann kein hochmodernes Stadion um jeden Preis geben.

In Halle heißt es immer wieder, der Stadtrat arbeite gegen die Verwaltung. Was müsste geschehen, um die Situation zu verbessern?
Stimmt, ein Teil der Medien erzeugt manchmal so ein Bild, welches eine solche Meinungsbildung möglich macht. Dies sind jene Medien, die die amtierende OB im Wahlkampf damals kräftig unterstützt haben.
Umgekehrt wird aber eher ein Schuh daraus. Denn die Stadtspitze erzeugt durch ihre oft wenig transparente Informationspolitik immer wieder neues Misstrauen auf Seiten des Rates.
Ändert sich hier etwas zum Positiven, wird sich auch das Klima zwischen Rat und Verwaltung ändern.

Wie schätzen Sie die aktuelle Zusammenarbeit zwischen Stadtrat und Oberbürgermeisterin ein?
Oft genug als schwierig: „ Die OB hat immer recht“ bzw. sie muss recht haben müssen wollen oder wollen müssen!

Wo sehen Sie den größten Handlungsbedarf in Halle?
Die lebens- und liebenswerten Seiten Halles zu erhalten und wenn möglich auszubauen steht vorn an. Das setzt eine Gesundung des Haushaltes mit sozialem, kulturellem, sportlichem, ökologisch-energetischem und wirtschaftlichem Augenmaß voraus.
(Siehe auch Antworten auf Fragen 3,4 & 8)

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Johannes Krause – SPD
Was, glauben Sie, bewegt die Hallenser derzeit am meisten unter den politischen Themen
Ich glaube, die Frage, wie wir eine soziale Balance in unserer Stadt zukünftig gestalten, treibt viele Hallenserinnen und Hallenser um. Dazu zählen Familienfreundlichkeit, selbstverständlich Arbeit, Sicherheit, Kultur und Bildungschancen, Sport- und Freizeitmöglichkeiten sowie Beteiligungsmöglichkeiten.

Wie emotional ist der Wahlkampf Ihrer Partei?
Wir haben viele engagierte, vor allem junge Leute, die sich in den Wahlkampf einmischen. Dies tun sie aber kreativ und fair, keinesfalls konfrontativ gegenüber unseren Mitbewerbern. Ich sage aber auch: der Wille, stärker zu werden als bisher, ist in der SPD sehr ausgeprägt.

Mit welchen Themen wollen Sie die Herzen der Hallenser erreichen?
Wichtigstes Einzelvorhaben der SPD für die kommenden fünf Jahre ist die Einführung eines kostenlosen Mittagessens für alle Kinder in Kindertagsstätten und Grundschulen. Wir wollen erreichen, dass alle Kinder täglich eine warme, ausgewogene Mahlzeit als Basis für eine gesunde Ernährung unabhängig vom Geldbeutel der Eltern erhalten. Zugleich wollen wir damit junge Familien in der finanziell schwierigsten Phase des Familienlebens entlasten.

Was ist uns wichtig, was ist realistisch machbar?
Die Einführung des kostenlosen Mittagessens ist Teil unseres Bemühens in schwieriger Zeit den sozialen Zusammenhalt zu verbessern. Hier ist nicht nur der Stadtrat gefordert. Daneben haben die Vorhaben des Stadtumbaus für uns Priorität. Hier wollen wir stärker auf die Bedürfnisse der wachsenden Zahl von Senioren und Seniorinnen eingehen.

Was wollen Sie zum Abbau der hohen Schulden der Stadt tun? Möglicherweise Verkauf städtischer Beteiligungen?
Der Stadtrat hat ein Konsolidierungsprogramm beschlossen. Dieses Konzept muss umgesetzt werden. Allerdings nicht mit Brachialgewalt! Die Beiträge der städtischen Unternehmen zur Konsolidierung müssen wirtschaftlich vertretbar sein. Ein Verkauf der Stadtwerke kommt für uns nicht in Frage!
Auch wenn unsere Forderung bekannt ist: das Umland muss seinen Beitrag leisten. Das eigentliche finanzielle Problem der Stadt Halle ist nur sekundär ein Ausgabeproblem. Die Einnahmen sind zu gering. Deshalb fordern wir nach wie vor Eingemeindungen von stadtnahen Gebietskörperschaften.

Wie stehen Sie zum Stadion-Neubau? Sollte sich die Stadt in der aktuellen Lage diese Investition leisten?
Wir haben von Anfang an gesagt: eine Stadt wie Halle braucht ein modernes Stadion. Obwohl die Mehrheiten im Stadtrat dann klar für ein neues Stadion waren, haben einige mit Geschäftsordnungstricks noch richtig auf die Bremse getreten. Zu Recht haben dies die Sportler und die Fans kritisiert.

