IHK Halle-Dessau begrüßt Arbeitsmarktöffnung

von 30. April 2011

Im geeinten Europa fallen am Sonntag die letzten Grenzen. Dann tritt die so genannte Arbeitnehmerfreizügigkeit in Kraft. Ab 1. Mai brauchen Esten, Polen und Tschechen keine Arbeitserlaubnis mehr, um nach Deutschland zu ziehen. So gilt es schon seit Jahren für die meisten EU-Staaten. Ausnahmen waren die 2004 beigetretenen Länder. Die NPD warnt vor einer “Fremdarbeiterinvasion” und bedient das Thema mit populistischen Äußerungen. Am Sonntag will sie zu diesem Thema auch in Halle (Saale) aufmarschieren. Ebenfalls am Sonntag wollen auch die Gewerkschaften über das Thema Arbeitnehmerfreizügigkeit reden. Hauptrednerin der DFB-Kundgebung auf dem Markt ab 10.30 Uhr ist Gesine Schwan.

Die Industrie- und Handelskammer Halle-Dessau (IHK) begrüßt die Öffnung. „Der 1. Mai bietet für die Wirtschaft mehr Chancen als Risiken. Die Unternehmen haben einen erhöhten Fachkräftebedarf. Ausländische Arbeitnehmer geraten hier zunehmend in den Blick“, so IHK-Präsidentin Carola Schaar, selbst Unternehmerin aus Bitterfeld-Wolfen. „Wir erwarten jedoch keine große Zuwanderungswelle aus Osteuropa nach Mitteldeutschland. Das liegt auch daran, dass sich aufgrund der guten Wirtschaftslage die Einkommen in Polen und Tschechien stärker an die hiesigen angleichen. Das Interesse an einer Tätigkeit im Ausland ist deshalb weniger ausgeprägt.“ Gleichzeitig kritisiert Schaar die von der Bundesregierung seinerzeit geschaffenen Sonderregelungen, um die Zuwanderung aus Osteuropa zu begrenzen: „Im Rennen um die besten Köpfe sind wir sieben Jahre zurück. Deutschland ist mit Österreich das einzige Land, das seinen Markt über die volle Übergangszeit seit der EU-Osterweiterung abgeschottet hat.“

Ängste vor einem bevorstehenden Lohndumping seien unbegründet, „weil Fachkräfte aus dem Ausland bei einer Anstellung Anspruch auf die gleiche Entlohnung und dieselben Sozialleistungen wie deutsche Mitarbeiter haben“, erläutert die IHK-Präsidentin. Seit der jüngst vereinbarten Einführung von Lohnuntergrenzen in der Zeitarbeit gebe es auch für Geringqualifizierte kaum Befürchtungen vor Verwerfungen am Markt, so Schaar weiter. „Für die Politik gilt, das Land für qualifizierte Migration fit zu machen, um dem demografischen Wandel zu begegnen. Das wäre der richtige Schritt, nachdem Forderungen der Wirtschaft nach einer früheren Öffnung des Arbeitsmarktes jahrelang ignoriert wurden.“