Haushalt: leere Stadtkassen, leeres Stadthaus

von 23. April 2012

So ziemlich jeder meckert an irgendeiner Stelle über die Stadtverwaltung. Doch wenn die die Stadt transparent darlegen will, wie es überhaupt zu gewissen Entscheidungen kommt, kneifen die Hallenser. Das zeigte sich einmal mehr am Montagabend im halleschen Stadthaus. Da stellte nämlich Finanzdezernent Egbert Geier das neu eingeführte System der doppelten Buchführung (Doppik) vor. Gerade einmal eine Hand voll Leute verirrte sich in den großen Saal des Stadthauses. Geier ließ sich dadurch aber nicht aus dem Konzept bringen, informierte über die Doppik. “Der Haushalt ist ein Buch mit 7 Siegeln”, so Geier. “Diese Veranstaltung soll dazu dienen, es ein weig zu lösen.” Was folgte war zunächst ein Exkurs über die Umstellung vom jetzigen seit 400 Jahren angewandten System der Kameralistik auf das der doppelten Buchführung, den Geier gemeinsam mit Dirk Giesen vom Beratungsunternehmen Rauschenbach & Partner unternahm. Es handele sich um weit mehr als nur die Änderung eines Buchungsstils , meinte Giesen. So ermögliche die Doppik eine Outputorientierung, Produktbildung, eine Kosten- und Leistungsrechung, Kontrakmanagement und eine Abbildung des Konzerns Stadt. Denn das ist am Ende das Ziel. Spätestens im Jahr 2016 will die Stadt einen gemeinsamen Haushalt für die Verwaltung und alle städtischen Beteiligungen aufstellen, immerhin 90 an der Zahl. Die Doppik biete deutlich mehr Transparenz, meinte Geier. Immmerhin wären theoretisch die einzelnen Produkte bis in die tiefsten Unterkategorien ihrer Kostenstrukturen darstellbar. Gemacht wird das freilich noch nicht. Die Daten lägen zwar in der Verwaltung vor, so Geier. Doch im veröffentlichten Haushalt bildet sich das noch nicht ab. Nachteilig findet Geier, dass es in Deutschland keine einheitlichen Vorgaben gebe. Manche Bundesländer erlauben beispielsweise Doppik oder Kameralistik, die Kommunen können entscheiden. Auch sonst unterscheiden sich die Haushaltsgesetze. Das mache es leider schwierig, die Haushalte der Kommunen bis ins Details miteinander zu vergleichen. Spätestens 2013 muss in Sachsen-Anhalt die Doppik in den Kommunen eingeführt sein. Die Stadt ist damit also spät dran. Doch Dirk Giesen verteidigt das, so könne man von den Fehlern anderer Kommunen lernen. Außerdem sei die Umstellung von einem Buchführungssystem auf ein anderes alles andere als einfach. 2,4 Millionen Datensätze hätten übertragen werden müssen, so Egbert Geier. Unter anderem musste eine Fläche von 52 Millionen Quadratmetern bewertet werden, 1600 Straßen, 130 Brücken, 900 Gebäude, 250.000 bewegliche Anlagegüter und die Daten von 270.000 Kunden und Geschäftspartnern. Wie Jörg Siebenhüner vom IT-Unternehmen IT Consult ITC erläuterte, hätten allein die Rechner dafür zwei Tage gebraucht. Hinzu kämen wochenlange manuelle Vor- und Nachbereitung. Doch nun ist die Doppik da. Und Finanzdezernent Egbert Geier brachte sogar den begriff Bürgerhaushalt ins Gespräch. Bereits vor drei Jahren hatte der Stadtrat dazu einen entsprechenden Beschluss gefasst. Umgesetzt wurde er bis heute nicht, Geier begründet dies damit, dass man wegen der Umstellung des Buchführungssystems den Bürger nicht mit zwei verschiedenen Systemen konfrontieren wollte. Ob es nun im kommenden Jahr einen Bürgerhaushalt geben wird, ist noch völlig unklar. Denn die Verwaltung weiß noch nicht einmal, wie eine Einbindung der Einwohner funktionieren soll. Ob es öffentliche Veranstaltungen gibt, Bewertungsmöglichkeiten im Internet … all das ist noch in der Abwägung. Zumindest aber will Geier eine Beteiligung der Bürger “geschickt und nachvollziehbar” installieren. Und dann ist da noch die Frage nach dem Stichwort “direkte Demokratie”, schließlich ist das einer der Grundgedanken für den Bürgerhaushalt. Doch schnell wurde klar, dass die Stadträte im Endeffekt über die Vorschläge der Bürger entscheiden sollen, sie gegeneinander abwägen. Und ob sich der Stadtrat diese Entscheidung nehmen lassen will, steht auch in den Sternen. Zumindest wies FDP-Stadtrat Hans-Dieter Wöllenweber darauf hin, dass es in Deutschand eine repräsentative Demokratie gebe. Ganz zum Schluss gab Geier dann noch seine Einschätzung zum aktuellen Haushalt ab. Zwar hatte die Stadt in einer offiziellen Mitteilung zu einer Veranstaltung eingeladen, bei der der Haushaltsplanentwurf der Stadt Halle für das Jahr 2012 interessierten “in leicht verständlicher Form” erklärt werden sollte. Doch am Ende gab es nur ein paar Zahlen. 530 Millionen Euro stehen drin im Ergebnisplan, ein Investitionsvolumen von 92,3 Millionen Euro, keine Kreditaufnahmen und am Ende wohl ein Defizit von 11,5 Millionen Euro. Doch darüber befindet der Stadtrat erst am Mittwoch. Geier rechnet mit einer Zustimmung zum Etat und auch einer Genehmigung beim Landesverwaltungsamt, er sei ja schließlich Berufsoptimist.