In Halle heißt es immer wieder, der Stadtrat arbeite gegen die Verwaltung. Was müsste geschehen, um die Situation zu verbessern?
Leider arbeiten tatsächlich einige Stadträte nach dem Motto "egal ob es gut für Halle ist – Hauptsache gegen die Verwaltung!". Wir haben in der Vergangenheit stets konstruktiv agiert. Dies beinhaltet, dass man die Verwaltung auch einmal kritisiert – dann, wenn es notwendig ist.
Was geschehen muss, um die Situation zu verbessern? Eine möglichst starke SPD-Fraktion!

Wie schätzen Sie die aktuelle Zusammenarbeit zwischen Stadtrat und Oberbürgermeisterin ein?
Jeder muss seine Aufgaben erfüllen. Dies führt zwangsläufig zu Meinungsverschiedenheiten. Aber eins muss klar sein: wir müssen unsere Stadt voranbringen – und zwar gemeinsam!

Wo sehen Sie den größten Handlungsbedarf in Halle?
Wir müssen wieder mehr aufeinander zugehen, das Gemeinsame hervorheben. Wir wollen eine soziale Stadt. Dazu gehört, dass diejenigen, die Hilfe brauchen, auch Hilfe erhalten. Dazu gehört eine chancengerechte Bildungspolitik als Grundlage einer vorsorgenden Sozialpolitik. Zu einer sozialen Stadt gehört auch das, was das Klima in einer Gemeinde ausmacht. Es geht darum, ob Kinder auch dann willkommen sind, wenn sie Lärm machen, ob Toleranz nur besprochen, oder auch gelebt wird, ob wir uns die Zeit nehmen den Älteren vorzulassen, auch wenn er langsam geht, ob wir Einwohnerinnen und Einwohner aus anderen Kulturkreisen akzeptieren und integrieren, ob die Gemeinde sich auch als Gemeinschaft versteht.

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Tom Wolter – MitBürger für Halle
Was, glauben Sie, bewegt die Hallenser derzeit am meisten unter den politischen Themen!
– Die Glaubwürdigkeit der Parteien steht insgesamt auf dem Spiel, durch die komplexe Affäre um den Bürgermeister und Landtagsabgeordneten der CDU, Thomas Madl und die sich häufenden Austritte aus den Reihen der Linken. Meine Sorge ist, dass diese Probleme sich auch auf die Wahlbeteiligung am kommenden Sonntag auswirkt.

Wie emotional ist der Wahlkampf Ihrer Partei?
Emotional, weil unsere Kandidaten es ernst meinen mit Ihrer Erfahrung sich für unsere Stadt einzubringen und mit den Herzen dabei sind.

Mit welchen Themen wollen Sie die Herzen der Hallenser erreichen?
Wir erreichen die Hallenserinnen und Hallenser mit den Themen, die sie bewegen. Auf der Straße haben wir jetzt die Erfahrung gemacht, dass die Trennung zwischen der Verwaltung, die Ferne der Politik zu den Bürgern enorm ist. Wir sind die parteilose Initiative, die näher an den Bürgern dran ist und wir spüren das Vertrauen und die Hoffnung der Bürgerinnen und Bürger, dass wir diese Nähe in den Stadtrat mitnehmen werden.

Was ist uns wichtig, was ist realistisch machbar?
Eher ist uns nichts unwichtig, weil eben in der Kommunalpolitik die kleinen Fragen auch zu beantworten sind. Und weil manche ‚kleine’ Frage für den Einzelnen eine lebensnotwendige Antwort erfordert. Dafür sind wir aufgestellt und bereit mit den im Stadtrat vertretenen demokratischen Parteien gemeinsam nach Lösungen zu suchen.

Was wollen Sie zum Abbau der hohen Schulden der Stadt tun? Möglicherweise Verkauf städtischer Beteiligungen?

Der zentrale Schlüssel zur Konsolidierung, jenseits von politischen "Wundern" kann nur ein breiter Ansatz sein. Gleichzeitig müssen die Strukturen verändert, Pflichtaufgaben preiswerter umgesetzt, freiwillige Aufgaben gekürzt und das Vermögen anders genutzt werden. Nur über einen solchen differenzierten Ansatz kann die Stadt das Ziel der Konsolidierung erreichen ohne dabei jeglichen Gestaltungsspielraum aufzugeben.

