IG Nachtflugverbot klagt vor Bundesverwaltungsgericht

von 12. August 2015

In bisher vier Klagen vor dem Bundesverwaltungsgericht, demBundesverfassungsgericht und dem Europäischen Gerichtshof für Menschenrechte konnte die IGNachtflugverbot praktisch keine messbaren Erfolge erzielen. Begründet wurden die Klageabweisungenjeweils mit dem passiven Lärmschutz, der die Betroffenen angeblich vor Gesundheitsgefährdungenschützen soll, sowie mit dem „überwiegenden gesellschaftlichen Interesse“ an Nachtflügen zur Schaffungvon Arbeitsplätzen.

Die Einschätzung des ausreichenden Lärmschutzes basierte auf einer Studie desDeutschen Instituts für Luft- und Raumfahrt, die schon 2004, beim Erlass desPlanfeststellungsbeschlusses, von seriösen Wissenschaftlern einer vernichtenden Kritik unterzogen wurde.Dennoch lagen damals keine Studien vor, die die gesundheitlichen Auswirkungen von Nachtfluglärmeindeutig bewiesen hätten.

Diese Situation hat sich in den letzten Jahren grundlegend geändert: Inzwischen ist von renommiertenÄrzten und Forschern eine Vielzahl von Studien vorgelegt worden, die die durch Nachtfluglärmverursachten Gesundheitsschäden sowohl von ihren Wirkungsmechanismen her als auch statistischsignifikant nachweisen. Kein ernstzunehmender Wissenschaftler zweifelt heute noch diese Erkenntnissean. Angewandt auf die Situation um den Flughafen Leipzig/Halle folgt aus diesen neueren Erkenntnissen,dass die dem Planfeststellungsbeschluss für die Erweiterung des Flughafens Leipzig/Halle zugrundeliegenden Grenzwerte wie:

  • zulässiger Dauerschallpegel nachts außen: 60 dB(A)

  • „im Mittel weniger als eine zusätzliche Aufwachreaktion pro Nacht“, was z. B. ca. 11 Fluggeräuschemit Maximalpegeln von 72 dB(A) pro Nacht im Schlafraum gestatten würde

  • Maximalpegel nachts innen im Mittel 65 dB(A) oder mehr ausgeschlossen

  • grundlegend falsch und daher für den Gesundheitsschutz der Anwohner absolut unzureichend sind.

Deshalb hat der auf Verwaltungs- und Umweltrecht spezialisierte Leipziger Rechtsanwalt Wolfram Günther
im Auftrag der IG Nachtflugverbot Leipzig/Halle bereits am 7. April fristgerecht Klage vor demBundesverwaltungsgericht in Leipzig gegen den Freistaat Sachsen erhoben und am 7. August dieausführliche Klagebegründung eingereicht.

Wären die neuen wissenschaftlichen Erkenntnisse schon 2004, bei der Planfeststellung, bekannt gewesen, dann hätte es niemals eine unbeschränkte Nachtflugerlaubnis geben dürfen. Deshalb haben die Kläger jetzt einen Rechtsanspruch darauf, dass die Planfeststellung unter Berücksichtigung der neuen Erkenntnisse zu ihren Gunsten korrigiert wird. Denn einerseits wurden die gesundheitlichen Auswirkungen des Nachtfluglärms in der Planfeststellung viel zu gering eingeschätzt. Andererseits wurden die wirtschaftlichen Erfordernisse des Nachtflugs viel zu hoch bewertet, was sich heute u. a. am ständigen Zuschussbedarf des Flughafens Leipzig/Halle zeigt. Im Ergebnis wird eine tatsächliche erheblicheGesundheitsgefährdung nur mit wirtschaftlichen Erfordernissen begründet. Rechtsanwalt Günther dazu:

„Eine Rechtfertigung von Gesundheitsgefährdung etwa auch durch etwaige wirtschaftliche Belange liegt weder der Planfeststellung zugrunde, noch wäre das rechtlich möglich.“ Denn „die Planfeststellung verstößt damit unmittelbar gegen das Verfassungsgebot auf Schutz der körperlichen Unversehrtheit aus Art. 2 Abs. 2 Satz 1 Grundgesetz.“

Wir sind optimistisch, diesmal einen Erfolg zu erzielen, weil die neuen wissenschaftlichen Erkenntnisse jetzt erstmals inhaltlich in ein Klageverfahren eingebracht werden.

IG Nachtflugverbot Leipzig/Halle