In Halle regieren Abrissbirnen

von 5. August 2016

Es war veraltet, mehrfach vom Hochwasser heimgesucht, zuletzt ein Totalschaden und leider kein Touristenmagnet. Doch das Bauwerk unweit des Peißnitzhauses (ehemals Pionierhaus erinnerlich) ist ein Paradebeispiel des modernen Bauens in der DDR und nicht ein besonderes Stück hallesche Stadtgeschichte. Die markanten HP-Schalen, aus denen das Planetarium erbaut wurde, sind eine Erfindung aus Halle. Der Bauingenieur Herbert Müller (1920-1995) und der Architekt Klaus Dietrich (1937-1986) haben die dem Lotusblatt nachempfundene Betonhalbschale entwickelt. Der Mathematiker und Astronomielehrer Karl Kockel (1926-2015) aus Halle-Kanena boxte schließlich den Bau Ende der 1970er Jahre durch und beschaffte die damals modernste Sternenprojektortechnik der Optikspezialisten vom VEB Carl Zeiss Jena. 1978, Sigmund Jähn hob als erster Kosmonaut der DDR in einer Sojus-Rakete von der sowjetischen Erde in Baikonur ab, stand das Objekt und Kockel übernahm die Direktion.

So viel hallesche Geschichte wird nun zerstört. Mit Fördermitteln. Die halleschen Vereine Arbeitskreis Innenstadt und Freunde der Bau- und Kunstdenkmale Sachsen-Anhalt haben zu Recht auf die besondere Bedeutung des Planetariumsbaus hingewiesen. Doch Halles Entscheider erweisen sich einmal mehr als Abrissbirnen. Zahlreichen löblichen Sanierungsprojekten steht in dieser Stadt leider eine lange Reihe geistloser Zerstörung gegenüber – von der Zuckerraffinerie bis zu den Stahlskelett-Hochhäusern am Riebeckplatz (ehemals Thälmannplatz). Die Idee, wegen des Baus einer Straßenbahnschnelltrasse mal eben einen soliden Schulbau aus der Kaiserzeit abzureißen – die Rede ist vom Künstlerhaus 188 – konnte nur mit Mühe verhindert werden. Für das Raumflugplanetarium kommt nun offenbar jede Hilfe zu spät.

Am Ende bleibt der schwache Trost, dass sehenswerte Halbschalenbauwerke wie der Delta-Kindergarten in Halle-Neustadt bisher vom Abriss verschont blieben. Doch das HP-Planetarium war, zumindest in Halle an der Saale, ein Unikat.