Hochwasser: Halle evakuiert Pflegeheim

von 11. Januar 2011

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Die Hochwassersituation in Halle bleibt angespannt. In der Nacht hatte die Saale einen Pegel von 6,30 Meter überschritten, was Alarmstufe 4 bedeutet. Bis zum Dienstagmittag 12 Uhr war der Wasserstand sogar bis auf 6,53 Meter geklettert. Vom bisherigen Rekordpegel 1994 ist man noch etwas entfernt.

Trotzdem sind in den Auenbereichen schon zahlreiche Straßen überflutet, in Flussnähe wie in Radewell stehen einige Grundstücke unter Wasser. Überflutet ist auch der Sandanger-Sportplatz. In der Hafenstraße müssen Keller leergepumpt werden. Der Stadthafen steht in den Fluten, eine Baugrube am Speicher in der Hafenstraße lief ebenfalls voll. In einigen überfluteten Ortsteilen wurde der Strom abgestellt.

Weil durch den Wetterdienst neue Regenfälle und Tauwetter in den Bergen angekündigt wurden, könne der Pegel weiterhin klettern, wies Innendezernent Bernd Wiegand hin. “Wir können nicht prognostizieren, wo Schluss ist.“ Aus diesem Grund habe man sich dazu entschlossen, das Pflegeheim auf Gut Gimritz mit 34 Bewohnern und acht Angestellten durch THW, DRK, ASB und DLRG zu evakuieren. Die Pflegebedürftigen werden in anderen Einrichtungen untergebracht. Auch die rund 50 weiteren Anlieger von Gut Gimritz sollen in Sicherheit gebracht werden, so die Stadt. Sie würden in der Mensa des Verwaltungsgebäudes “Am Stadion 5” versorgt. Bereits am Montag war eine Kindertagesstätte geräumt worden.

Die Deiche entlang der B 80 und am Gimritzer Damm werden laut Wiegand durch Mitarbeiter des Ordnungsamtes laufend kontrolliert. Derzeit gebe es keine Meldungen über Störungen. An der Neumarkt-Brücke seien Stauungen durch Treibgut zu verzeichnen. "Das Tiefbauamt ist hier aktiv, um das Treibgut zu beseitigen." In der Brachwitzer Straße gebe es Rückstauungen im Abwassernetz, die Anwohner wurden über den Stab mit Behelfstoiletten versorgt. Die Talstraße ist im östlichen Bereich zwischen den Hausnummern 8 und 36 überschwemmt. Das Tiefbauamt hat die Straße auch für Fußgänger gesperrt und die Hinweisschilder „Betreten auf eigene Gefahr“ aufgestellt.

Nach Angaben Wiegands sind rund 70 Mitarbeiter der verschiedenen Hilfsorganisationen im Einsatz.

In den Saaledeichen hat der Landesbetrieb für Hochwasserschutz nach Auskunft des Umweltministeriums mittlerweile die Siele geschlossen, die Anlagen würden regelmäßig kontrolliert. Genaue Prognosen zum weiteren Verlauf des Hochwassers seien sehr schwierig, so Umweltminister Hermann Onko Aeikens. Allein der Tauprozess werde von vielen Faktoren wie Schneerücklage, Verdunstungsrate und Niederschlagsverteilung gesteuert. Dazu kämen der Sättigungsgrad der Böden und der Füllungsgrad der Gewässer. Zwischen den Nachbarländern bestehe ein ständiger Datentransfer, der in die Hochwasserwarnungen einfließe. Aeikens sagte, neben dem aktuellen Hochwasser beobachte man gegenwärtig in vielen Landesteilen Probleme mit Vernässungen: „Die Klagen über vollgelaufene Keller und unter Wasser stehende Äcker häufen sich zusehends.“ Die Ursachen dafür seien vielschichtig, vor allem aber den Niederschlägen der letzten Zeit geschuldet. Die extremen Niederschläge der letzten Monate seien der Gipfel auf einer seit 2007 zu beobachtenden über dem Durchschnitt liegenden Niederschlagsmenge. Hinzu kämen regional weitere Gründe wie etwa die Einstellung der Grundwasserförderung oder die Flutung ehemaliger Tagebaue. Aktuell liegen die Grundwasserstände in Sachsen-Anhalt 61 Zentimeter über den mehrjährigen Monatsmittelwerten. Aeikens kündigte die Einrichtung von regionalen Arbeitsgruppen an, die sich bereits in den kommenden Wochen treffen sollen. Ziel sei, die Ursachen für die hohen Grundwasserstände aufzuarbeiten und umsetzbare Wege aufzuzeigen, wie die Wasserstände gesenkt werden können. Aeikens: „Für die betroffenen – und zuständigen – Kommunen ist es schwierig, die oft komplexen Ursachen für Vernässungen aufzuarbeiten und Mittel dagegen zu finden. Hier wollen wir Hilfestellung leisten.“

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