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von 21. Oktober 2003

Diese beiden Botschaften wurden bei einem Pressegespräch deutlich, das am Freitag, 17. Oktober 2003, im Stadthaus am Marktplatz stattfand. In ihm stellten Vertreter mehrerer Interessenverbände ihre Sicht auf die kommunale Finanzsituation dar. Bürgermeisterin Dagmar Szabados machte deutlich, dass die ernste Finanzsituation nichts damit zu tun habe, dass die Stadt ihrer Verpflichtung zur Haushaltskonsolidierung nicht nachkomme. Gerade die aktuelle Debatte um die Abschaltung der Straßenbeleuchtung zeige, dass die Stadt auch bereit sei, unpopuläre Schritte zu gehen. Diese Bemühungen würden jedoch zunichte gemacht, wenn nicht Bund und Land einen vernünftigen Kompromiss fänden, um die Kommunalfinanzen neu und solide zu regeln. “Kommunen sind das Fundament, auf dem das Gemeinwesen Bundesrepublik Deutschland ruht”, so der Hauptgeschäftsführer der Industrie- und Handelskammer (IHK) Halle-Dessau, Prof. Dr. Peter Heimann. Dem Verfassungs-Soll der grundgesetzlich garantierten Finanzausstattung stehe ein verfassungpolitischer Skandal entgegen. “Selbstverwaltung pervertiert zu Fremdverwaltung durch Staat und Land. Zuweisungen, Zuschüsse und Fördertöpfe in Magdeburg, Berlin und Brüssel machen Bürgermeister zu Pfadfindern im Subventionsdschungel. Mit Selbstverwaltung hat das nichts zu tun.” Obwohl Prof. Dr. Heimann den gegenwärtig diskutierten Ansatz zur Reform der Gemeindefinanzen kritisch sah und für ein kommunales Hebesatzrecht auf alle Einkommenarten der Bürger plädierte, so machte er doch gleichzeitig vehement deutlich: “Die Wirtschaft weiß, was sie an ihren Städten und Gemeinden hat, sie wünscht sich starke Partner zum Vorteil aller. Deshalb ist es für die IHK Halle-Dessau selbstverständlich, trotz Differenzen über den richtigen Weg an dieser Protestveranstaltung zu Gunsten vitaler kommunaler Selbstverwaltung als Bündnispartner mitzumachen.” Auf die Rolle und Funktion der Kommunen als Auftraggeber für das Handwerk wies Willi Schlegel, Hauptgeschäftsführer der Handwerkskammer Halle, hin. 15 Prozent des Auftragsvolumens der Handwerker resultierten aus öffentlichen Aufträgen, das entspricht einem Wert von einer Milliarde Euro oder 15.000 Arbeitsplätzen. Bedeutend sei in diesem Zusammenhang, dass noch 1995 dieser Wert bei 1,6 Mrd. Euro lag. In Folge der Reduzierung gingen 1.500 Arbeitsplätze verloren, schätzte Willi Schlegel ein. Obwohl auch er gegen die geplante Einbeziehung ertragsunabhängiger Elemente in die Gemeindefinanzierung votierte, unterstützte auch er kräftig das Anliegen der Stadt für eine solide Finanzausstattung. Für die Liga der freien Wohlfahrtspflege ergriff Vorsitzender Winfried Weber das Wort. Er sprach sich für eine gerechte Finanzausstattung der Kommunen aus. “Gerecht heißt für uns, eine den Aufgaben der Kommunen entsprechende Beteiligung am Steueraufkommen und eine Berücksichtigung der besonders schwierigen wirtschaftlichen und sozialen Situation der ostdeutschen Großstädte.” Den Kommunen seien in den letzten Jahren vielfältige Aufgaben im sozialen Bereich zugeschoben worden. Bund und Land schufen Leistungsgesetze, aber die Finanzzuweisungen wurden reduziert. “Eine Politik, die die Kommunen und die Wohlfahrtspflege ausbluten lässt, produziert soziales Elend und Arbeitslosigkeit.” Für die Gewerkschaft Verdi erinnerte Bezirksgeschäftsführer Lothar Phillip an den bereits erfolgten, dramatischen Personalabbau. So seien die Zahl der Beschäftigten in der Stadtverwaltung Halle von 12.800 (1991) auf jetzt unter 5.000 gesunken. Er sprach sich dafür aus, den jetzt vorliegenden Kompromiss zu gehen, da eine durchgreifende Veränderung nicht sichtbar sei. Für das Institut für Wirtschaftsforschung Halle (IWH) legte Dr. Peter Haug die wichtige Funktion von Investitionen im Infrastrukturbereich dar und sprach sich für eine Kommunalfinanzreform aus, die die kommunale Selbstverwaltung stärkt. Im Anschluss an die Pressekonferenz führte Verdi auf dem Marktplatz die Aktion “5 vor 12 – Für unsere Städte und Gemeinden” durch. Dabei wurde die Bundespolitik mit Trillerpfeifen und Weckerklingeln aufgefordert, endlich die Finanznot der Städte zu erkennen.