Wie stehen Sie zum Stadion-Neubau? Sollte sich die Stadt in der aktuellen Lage diese Investition leisten?
Den Stadionneubau hat der Stadtrat mehrheitlich beschlossen, natürlich kann man immer wieder von vorn beginnen und Dimension des Stadions, Notwendigkeit und Zeitpunkt diskutieren. Für uns ist diese Diskussion müßig. Weil die Entscheidung zum Stadion- Neubau ein guter Kompromiss ist, eben kein Riesenstadion mit 40000 Plätzen, sondern ein für unsere Gesamtsituation zu vertretende Variante mit bis zu 15000 Plätzen. Hinter dieser Entscheidung steht sportpolitisch eine sehr gut aufgestellte Mannschaft. Man muss kein Freund des Fußballs sein und kein Freund des Sport, aber man muss einsehen, dass der Fußball die Sportart Nummer 1 in Halle ist, und zwar auch dadurch, dass es die meisten aktiven Sportler in dieser Sportart gibt. Dieser Sportart eine Perspektive zu geben ist eben nicht nur für die Mannschaft des HFC und für den VfL 96 sondern auch für alle Kinder und Jugendlichen wichtig, die diesen Sport betreiben. Und wir müssen heute, abschließend, nur daher darüber so diskutieren, weil die Verwaltung und der Stadtrat in seiner alten Zusammensetzung nur wenige perspektivisch gut durchdachte Entscheidungen für die anderen Bereiche des Sport getroffen hat.

In Halle heißt es immer wieder, der Stadtrat arbeite gegen die Verwaltung. Was müsste geschehen, um die Situation zu verbessern?
Die Verwaltungsspitze sieht den Rat als Feind, als Gegner, mit dem man nur über Täuschungsmanöver und verdeckte Informationen zusammenarbeitet. Wir haben in den letzten fünf Jahren erreicht, dass dieses Misstrauen aufgebrochen ist. Dieses Misstrauen existiert aber immer noch, vom Rat zur Verwaltung und von der Verwaltung zum Rat. Leider haben die drei Parteien es nicht für wichtig gehalten mit Offenheit und Transparenz für eine andere Politik zu sorgen. Sie haben sich – gerade in den letzten Monaten – eher auf diese hinter-verschlossenen-Türen-Kultur eingelassen. Hier brauchen wir die Unterstützung der Bürger und auch der Presse, um schnell und direkt eine offene Form des Dialoges zu finden.

Wie schätzen Sie die aktuelle Zusammenarbeit zwischen Stadtrat und Oberbürgermeisterin ein?
Siehe vorige Antwort.

Wo sehen Sie den größten Handlungsbedarf in Halle?
Die Hauptaufgabe, das ist uns klar, ist die Wiederherstellung der politischen Handlungsfähigkeit unserer Stadt. Die Grundlage hierfür ist ein ausgeglichener Haushalt. Dieser Aufgabe stellen wir uns!

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Hans-Dieter Wöllenweber – FDP
Was bewegt die Hallenser?
Auf kommunaler Ebene sind die Kita-Gebühren, der Stadionbau( Zustimmung bis heftigste Ablehnung), Stadtumbau( besonders Abrißpläne in der westlichen Neustadt) und Schuleinzugsgebiete Hauptthemen im Straßenwahlkampf. Häufig werden bundespolitische Themen mit kommunalpolitischen Themen verknüpft, wobei schwer zu vermitteln ist, daß hier keine Steuerungsmöglichkeit besteht. In den letzten Tagen auch das Thema "Madl".

Wie emotional ist unser Wahlkampf?
Insbesondere die Spitzenkandidaten führen den Wahlkampf mit vollem Einsatz mit dem Ziel, eine starke Fraktion der FDP im Stadtrat zu erreichen, damit endlich
klarere ( bürgerliche) Mehrheiten im Rat ermöglicht werden.Es wird versucht, die Betroffenheit der Bürger durch Entscheidungen der Stadt und ihres Rates auszuloten und Hilfe und Rat anzubieten. Ein Wählerauftrag konnte zur Zufriedenheit gelöst werden. Mit der Gliederung unseres Wahlprogramms nach Lebensphasen und nicht nach "Fachkapitel" haben wir uns auf die Menschen konzentriert.

