Hallesche SPD will sich erneuern

von 22. November 2009

Am 11. November hatte sich die hallesche SPD im Volkspark hinter verschlossenen Türen getroffen. Und es wurde heftig gestritten, zum Beispiel worauf die schlechten Wahlergebnisse zurückzuführen sind. Harte Worte fielen, selbst Oberbürgermeisterin Dagmar Szabados wurde von einigen Mitgliedern eine Mitverantwortung zugeschrieben. Schon diese Veranstaltung machte deutlich: es rumort in der SPD.

Ein Eindruck, der sich am Samstag bei Stadtparteitag im Riebeckstift fortsetzte. Vor allem den Jusos ist es dabei gelungen, mehr Macht in der Partei zu bekommen. Immerhin hat die SPD durch die aktive Arbeiter des Parteinachwuchses einen Mitgliederzuwachs zu verzeichnen. 56 Mitglieder wurden in den vergangenen zwei Jahren neu aufgenommen, 28 allein seit der Bundestagswahl. Aktuell weist der hallesche Stadtverband 423 Mitglieder aus, “soviel wie seit 10 Jahren nicht mehr”, freute sich die Stadtvorsitzende Katja Pähle. Neun weitere Anträge lägen noch in den Geschäftsstellen.

Kurz danach schritten die 52 Delegierten zur Tat, um den neuen Vorstand zu wählen. Katja Pähle, erst in diesem Jahr Mutter geworden, war als einzige Kandidatin angetreten. Und war sichtlich selbst geschockt über das Ergebnis. Gerade einmal 32 Delegierte stimmten für sie, 12 votierten mit Nein und 8 enthielten sich der Stimme. Mehr Vertrauen genoss der 22jährige Steven Leonhardt, der als Stellvertreter 43 der 52 Stimmen erhielt. Zweiter Stellvertreter wurde Thomas Wünsch mit 37 Ja-Stimmen. Auch bei der Wahl des Schatzmeisters konnten die Jusos ihren Kandidaten durchdrücken. Maurice Budavari löst Klaus Hüsing ab, der bislang das Amt inne hatte und wohl schon ahnte, dass es knapp wird. Er wolle noch einmal antreten, so der 71jährige, und anschließend dabei helfen, einen Nachfolger anzulernen, erklärte er bei der Kandidatenvorstellung.

Ebenfalls beschlossen haben die Sozialdemokraten ihr Arbeitsprogramm bis 2011. Doch zuvor wurde rund zwei Stunden heftig darüber gestritten. Denn die Jusos wollten das Programm durch einen eigenen Antrag komplett ersetzen, der städtischen Parteispitze konkrete Aufgaben mit auf den Weg geben. “Wir wollen zum Beispiel die Pressearbeit verbessern“, so Marcus Schlegelmilch. “Das Arbeitsprogramm muss den Rahmen vorgeben“, so Steven Leonhardt. “Mit unserem Antrag sagen wir, das wir mit den Bürgern arbeiten müssen um die SPD in Halle nach vorn zu bringen“, ergänzte er. “Ich bin für den Juso-Antrag”, warb auch SPD-Stadtrat Detlef Wend. “Er formuliert eine Zuspitzung. Das brauchen wir im Stadtverband.” Parteichefin Pähle, nach der Vorstandswahl deutlich geschwächt, versuchte ihr Arbeitsprogramm zu verteidigen. “Wenn man den Rahmen so fest vorgibt wie die Jusos, dann hat der Stadtvorstand wenig Zeit, sich mit aktuellen Dingen zu beschäftigen.” Außerdem habe der Stadtvorstand auch in den letzten Jahren inhaltlich gearbeitet. “Wir waren keine reine Organisations- und Mitgliederverwaltung”, sagte Pähle und forderte mehr “Ehrlichkeit untereinander.” Thomas Felke begrüßte hingegen beide Anträge. “Das beweist, dass wir in der Partei politisch arbeiten. Von unseren politischen Mitbewerben kenne ich nichts vergleichbares.” Und auch in der Pause bestimmte die Jusos-Rebellion die Diskussionen. Beim Mittagsessen fanden die Beteiligten dann eine Lösung. Die konkreten Arbeitsaufgaben des Jusos-Antrages werden mit in das Arbeitsprogramm der halleschen SPD aufgenommen. Bei 6 Enthaltungen und einer Nein-Stimme wurde dieser Vorschlag schließlich mehrheitlich angenommen.

Außerdem sprach sich der hallesche Stadtverband mit großer Mehrheit dafür aus, Holger Hövelmann als Kandidat für das Amt des Vorsitzenden der Landes-SPD vorzuschlagen. Am 19. Dezember wird die Parteispitze auch im Land neu gewählt. Die Personalie kam überraschend, auf Vorschlag der Jusos. Zuvor hatte Hövelmann als Gastredner den Parteitag in Halle eröffnet. Er lobte den “phantastischen Wahlkampf” von Johannes Krause. Doch von einst 10 sozialdemokratischen Bundestagssitzen sind Sachsen-Anhalt nur noch drei geblieben. Das hat auch auf Halle Auswirkungen. Denn die Stadt-SPD stellt nun nach 19 Jahren erstmals keinen Bundestagsabgeordneten mehr. Künftig wird die Saalestadt aus Magdeburg “mitregiert”. Burkhard Lischka zeichnet sich künftig auch für die Saalestadt verantwortlich. Lischka solle Halle aus der Magdeburger Perspektive heraus nicht vergessen, gab ihm die Stadtvorsitzende Pähle mit auf den Weg. Und sieht nun in den nächsten vier Jahren als Hauptaufgabe, verloren gegangenes Vertrauen zurückzugewinnen. “Wir sind inhaltlich gut aufgestellt und brauchen uns nicht zu verstecken.”

Der bisherige Schatzmeister Klaus Hüsing zog auf dem Parteitag noch ein Fazit über die finanzielle Situation. 5.000 Euro habe man in diesem Jahr für die Arbeit des Stadtverbandes ausgegeben, 1.500 Euro mehr als Einnahmen. Die Rücklage sei dadurch auf 8.000 Euro geschrumpft. Der Wahlkampf kostete die hallesche SPD 36.000 Euro.

Johannes Krause, Fraktionsvorsitzender im Stadtrat, gab einen Überblick über die politische Arbeit der nächsten Monate. Am Thema kostenloses Mittagsessen in Kitas werde man dranbleiben, werde weiter für eine aufgabengerechte Unterstützung des Landes kämpfen, sei gegen eine Zerschlagung der Stadtwerke, wolle für eine Stärkung des Ehrenamts kämpfen. Und auch das Thema Eingemeindungen wird die SPD weiter beschäftigen. Krause sprach von der “Scheinselbständigkeit” Schkopaus, Halle sei durch Landesgesetze willkürlich von 15 Gemeinden und 30.000 Einwohnern abgeschnitten. Scharf ist er dabei auf die Gewerbesteuern. 2007 beispielsweise habe Halle über 40 Millionen Euro Gewerbesteuern verfügt, der Saalekreis über 84 Millionen. “Unsere Gewerbesteuer fällt im Saalekreis an. Der Landtag hat nicht die Kraft, das zu ändern.”