Unsere Hauptthemen für Halle
Politik für einen mündigen Bürger mit der Möglichkeit eines selbstbestimmten Lebens. Eine starke Stadt, die denen aus eigener kommunaler Kraft helfen kann, die Unterstützung brauchen. Die Schaffung und der Erhalt von Arbeitskräften sind der Kern für eine attraktive Stadt. Konsequente Haushaltskonsolidierung, insbesondere durch Abbau des strukturellen Defizites, bei Pflichtaufgaben in der "Von-Bis-Spanne" nicht das "Bis" sondern das "Von" als Handlungsmaxime, Klima für Investoren verbessern, Abbau von Bürokratie und überbordender Verwaltung, Schullandschaft vielfältig gestalten mit freier Entscheidungmöglichkeit ( keine Schuleinzugsgebiete für weiterführende Schulen), generationsgerechtes Umfeld, deshalb unser Wahlprogramm: Halle- Stadt der Generationen,

Was ist wichtig, was realistisch?
Haushaltskonsolidierung, mit der nötigen Konsequenz auch realistisch.

Schuldenabbau
Beseitigung des strukturellen Defizites, Verkauf von städtischen Beteiligungen mit Augenmaß, Abbau der Verwaltungsstruktur und Angleichung an die Bevölkerungsentwicklung, Ansiedelungs- und Unterstützungspolitik mit dem Ziel, Arbeitsplätze zu schaffen, um über steigende Gewerbe- und Lohnsteuern die Einnahmesituation zu verbessern. Verlagerung von Leistungen im Hauptkostenträger Sozialleistungen in den präventiven Bereich, um hohe Spätkosten zu vermeiden

Stadionbau
Von uns von Anbeginn unterstützt und befördert. Wichtig für die weitere Entwicklung des Sportes in Halle mit entsprechender Nachhaltigkeit, Finanzierung außerhalb der Haushaltskonsolidierung gesichert, aber bei frühzeitigem professionellem Umgang mit diesem Thema wäre eine deutlich kostengünstigere Variante möglich gewesen.

Stadtrat arbeite gegen die Verwaltung
Der Stadtrat ist laut GO ein Teil der Kommunalverwaltung. Rat und Verwaltung sind sich dieser Tatsache zu wenig bewußt, so daß nur eine verbesserte Kommunikation und die Schaffung von klaren Leitbildern diese Defizite beseitigen können.

Zusammenarbeit Stadtrat-OB
Diese hat sich in den letzten 2 Jahren verbessert, ist aber immer noch zu sehr von gegenseitigem Misstrauen geprägt.

Wo ist der grösste Handlungsbedarf?
Das Kernthema für Halle ist die Haushaltssanierung, um in den nächsten Jahren wieder Handlungsfähigkeit zu erreichen.

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Oliver Paulsen – Bündnis 90/Die Grünen
Was, glauben Sie, bewegt die Hallenser derzeit am meisten unter den politischen Themen?
Viele Bürgerinnen und Bürger unserer Stadt bewegt die wirtschaftliche und soziale Lage ihrer Familien am stärksten: die Angst vor dem Jobverlust, finanzielle Unsicherheit oder die Sorge um die Bildungschancen für ihre Kinder. Darüber hinaus gibt es einen signifikanten Teil der HallenserInnen, der sich – trotz oder gerade wegen der momentanen Krise – für die Belange anderer und langfristige Themen wie Klimaschutz oder den sozialen Zusammenhalt unserer Gesellschaft interessiert.

Wie emotional ist der Wahlkampf Ihrer Partei?
Wir wollen Halle lebenswerter, sozialer und nachhaltiger für alle Generationen machen. Insofern haben wir ein sehr emotionales Thema im Kern unserer Programmatik. Andererseits wollen wir den Blick unserer WählerInnen nicht mit einer überemotionalen Ansprache vernebeln. Wir haben den Anspruch an uns, klare Argumente für unsere Sicht der Dinge zu liefern und die Intelligenz unserer WählerInnen zu respektieren.

Mit welchen Themen wollen Sie die Herzen der Hallenser erreichen?
Einerseits wollen wir gern mit der Botschaft, dass aktive Politik die Entwicklung unserer Stadt gestalten kann, die Herzen der Hallenser erreichen. Wir wollen sie dazu motivieren, aktiv zu werden, zur Wahl zu gehen, das Schicksal unserer Stadt in ihre Hand zu nehmen. Andererseits sind unsere politischen Herausforderungen nicht mit Bauchgefühlen oder vermeintlich großen Würfen zu lösen, sondern nur mit Nachdenken, Intelligenz und dem Mut, neue und unkonventionelle Lösungsansätze zu probieren. Dies verlangt in der Zielbestimmung das Herz am rechten Fleck, in der Ausführung aber einen kühlen Kopf.